Sniper
obwohl er unbewaffnet war, wollte er sich nicht kampflos ergeben.
Er rannte auf mich zu.
Das war keine gute Idee. Ich war nicht nur größer als er, sondern trug auch eine Körperpanzerung. Ganz zu schweigen von der Maschinenpistole, die ich in der Hand hielt.
Ich stieß dem Idioten die Mündung meiner Waffe in die Brust. Er fiel sofort zu Boden.
Irgendwie verlor ich dabei aber das Gleichgewicht und rutschte aus. Ich stützte mich ruckartig auf meinem Ellenbogen ab und landete damit – rein zufällig, versteht sich – in seinem Gesicht.
Und das gleich ein paar Mal.
Das ließ ihn zur Vernunft kommen. Ich drehte ihn kurzerhand um und legte ihm Handschellen an.
Das Entern und Durchsuchen von Schiffen gehört zum Standardrepertoire von SEALs. Während die »normale« Navy speziell geschultes Personal einsetzt, um diese Aufgabe in Friedenszeiten zu erledigen, sind wir dafür ausgebildet, uns Schiffe in Situationen vorzunehmen, in denen mit Widerstand zu rechnen ist. Und in der Zeit unmittelbar vor dem Krieg im Winter 2002/03 war dies im Persischen Golf vor der Küste Iraks sehr wohl der Fall. Die UN äußerte im Nachhinein die Vermutung, dass zu dieser Zeit massiv gegen internationale Sanktionen verstoßen wurde und Öl und andere Güter im Wert von mehreren Milliarden Dollar aus dem Irak geschmuggelt worden waren, wobei das Geld direkt in die Taschen von Saddams Regierung wanderte.
Der Schmuggel konnte vielerlei Gestalt annehmen. Öl zum Beispiel wurde oft in Getreide-Frachtern transportiert. Sehr viel häufiger kam es jedoch vor, dass Tanker, die im Rahmen des UN-Programms »Öl für Nahrung« legal unterwegs waren, Abertausende von Gallonen zusätzlich geladen hatten, also deutlich mehr als erlaubt.
Es ging aber nicht nur um Öl. Eine der größten Lieferungen von Schmuggelware, die uns in jenem Winter in die Finger kam, waren Datteln, die auf dem Weltmarkt offenbar gerade gute Preise erzielten.
In jenen ersten Monaten meines ersten Einsatzes kam ich auch in Kontakt mit den Wojskowa Formacja Specjalna GROM im. Cichociemnych Spadochroniarzy Armii Krajowej – einer polnischen Fallschirmspringer-Elitetruppe, besser bekannt unter dem Namen GROM. Die GROM sind die Special Forces der polnischen Armee und genießen einen ausgezeichneten Ruf, wenn es um Spezialeinsätze geht. Gemeinsam mit ihnen erledigten wir zahlreiche Durchsuchungseinsätze.
Wir starteten unsere Operationen normalerweise von einem großen Schiff aus, das wir als eine Art schwimmenden Stützpunkt für unsere Schnellboote nutzten. Jeweils die Hälfte des Zuges war im Einsatz und absolvierte eine 24-Stunden-Schicht. Dann kam die andere Hälfte des Zugs an die Reihe. Wir fuhren an einen vorab festgelegten Punkt, ließen uns im Dunkeln auf dem Wasser treiben und warteten darauf, dass uns ein Hubschrauber oder Schiff über einen verdächtigen Frachter informierte, der aus dem Irak kam und ziemlich tief im Wasser lag. Alles, was ganz offensichtlich eine nennenswerte Ladung transportierte, musste kontrolliert werden. Also gingen wir an Bord und sahen uns das Schiff genauer an.
Manchmal verwendeten wir dafür Mk-V-Boote. Das Mk-V ist ein Sondereinsatzfahrzeug, das manche schon mit dem PT-Boot des Zweiten Weltkriegs verglichen haben – es handelte sich um wendige, kleine Patrouillenboote, die mit Torpedos bestückt waren. Das Mk-V sieht tatsächlich aus wie ein gepanzertes Schnellboot, hat aber lediglich die Aufgabe, SEALs so schnell wie möglich in Sicherheit zu bringen. Es besteht aus Aluminium und ist ziemlich flott – man sagt, die Boote würden 65 Knoten schaffen. Aber was uns an ihnen besonders gut gefiel, das waren die großzügigen, flachen Achterdecks. Normalerweise transportierten wir dort zwei Zodiac-Schlauchboote. Aber da die Zodiacs praktisch nie gebraucht wurden, operierte die gesamte Mannschaft von sogenannten RHIBs aus, schnellen Schlauchboten mit Aluminiumrumpf, und nutzte die Decks der Mk-Vs als Schlafstätte, bis Schiffe gemeldet wurden. Das war sogar vergleichsweise komfortabel im Vergleich zu den Alternativen – wir hätten nämlich sonst auf den Sitzen oder auf den engen Seitendecks nächtigen müssen.
Schiffe im Golf zu durchsuchen, wurde schnell zur Routine. Pro Nacht schafften wir oft Dutzende von Schiffen. Aber unseren größten Fund machten wir nicht vor der Küste Iraks, sondern etwa 1500 Seemeilen entfernt, vor der afrikanischen Küste.
Scud-Raketen
Im späten Herbst heftete sich ein SEAL-Zug auf den Philippinen an
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