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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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hier ab. Ist mir echt scheißegal. Geh doch tonnenweise Kartoffelchips fressen, und lass dir von den Erstsemestern den Bauch reiben. Halt mich bloß nicht für deinen Freund, okay? Das war ich nämlich nie.«
    Er winkte uns durch in die Schlange anerkannter Amerikaner, die sich am Fuß des ExxonMobil-Gebäudes aufgestellt hatten, verwirrte Familien von Botschaftsangehörigen, die sich an ihre kostbaren Seesäcke klammerten, Ölarbeiter, die fröhlich das Abenteuer Evakuierung genossen, einander auf die Schultern schlugen und süße Erinnerungen an die dickbusigen Hyatt-Nutten austauschten.
    »He, Fettsack«, brüllte mich eines dieser Exemplare an. »He, du Haufen Scheiße.«
    Fettsack? Haufen Scheiße? Tief getroffen, legte ich beide Hände zwischen meine Brüste. Vor mir stand ein o-beiniger Orang-Utan in Shorts mit Gummizug, unter einem
USS Nimitz
-Käppi.
    »Roger Daltrey«, spuckte er mich an.
    »Wer?«, sagte ich. Der Name erinnerte mich an das Mitglied irgendeiner berühmten amerikanischen oder britischen Rockgruppe, aber musikalisch war ich ganz auf die Gegenwart ausgerichtet, auf Hiphop und Multikulti. »Wer ist Roger Daltrey?«
    »Das weißt du nicht mal, was?«, sagte mein Gegner und zog sein Käppi, so dass der über ihm schwebende Heiligenschein aus dünnen roten Haaren seinen zornigen Worten Gewicht gab. »Ihr Scheißrussen wisst hinterher nicht mal mehr, wen ihr umgebracht habt. Wie die Tiere.«
    »Ach du Scheiße«, seufzte Aljoscha-Bob und baute wieder seine kleine Gestalt zwischen mir und meinem Peiniger auf.
    »Was?«, sagte ich.
    »Ach du Scheiße«, sagte Aljoscha-Bob noch einmal, und die Wiederholung klang in meinen Ohren hohl und doch bedeutungsvoll.
    »Dein Vater hat meinen Onkel umgebracht«, erklärte der Amerikaner. »Für nichts. Wegen einer Rattenzucht.«
    »Hä?« Ich war so verwirrt, und mein Blutzuckerspiegel war so niedrig, dass mir schwindelte. Wovon redete er? Vom Geschäftsmann aus Oklahoma? Dem, den Papa angeblich in Petersburg hingerichtet hatte? »Aber Sie kommen gar nicht aus Oklahoma«, sagte ich. »Sie klingen nach Arbeiterklasse aus New Jersey. Sind Sie auch bestimmt mit ihm verwandt? Der Typ aus Oklahoma war angeblich gebildet.«
    »Was hast du da gesagt, du Arschloch?«, schrie der vermeintliche Verwandte des toten Mannes aus Oklahoma mich an. »Und das sagst du mir ins Gesicht? Dass ich
ungebildet
bin?«
    »Klappe halten, Mischa«, knurrte Aljoscha-Bob mich an. »Klappe halten und locker bleiben.«
    »Weißt du, ich habe deinen Vater gegoogelt«, sagte Daltreys Verwandter, »das muss ja echt der totale Arsch gewesen sein. Schweine wie der haben dein Land ruiniert und dieses hier gleich mit. Sie sollten euch alle nach Den Haag schicken und als Kriegsverbrecher anklagen.«
    Irgendwo zwischen meinem Brustbein und meinen Leisten entrang sich mir ein Schrei, aus einem feuchten und einsamen und verwaisten Ort. Ich konnte mich in das gebrochene Englisch meiner ersten Jahrein den Staaten zurückfallen hören, als ich schrie: » GELIEBTER HERR PAPA WAR KEIN TOTALER ARSCH !«
    Und mit diesen Worten langte ich an Aljoscha-Bob vorbei und versetzte dem Amerikaner einen Schlag auf die Schläfe, eine wilde, patschige Bärentatze traf ihn an einer relativ weichen und unzerbrechlichen Stelle nicht weit vom kleinen Klumpen seines Hirns, das seine lebenswichtigen Organe am Laufen hielt.
    Mein Gegner brach sofort zusammen, brüllend vor Scham und Schmerz. Gleich war Josh Weiner mit seinen Vorgesetzten zur Stelle, Männern in gebügelten Hemden mit Krawatten in gedeckten Farben, die mich wieder friedlich stimmten. »Mein Geliebter Herr Papa war kein totaler Arsch«, sagte ich leise und nickte bekräftigend dazu. »Er war ein jüdischer Dissident. Ein Ehrenmann.«
    »Mein Onkel hatte drei Kinder«, ächzte der Amerikaner. »Jetzt sind sie Waisen, du fetter, nichtsnutziger Drecksack.«
    »Es tut uns allen schrecklich Leid«, versuchte Aljoscha-Bob die Diplomaten und die dazukommenden Marines zu beschwichtigen. »Mein Freund hatte einen kleinen Wutanfall. Er ist eben Belgier.«
    »Sir«, sagte der größte und graueste unter den Diplomaten. »Bitte verlassen Sie augenblicklich das Botschaftsgelände.«
    Ich blickte ihm in sein amtliches Gesicht, glatt und hart wie das eines Schauspielers oder Politikers. »Das hier ist Exxon-Gelände«, sagte ich kleinlaut.
    »Sie sind Boris Vainbergs Sohn«, sagte der ältere Diplomat. »Ich weiß alles über Sie. Ich werde Ihnen keinesfalls gestatten, an Bord

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