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SMS für dich

Titel: SMS für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer
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sehr souverän und mit hintergründigem
     Humor die Spielregeln erklärte und diesem Event dadurch etwas durchaus Niveauvolles verlieh. Katja fragte ihn schließlich,
     ob sie ihn auch mit auf die Liste derer setzen dürften, die ihre Nummern bekommen sollten. Doch er lächelte nur und sagte
     vieldeutig: «Na, meine Nummer hast du ja schon   …» Das wiederum deutete Katja als eindeutige Einladung, unbedingt aktiv zu werden.
    Clara ist sich sicher, dass ihre Freundin in den nächsten Wochen einen Riesenzirkus um diesen Typen veranstalten wird. Schließlich
     seien sie im besten Alter, meinte Katja, und sie sollten sich daher auch das Beste aussuchen, egal wie viel Vergangenheit
     oder Gegenwart dranhängt.
    Nun muss Clara doch noch lächeln bei der Vorstellung, wie viel Energie ihre vollkommen durchgeknallte Freundin darin investiert,
     sie auf allen möglichen Wegen ins Leben zurückführen zu wollen. Dafür liebt Clara sie. Auch dafür, |93| dass sie ihre Passivität und Ängstlichkeit erträgt. Und dafür, dass sie immer hundert Ideen hat, für Spaß und Ablenkung zu
     sorgen.
    Doch Katja wird akzeptieren müssen, dass Clara und sie nie wieder so alberne Gespräche über Männer- und Beziehungsfragen führen
     werden, wie früher. Wie kann jemals wieder etwas einfach nur leicht und heiter sein, wenn Clara ein immerwährender Zweifel
     wie ein kleines Männchen im Ohr sitzt, das flüstert: «Nichts ist, wie es scheint», «Du darfst dem Frieden niemals trauen»
     oder «Du hast Glück vielleicht nicht verdient»?
    Clara mag sich einfach selbst nicht mehr. Manchmal wünscht sie sich, ihr würde irgendjemand mitten ins Gesicht schreien, sie
     solle endlich aufhören, in Selbstmitleid zu baden und Ben zu idealisieren. Stattdessen versuchen sowohl ihre Großeltern als
     auch ihre Freunde, Kollegen und natürlich ihre Mutter ständig, sie aufzumuntern. Dabei wünscht sich Clara nur eins: wieder
     die Alte zu sein. Sie will diesen Makel loswerden, diesen Makel, der auf zehn Meter Entfernung für jeden deutlich erkennbar
     zu sein scheint und der sich so anfühlt, als würde ihr etwas Unheimliches oder Unheilvolles anhaften.
    Clara blättert weiter lustlos in dem Magazin, bis ihr plötzlich eine Anzeige ins Auge fällt, die sie auch gestern Abend schon
     als Leuchtreklame auf dem Weg in die Hamburger City gesehen hat. Sie ist graphisch zwar nicht besonders gut aufbereitet, aber
     ihre Botschaft lässt Clara nun doch ein wenig schmunzeln. Ein hipper Typ sitzt entspannt auf seinem Sofa und trinkt genüsslich
     ein Bier. Darüber steht der Slogan «Mann lebt nur einmal!»
    Genau wie gestern denkt Clara unmittelbar daran, dass |94| auch Ben nur ein Leben hatte, ein Leben, das zwar viel zu kurz war, das er aber mehr zu genießen versuchte als jeder andere,
     den sie kennt.
    Aber was ist mit ihr? Kann es sein, dass auch ihr Leben mit dem seinigen einfach vorbei ist? Clara richtet sich auf. Das darf
     nicht sein. Ganz egal, auf welche Weise Ben zu Tode gekommen ist, er würde nicht wollen, dass Clara seinetwegen unglücklich
     bleibt. Und selbst wenn er es aus irgendeinem Grund gewollt hätte, hätte sie aber doch jedes Recht dazu, das Leben so gut
     es geht zu genießen.
    Allmählich keimt eine Art Wut in ihr auf. Auf das Leben, ihr Schicksal und manchmal auch auf Ben. Es wäre schön, wenn sie
     eines Tages einem Menschen begegnen würde, der unbefangen mit ihrem Lebensweg umgehen könnte, jemand, der nur sie sieht und
     sich nicht abschrecken lässt von ihrer Geschichte.
    Clara geht in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen. Ihr Blick fällt auf die Karte vom Pizzaservice, die mit einem
     Magnet am Kühlschrank befestigt ist. Unwillkürlich muss sie schlucken: Fast jeden Sonntagabend hat Ben dort Essen für sie
     beide bestellt. Und plötzlich hat Clara große Lust auf eine richtig fettige, salzige, dick mit Käse belegte Salamipizza.
    Sie greift zum Telefon, gibt ihre Bestellung auf und zuckt innerlich zusammen, als der Mensch am anderen Ende der Leitung
     fragt, ob die Adresse noch zur Kundennummer passe und die Lieferung für «Runge, Benjamin Runge» sei.
    «Nein!», entgegnet Clara in einem Ton, der erschreckend unhöflich klingt. «Runge können Sie streichen. Aber die Adresse stimmt,
     die Lieferung ist für Sommerfeld.»
    Als sie auflegt, überlegt Clara kurz, ob sie dem Impuls, |95| den ihr Kloß im Hals auslöst, nachgeben soll. Aber sie will nicht schon wieder weinen. Sie will das Wochenende nicht als

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