Snapshot
völlig verarscht hat, wenn er wirklich die oberen Zehntausend des Glasgower Drogenhandels auslöschen will, sollten die meisten Namen, die in diesen Handys stehen, vor dem Schlafengehen doppelt absperren. Und da stehen nicht nur Kriminelle drin.«
Winter hob eine Augenbraue, erntete dafür aber nur ein müdes Abwinken.
» Du kannst auf dem Weg zur Theke drüber nachdenken. Ich nehm noch ein nigerianisches Lager.«
Mit einem Kopfschütteln rückte Winter den Stuhl zurück und ging zur Theke. Dave, der Besitzer der Station Bar, hatte ihn schon kommen sehen und hielt bereits das erste Glas unter den Zapfhahn.
» Alles in Ordnung mit deinem Kumpel?«, fragte er.
Augenblicklich wurde Winter misstrauisch. Dave war ein Barkeeper, der wusste, wann man Fragen stellte und wann man den Mund hielt, einer, der seine Stammkunden kannte und niemals grundlos rumgeschnüffelt hätte. » Aye, mit Addy ist alles in Butter. Warum?«
Dave runzelte die Stirn. » Na ja, er ist heute ziemlich gut in Form. Zu jedem zweiten Pint trinkt er einen Doppelten. Eine ganze Menge, selbst für seine Verhältnisse.«
» Das ist die Arbeit. Von der Mordserie hast du doch gehört?«
» Du meinst den dunklen Engel? Na sicher, die Leute reden von nichts anderem. Also wenn’s nach mir geht, kann der Kerl gerne so weitermachen. Die Arschlöcher sind schon lange fällig.« Ein leises Seufzen. » Dem Typen sollten sie einen Orden verleihen.«
» Sag das lieber nicht zu laut, sonst dreht Addy dir den Hals um. Aber keine Sorge, ich pass schon auf, dass er keinen Ärger macht.«
Dave nickte ihm zu, und Winter trug die Gläser zum Tisch, wo Addison gerade den Rest seines letzten Guinness kippte.
» Was wollte der von dir?«, fragte er, als Winter sich wieder setzte.
» Dave? Nichts Besonderes. Wir haben über das Celtic-Spiel geredet.«
» Das kannst du deiner Oma erzählen, Kleiner. Schon vergessen, dass ich hauptberuflich Räuber und Gendarm spiele? Hat er sich aufgeregt, weil ich ein paar Whiskys getrunken hab?«
» Nein.«
Addison starrte ihn an.
» Aye«, gab Winter zu.
» Der soll sich um seinen eigenen Dreck kümmern und froh sein, dass er so gut an mir verdient«, fauchte Addison. » Mein Job ist halt kein Kindergarten.« Eine Pause, ein weiterer Schluck. » Und es wird immer schlimmer.«
Winter ließ Addys Satz unbeantwortet in der Luft hängen und nuckelte ebenfalls an seinem Pint. Ein bisschen Schweigen würde ihnen guttun. » Also, wer noch?«, fragte er schließlich. » Wer sollte sich noch Sorgen machen wegen der fehlenden Handys?«
» Weißt du, was ich vermisse? Hier drinnen rauchen zu können. Mir einfach eine schöne Kippe anzünden zu können, ohne raus in die Kälte zu müssen.«
» Du rauchst doch gar nicht.«
» Hab ich aber mal. Ist jetzt acht Jahre her, aber im Herzen bin ich immer noch Raucher. Es fehlt mir immer noch. Da siehst du’s mal wieder, Kleiner– du weißt auch nicht alles. Und das solltest du niemals vergessen.«
» Ach ja?« Winter gab sich ahnungslos, aber er wusste ziemlich genau, worauf Addison hinauswollte.
» Ja. Du willst wissen, wer sonst noch in den Handys gespeichert ist. Tja, ich weiß es auch nicht. Aber da Strathie und Sturrock gewissen Geschäften nachgegangen sind, können wir davon ausgehen, dass darunter Personen sind, die lieber unerkannt bleiben möchten. Die kein Interesse daran haben, dass irgendwer von ihren Bekanntschaften mit Drogendealern erfährt. Erst recht nicht der große böse Wolf mit dem Scharfschützengewehr.«
» Und was für Personen wären das?«
» Wie oft denn noch? Ich weiß es nicht.«
» Also Cops?«
Auf halbem Weg zum Mund hielt Addison inne. Er stellte das Guinness wieder auf den Tisch und suchte tief in seinem Inneren nach einer Antwort. » Vielleicht. Wahrscheinlich. Keine Ahnung.«
Eine Zeit lang blickten sie lieber auf ihr Bier als auf ihr Gegenüber, eine halbe Ewigkeit lang, bis Addison endlich etwas sagte.
» Die nächste Runde geht auf mich.«
» Aber diesmal belassen wir’s beim Guinness, okay?«
Addison schenkte ihm sein schönstes Totengräberlächeln. » Aye, Kleiner. Kein Problem.«
Den Weg zur Theke bewältigte Addy ohne größere Schwierigkeiten. Nur ein kleiner Schlenker gegen eine Stuhllehne ließ darauf schließen, dass er nicht mehr ganz klar war. Winter beobachtete, wie der herbeibeorderte Dave eine Grimasse schnitt und sich zwei frische Biergläser schnappte. Während sie unter dem Zapfhahn standen, schob Dave ein Whiskyglas
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