Sniper
der Einheimischen, die für uns arbeiteten, waren nicht unbedingt die Crème de la Crème, auch waren nicht alle den USA wohlgesonnen.
Einmal wurde einer dabei erwischt, wie er in unser Essen ejakulierte.
Auf Anweisung der befehlshabenden Offiziere wurde er sofort unter Begleitung vom Stützpunkt gebracht – vermutlich weil sie wussten, dass sein Leben nicht mehr viel wert gewesen wäre, sobald seine Tat ans Licht gekommen wäre.
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In Kuwait hielten wir uns abwechselnd an zwei verschiedenen Standorten auf: Ali al-Salem und Doha. Unsere Einrichtungen waren vergleichsweise primitiv.
Doha war ein großer US-amerikanischer Army-Stützpunkt und spielte sowohl im Ersten als auch im Zweiten Golfkrieg eine wichtige Rolle. Dort wies man uns ein Lagerhaus zu, das wir mithilfe einiger Seabees, den Pionieren der Navy, in einzelne Räume unterteilten. Auch künftig verließen wir uns in ähnlichen Situationen immer wieder dankbar auf die Hilfe der Seabees.
Ali al-Salem war noch schlichter, für uns zumindest. Wir erhielten dort ein Zelt und einige Regale; das war’s dann auch. Ich schätze, die verantwortlichen Kommandeure dachten wohl, SEALs bräuchten nicht viel mehr.
In Kuwait erlebte ich auch meinen ersten Wüstensturm. Das ist so, als ob innerhalb von wenigen Minuten die Nacht hereinbricht. Erst wirbelt überall Sand herum. Aus der Ferne sieht man eine große, orange-braune Wolke, die direkt auf einen zukommt. Dann plötzlich wird es dunkel und man hat das Gefühl, man befände sich mitten in einem Tunnel oder vielleicht im Spülgang einer Waschmaschine, die statt Wasser Sand verwendet.
Ich erinnere mich noch sehr genau, dass ich in einem Flugzeughangar Unterschlupf suchte und trotz verschlossener Türen enorm viel Staub in der Luft war. Der Sand war feinkörnig und man musste aufpassen, dass er nicht in die Augen kam, weil man ihn nicht einfach herauswischen konnte. Wir lernten allerdings schnell dazu und trugen fortan ständig Schutzbrillen bei uns; Sonnenbrillen allein reichten nämlich nicht aus, wie diese erste Erfahrung gezeigt hatte.
Meine Zeit als 60-Gunner
Da ich noch immer neu bei den SEALs war, wurde ich zunächst 60-Gunner – also MG-Schütze.
Die Kurzform »60« bezieht sich auf das M-60 Universal-Maschinengewehr, eine Schusswaffe, die man mit Patronengurten füttert und die den amerikanischen Streitkräften bereits seit mehreren Jahrzehnten in einer Vielzahl von Varianten zur Seite steht.
Das M-60 wurde in den Fünfzigerjahren entwickelt, es verschießt Patronen im Kaliber 7,62 mm und ist so flexibel gestaltet, dass es nicht nur als fest installiertes Geschütz für gepanzerte Fahrzeuge und Hubschrauber geeignet ist, sondern auch als leichte Einsatzwaffe, die von einem Mann getragen werden kann. Es bewährte sich besonders im Vietnamkrieg, wo es von den Frontsoldaten als »das Schwein« bezeichnet und wegen des sich schnell überhitzenden Laufs oft verflucht wurde. Dieses Problem ließ sich zwar beheben, indem man den Lauf nach einigen Hundert Schuss mithilfe eines Asbesthandschuhs wechselte – in einer Kampfsituation war das aber nicht gerade praktisch.
Im Laufe der Jahrzehnte nahm die Navy erhebliche Verbesserungen an der Waffe vor und deshalb ist sie bis heute ein hervorragendes Gewehr mit großer Feuerkraft. Die neueste Version weicht dermaßen vom Original ab, dass sie mittlerweile einen anderen Namen trägt: Die Navy nennt sie Mk-43 Mod 0. (Gelegentlich wird die Auffassung vertreten, dass sie inzwischen als völlig andere Waffe betrachtet werden sollte; dazu möchte ich mich aber nicht äußern.) Das Navy-Modell ist vergleichsweise leicht – um die zehn Kilogramm – und hat einen recht kurzen Lauf. Außerdem verfügt die Waffe über ein Schienensystem, mit dessen Hilfe man Zielfernrohre und anderes Zubehör montieren kann.
Zurzeit sind neben dem M-43 auch die Modelle M-240, M-249 und Mk-46 im Einsatz, wobei Letztere eine Variante des M-249 darstellt.
Die Waffen, die wir SEALs bei uns trugen, wurden grundsätzlich 60er genannt, auch wenn es sich um andere Modelle wie beispielsweise das Mk-48 handelte – ein Modell, das wir in meiner Zeit im Irak immer häufiger verwendeten. Ich bezeichne bis heute jedes Maschinengewehr als 60er, es sei denn, die genaue Unterscheidung spielt eine tragende Rolle.
Das M-60 wird auch immer noch als »Schwein« bezeichnet, mit der Folge, dass die MG-Schützen ebenfalls häufig »Schweine« genannt werden oder aber mit einem ähnlichen Beinamen versehen
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