Snobs: Roman (German Edition)
Filmen waren, die sie sich ansahen, wie eifersüchtig seine Kollegen waren, wie blöd der Kameramann. »Ich nehme ein Bad«, sagte sie und löste sich aus seiner Umarmung.
Simon warf sich wieder aufs Sofa und heftete den Blick erneut auf
den Fernseher. »Du bist so pampig«, sagte er. »Ich werde großzügig sein und es auf deine Tage schieben.«
Ohne ihm zu antworten ging sie in das Souterrainbad hinunter, das von ihrem dunklen, kleinen Schlafzimmer aus zu erreichen war. Mit einem großen Spiegel und einer Fototapete mit riesigen Mohnblumen hatte man versucht, die beiden Räume freundlicher zu machen, ihre lichtlose Düsterkeit damit aber noch betont. Edith ließ Wasser einlaufen, zog sich aus und stieg in die Wanne. Sie merkte selbst, dass sie seit ihrem Gang durch den Park in einem merkwürdigen, irgendwie entrückten Geisteszustand war. Sie spürte intensiv jede Bewegung ihrer Glieder, jedes Plätschern des Wassers auf ihrer Haut. Sie fühlte sich wie in Trance, fast betrunken – dabei hatte sie sich beim Lunch mit Alkohol sehr zurückgehalten. Ein beklemmendes Gefühl ungewisser Vorahnung schien ihren Bauch zu blähen; an ihrem ganzen Körper prickelte jedes Nervenende einzeln. Schließlich erkannte sie, was sie am Rande ihres Bewusstseins beschäftigte. Simon hatte durchaus Recht gehabt. Es war Zeit für ihre Menstruation. Ihr Zyklus war regelmäßig wie ein Uhrwerk.
Und sie war fünf Tage überfällig.
20
Am Morgen nach meinem Lunch mit Edith, kurz nach Viertel nach acht, klingelte es bei uns an der Tür.
»Du liebe Zeit«, sagte Adela. »Wer kann das denn sein?« Wir waren in unserem winzigen Schlafzimmer, das nach vorne hinausging. Die Haustür lag gleich rechts, knapp außerhalb unseres Blickfelds, deshalb konnten wir vorab keinen Blick auf unseren Besucher werfen; doch so früh am Morgen vermutete ich nur den Briefträger, deshalb gab ich mir keine große Mühe mit meinem Aufzug und rief, dass ich am Kommen wäre. Als ich in Unterhose und mit ungekämmten Haaren die Tür aufschloss, stand jedoch nicht der Briefträger auf der Matte, der an einen solchen Anblick sicher gewöhnt war, sondern Edith.
»Hallo«, sagte ich leicht verwundert.
Edith schob sich an mir vorbei ins Zimmer. »Ich muss mit dir reden.« Sie warf sich aufs Sofa, das im einzigen »Empfangsraum« unserer Wohnung den Wohnbereich vom Essbereich trennte.
»Kann ich mich erst anziehen?«, fragte ich.
Sie nickte, und ich eilte ins Schlafzimmer zurück, wo ich die erstaunte Adela, die hastig in ihre Kleider fuhr, über die Identität unserer frühmorgendlichen Besucherin informierte.
Adela war als Erste fertig, und als ich zu ihnen stieß, hatte Edith schon eine Kaffeetasse in der Hand und ein Stück Toast vor sich. »Und?«, fragte ich. Es hatte nicht viel Sinn, so zu tun, als wäre ein solcher Überfall normal. Edith warf einen kurzen Blick auf Adela, die sofort aufsprang.
»Ich sollte mich lieber verdrücken, nicht wahr? Kein Problem. Ich habe jede Menge Papierkram zu erledigen …«
Edith winkte, damit sie sich wieder setzte. »Bleib ruhig. Es gibt keine Geheimnisse. Außerdem …« – sie sah sich in unserer winzigen Behausung um – »… wärst du sicher in Hörweite, egal, wohin du gehst.« Adela nahm wieder Platz, und wir warteten beide.
»Ich will Charles sehen.« Edith sprach mit ausdrucksloser Stimme, doch natürlich fanden wir ihre Aussage höchst interessant. Ich verstand nur nicht so ganz, warum sie das Bedürfnis verspürt hatte, im Morgengrauen vorbeizukommen und uns dies mitzuteilen, dennoch war ich fasziniert. Ich wurde rasch aufgeklärt, welche Rolle mir dabei zufiel. »Ich möchte, dass du das einfädelst.«
Adela fing meinen Blick auf und schüttelte schwach den Kopf. Ihr graute wie allen ihresgleichen, in solche Dinge verwickelt zu werden. Was dabei auch herauskommt, immer ist man irgendwie mitschuldig. Außerdem wollte Adela, wie sie mir später sagte, Lady Uckfields Feindschaft nicht auf sich ziehen, was wohl der unvermeidliche Nebeneffekt des vorgeschlagenen Plans wäre. Man muss natürlich bedenken, dass Adela von Anfang an ganz auf Lady Uckfields Seite stand.
»Warum brauchst du mich dazu?«, fragte ich ziemlich matt.
»Ich habe gestern in Broughton angerufen. Ich habe nach Charles gefragt, doch dann kam Googie ans Telefon. Sie behauptete, er wäre nicht da, aber ich bin sicher, dass er dort war. Ich habe in London und in Feltham angerufen und bekam überall die Auskunft, er wäre in Broughton.
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