Snapshot

Sicher, aber funktionierst du auch aus nächster Nähe? Und die anderen, die hatten es schließlich alle verdient, oder?«
    Winter rückte ihm weiter auf die Pelle, Monteith wich wieder zurück, Richtung offene Tür. Sehr schön.
    » Stehen bleiben, Winter. Sofort, oder ich knall dich ab. Das ist kein Scherz, verdammt noch mal!«
    » Ich fürchte, dafür hast du nicht die Eier.«
    » Du hast doch keine Ahnung, Winter. Du weißt gar nichts. Weder über mich noch über das, was da draußen los ist. Du redest hier irgendwas von wegen Stolz und hast dabei keinen blassen Schimmer von nichts. Manchmal muss man eben tun, was getan werden muss.«
    » Ach ja? Erzähl mir davon.«
    » Ich knall dich ab. Jetzt.«
    » Wie gesagt, ich lass es drauf ankommen.«
    » Arschloch. Aber okay, wenn du’s unbedingt wissen willst: Ja, ich bin stolz. Und das ist mein gutes Recht. In der letzten Woche hab ich mehr geschafft als in fünfzehn Jahren als Bulle. Wegen mir ist Glasgow eine bessere Stadt geworden. Und dafür werde ich schließlich bezahlt.«
    » Seit wann wirst du fürs Töten bezahlt?«
    Er zielte aufWinters Stirn. In seinen Augen loderte purer Hass. » Wag es ja nicht. Wag es ja nicht, mir zu erklären, wofür ich bezahlt werde. Faichney, Houston, Arnold, Honeyman, die Wichser haben unsere Stadt jahrelang ausbluten lassen.«
    » Und wie hast du sie in die Lagerhalle gelockt?«
    » Das war kein Problem. Als Cop hat man so seine Möglichkeiten. Ich hab sie abgeholt, und dann hatten wir ein bisschen Spaß miteinander. Nach so einer Chance lechzt jeder Cop der Stadt. Plötzlich konnte ich die Typen aus dem Weg räumen, ohne Ärger zu kriegen. Egal wie viele, ich konnte sie alle McKendrick anhängen. Und siehe da, auf einmal konnte man den Arschlöchern doch was anhaben.«
    » Du hast sie getötet.«
    » Ja. Ja, ich hab sie getötet. Ich hab mir McKendricks Liste genommen, und ich hab es durchgezogen. Ich habe getan, was getan werden musste. Die Wichser mussten weg. Die müssen alle weg, wenn die Leute eine Chance haben sollen, aus der Scheiße rauszukommen. Ich weiß, es ist wie bei der Hydra, schlägst du einen Kopf ab, wachsen zwei neue nach, aber anders geht’s nicht. Man muss eben so viele Köpfe abschlagen wie möglich.«
    » Und du bist der Held, oder was? Du bist Herkules? Oder waren es Jason und die verfickten Argonauten? Wer hat dich zum Scharfrichter ernannt?«
    » Der Zufall. McKendrick hatte alles vorbereitet, ich musste nur noch meine Arbeit machen. Du hast doch gesehen, was diese Arschlöcher anrichten, wie viele Menschen wegen ihnen leiden müssen. Das musst sogar du verstehen.«
    » Ich versteh’s aber nicht. Wie soll ich das verstehen? Es ist dein Job, das Gesetz durchzusetzen, und stattdessen nimmst du es in die eigene Hand und knallst haufenweise Leute ab. Damit bist du auch nicht besser als Caldwell, Quinn, Riddle und wie sie alle heißen.«
    » Das mit Riddle war ich nicht. Das war wahrscheinlich Terry Gilmartin, als Vergeltung für den Brandanschlag auf sein Haus und für das mit seinem Sohn. Er ist mir zuvorgekommen. Außerdem redest du Schwachsinn. Ich bin nicht wie die. Die hatten den Tod verdient. Alle.«
    » Du bist ein Mörder, Monteith.« Winter ging einen weiteren Schritt auf ihn zu, Monteith wich weiter zurück.
    » Und wenn schon. Dann macht ein Mord mehr oder weniger auch keinen Unterschied.«
    Winter ging einfach weiter.
    » Du bist tot, Winter.«
    » Aber ich bin unschuldig, Monteith. Ich hab nichts getan. Genau wie Addy. Genau wie Rachel.«
    Monteith zögerte. Der Gewehrlauf bebte.
    » Willst du wirklich einen Unschuldigen töten?«
    » Nein, ich… Nein. Aber es ist zu spät. Ich hab dich gewarnt. Ich hab dir tausendmal gesagt, was passiert, wenn du nicht stehen bleibst.«
    » Es muss aber nicht passieren. Stell dich den Cops.«
    » Nein! Ich kann jetzt nicht aufhören. Es gibt noch so viel zu tun.«
    » Dann musst du mich wohl töten.«
    » Ich tu’s. Verlass dich drauf.«
    Seine Stimme versagte beinahe, doch seine Kiefer verkrampften sich, seine Augen verengten sich. Winter sah, wie er zum Standbild erstarrte. Wie sein Zeigefinger über den Abzug strich. Er war kurz davor.
    Winter ging noch einen Schritt auf ihn zu.
    Monteiths Gesicht verzerrte sich, sein Zeigefinger krümmte sich, und für einen Moment schlossen sich seine Augen. Er hatte abgedrückt. Als er die Augen wieder öffnete, wirkte er verblüfft. Schnell drückte er ein zweites, ein drittes Mal ab– und glotzte völlig baff auf