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Sniper

Sniper

Titel: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Kyle , Scott McEwen , Jim DeFelice
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um ihn stand, er hatte einen Bauchschuss. Ich ging in die Knie, umklammerte seinen Oberkörper und fing an, ihn rückwärts zu schleifen.
    Irgendwie rutschte ich aus. Ich fiel nach hinten, wobei ich ihn auf mich zog, sodass er nun auf mir lag. Mittlerweile war ich so erschöpft und außer Atem, dass ich einige Minuten einfach nur da lag, während die Kugeln über meinem Kopf hinwegpfiffen.
    Der Junge war etwa 18 Jahre alt und wirklich schwer verletzt. Ich wusste, dass er es nicht schaffen würde.
    »Bitte, sag meiner Mama nicht, dass ich unter Schmerzen gestorben bin«, flüsterte er.
    Mist, Junge, ich weiß nicht mal, wer du bist , dachte ich. Ich sag deiner Mama gar nichts .
    »Schon gut«, sagte ich. »Keine Sorge. Wir werden es richtig gut klingen lassen. Richtig gut.«
    In diesem Augenblick starb er. Wahrscheinlich lebte er nicht einmal lange genug, um meine Lüge noch zu hören.
    Eine Gruppe Marines eilte herbei. Sie hoben ihn von mir herunter und legten ihn hinten in einen Hummer. Wir riefen Luftunterstützung und hoben die Stellungen aus, von denen die Schüsse gekommen waren.
    Dann kehrte ich zu meinem Block zurück und kämpfte weiter.
    Thanksgiving
    Ich dachte an die Opfer, die ich gesehen hatte, und machte mir Gedanken darüber, dass ich jederzeit der Nächste sein konnte. Aber ich wollte trotzdem nicht aufhören.
    Ich würde keinesfalls damit aufhören, Gebäude zu klären oder meine Leute von den Dächern aus zu unterstützen. Ich konnte die jungen Marines, mit denen ich unterwegs war, nicht hängen lassen, auf gar keinen Fall.
    Immer wieder sagte ich zu mir selbst: Ich bin ein SEAL. Ich bin härter und besser als diese Jungs. Und deshalb lasse ich sie nicht im Stich .
    Ich dachte nicht wirklich, dass ich härter oder besser war als sie. Aber ich wusste, dass man das von uns erwartete. Und ich wollte dieses Bild aufrechterhalten. Ich wollte nicht versagen – vor anderen oder vor mir selbst.
    Als SEAL wird einem vor allem eines immer wieder eingeimpft: Wir sind die Besten der Besten. Wir sind unbesiegbar.
    Ich wusste nicht, ob ich wirklich zu den Allerbesten gehörte. Aber ich wusste, dass ich auf jeden Fall nicht dazu gehörte, wenn ich jetzt aufgab.
    Ich fühlte mich gewiss nicht unbesiegbar. Aber wenn man bedenkt, was für einen Mist ich schon erlebt habe, ohne getötet zu werden … dann war da schon etwas Wahres dran.
    Thanksgiving verging wie im Flug, denn wir waren gerade mitten in einer Schlacht.
    Ich erinnere mich an das Festmahl an jenem Tag. Sie hielten den Angriff kurz an – vielleicht eine halbe Stunde – und brachten uns Essen auf das Dach, auf dem wir uns positioniert hatten.
    Truthahn, Kartoffelbrei, Füllung, grüne Bohnen für zehn Personen – alles in einer großen Schachtel.
    Alles zusammen und wild durcheinander. Keine Abtrennungen, keine Einzelportionen. Alles auf einem Haufen. Auch keine Teller, Gabeln, Messer, Löffel.
    Wir tauchten unsere Hände in die Masse und aßen mit den Fingern. Das war Thanksgiving.
    Verglichen mit den Rationen, die wir üblicherweise aßen, war es trotzdem ein Festschmaus.
    Angriff auf den Sumpf
    Ich blieb etwa eine Woche bei Lima und kehrte dann zu Kilo zurück. Es war schrecklich zu hören, wer in meiner Abwesenheit verletzt und wer getötet worden war.
    Nachdem der Vorstoß beinahe abgeschlossen war, erhielten wir einen neuen Auftrag: Wir sollten eine Absperrung errichten, damit die Aufständischen nicht wieder zurückkehren konnten. Unser Sektor war jenseits des Euphrats, auf der Westseite der Stadt. Von diesem Zeitpunkt an war ich wieder als Scharfschütze im Einsatz. Und da ich davon ausgehen konnte, dass ich nun wieder mehr Distanzschüsse abgeben würde, wechselte ich erneut zur .300 Win Mag.
    Wir ließen uns in einem zweistöckigen Haus nieder, von dem aus man die Blackwater-Brücke und den Fluss noch einige 100 Meter weit überblicken konnte. Unmittelbar in Flussnähe war ein Sumpfgebiet, das mit Dickicht und anderen Pflanzen überwuchert war. Es lag in der Nähe eines Krankenhauses, das die Aufständischen vor unserem Angriff in ein Hauptquartier umfunktioniert hatten, und auch jetzt schien der Bereich die Wilden magisch anzuziehen.
    Jede Nacht versuchte jemand, von dort aus einen Angriff zu starten. Und jede Nacht erschoss ich ein oder zwei Aufständische, manchmal auch mehr.
    Die neue irakische Armee hatte in der Nähe ein Lager errichtet. Und aus irgendeinem Grund hatten es sich diese Idioten scheinbar ebenfalls zur Aufgabe gemacht,

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