Snapshot
überlegt. Und sieh zu, dass du keinen Mist baust. Im Ernst, Tony, bring die Sache so schnell wie möglich in Ordnung. Ich bin mir nicht sicher, ob unsere Abmachung unbegrenzt gültig ist.«
» Ich tu mein Bestes.«
» Und pass auf dich auf, ja? Du bist kein Cop, du bist Fotograf. Bevor du dich da in irgendwas verrennst, geh bitte zu jemandem, der Ahnung von so was hat und weiß, was er tut. Versprochen?«
» Ja, klar«, antwortete er, obwohl er ihr ungern ins Gesicht log.
37
Im Smeaton Drive in Bishopbriggs lebten viele Familien. In so einer Gegend wurde es nicht gerne gesehen, dass jemand vor der eigenen Haustür abgeknallt wurde– erst recht nicht, wenn sich hinterher herausstellte, dass der Herr Nachbar ein richtig schwerer Junge gewesen war. Als Narey am Tatort eintraf, war Jo-Jo Johnstone bereits ins Krankenhaus gebracht worden. Geblieben waren nur eine Pfütze Blut und ein Haufen unglücklicher, schockierter Anwohner.
Die Spurensicherung war in vollem Gange, die Polizei ging von Tür zu Tür und sammelte jede Information, die sie kriegen konnte. Keiner bezweifelte, dass wieder derselbe Täter zugeschlagen hatte, aber wer dieser Täter war, wusste man genauso wenig wie zuvor. Hier bezeichnete ihn niemand als dunklen Engel.
Narey bemerkte sofort, was für eine seltsame Atmosphäre über dem Tatort hing, und ob sie wollte oder nicht, die Stimmung griff auch auf sie über. Seit sie ihren Job angetreten hatte, war Jo-Jo Johnstone ein Stammkunde von ihr gewesen. Ihr war klar, was für ein krankes Arschloch er war. Jeder Beamte im Smeaton Drive hatte von seinen Aktivitäten gehört– Geldwäsche, Erpressung, Bordelle, Drogen, schwere Körperverletzung.
Es war dasselbe Spiel wie bei Caldwell und Quinn und wie, eine Liga tiefer, bei Strathie, Sturrock, Haddow und Adamson. Und natürlich die vier im Industriegebiet: Houston, Faichney, Honeyman und Arnold. Jeder Cop kannte sie, keiner betrachtete ihren Tod als größeren Verlust.
Aber bei den meisten anderen war wenigstens noch eine Art Schockzustand zu spüren gewesen. Hier nicht, hier wurde nur das neueste Opfer abgearbeitet. Die Kollegen mussten keine Träne verdrücken, ihr Mitleid hätte nicht mal für einen Teelöffel voll gereicht. Narey konnte es förmlich riechen: Denen ging es völlig am Arsch vorbei, dass es Johnstone erwischt hatte. Wenn hier etwas in der Luft lag, dann ein Hauch Enttäuschung.
Am Ende der Straße lauerte die Meute der Zeitungsfritzen und Fernsehteams, die von einigen Uniformträgern in Schach gehalten wurde wie eine Schar hungriger Aasgeier. Endlich hatte es einen weiteren Anschlag gegeben, auch wenn die Medien vermutlich genauso enttäuscht waren, dass das Opfer diesmal überlebt hatte. Trotzdem würde der dunkle Engel erneut für Schlagzeilen sorgen. Jeder Anschlag eine Schlagzeile, dachte Narey.
Auch die Spurensicherung machte einen anderen Eindruck als sonst. Die Forensiker arbeiteten routiniert sorgfältig wie immer, aber Narey kamen sie vor wie gelangweilte Kinder, die sowieso schon wussten, wie das Spiel ausgehen würde. Baxter würde zweifellos darauf achten, dass seine hohen Standards eingehalten wurden, aber es wirkte beinahe lässig, wie sie ihre gelben Marker aufstellten– für die Fotos, die Winter nicht mehr schießen durfte–, wie sie Blutspritzer vermaßen und die entsprechenden Winkel berechneten. Vielleicht waren sie ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass es Schlimmeres gab als einen weiteren toten Gangster.
Ein paar Türen weiter entdeckte Narey ein Mädchen in den Armen seiner Mutter. Wahrscheinlich war die Kleine aus dem Haus gelaufen und hatte das Blut gesehen, das langsam die Vortreppe hinablief, wo es Jo-Jo erwischt hatte. Narey fiel ein, dass Johnstone auch Kinder hatte. Wo die jetzt wohl waren? Vielleicht bei Nachbarn, oder sie warteten im Krankenhaus und hatten Angst um ihren Dad. Egal wie ihr Vater sein Geld verdiente, Kinder waren Kinder. Und das hier konnte man keinem Kind wünschen.
Dieser Gedanke brachte sie auf Jan McConachie und ihre Tochter. Wie hieß die Kleine noch mal? Amy. Narey konnte noch nicht so richtig glauben, dass Jan falsch gespielt hatte, obwohl der Anruf von George Faichney in eine eindeutige Richtung wies. Aber selbst wenn, das Schicksal der Kleinen tat ihr in der Seele weh.
Da spürte sie, dass jemand neben ihr stand. Sie drehte sich um und entdeckte Corrieri und Colin Monteith.
» Die Nachbarn wurden alle befragt«, meldete Corrieri. » Nur einer hat beobachtet, wie
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