Snow Crash
>Häretiker<. Die Orthos, die in die PREKK kamen, waren eine neue Sekte â allesamt Pentecosten. Irgendwie standen sie mit Reverend Waynes Pearly Gates in Verbindung. Wir hatten die ganze gottverdammte Zeit Missionare aus Texas bei uns, die sich mit ihnen getroffen haben. Sie redeten immer in Zungen. Die russisch-orthodoxe Kirche hielt es für Teufelswerk.«
»Wie viele dieser russisch-orthodoxen Pentecosten kamen in die PREKK?«
»Herrje, verdammt viele. Mindestens fünfzigtausend.«
»Wie viele Amerikaner lebten in der PREKK?«
»An die hunderttausend.«
»Und wie ist es den Orthos dann genau gelungen, das Land zu übernehmen?«
»Nun, eines Morgens wachten wir auf, und es stand ein Airstream mitten auf dem Government Square in Neu Washington, genau mitten zwischen den ganzen Bagos, wo wir die Regierung einquartiert hatten. Die Orthos hatten ihn in der Nacht dorthin
geschleppt und die Räder abgeschraubt, damit wir ihn nicht mehr entfernen konnten. Wir hielten es für eine Protestaktion. Wir forderten sie auf, ihn zu entfernen. Sie weigerten sich und verlasen eine Proklamation in Russisch. Als wir das verdammte Ding übersetzt hatten, entpuppte es sich als Befehl für uns, zu packen und abzuziehen und den Orthos die Macht zu überlassen.
Das war selbstverständlich lächerlich. Also gingen wir zu dem Airstream, um ihn wegzuschaffen, und Gurow erwartete uns mit einem hämischen Grinsen.«
»Gurow?«
»Ja. Einer der Flüchtis, die von der Sowjetunion über die Datumsgrenze kamen. Ehemaliger KGB-General, der zum religiösen Fanatiker geworden war. Er war eine Art Verteidigungsminister der Regierung, die die Orthos aufgestellt hatten. Gurow machte die Seitentür des Airstream auf und zeigte uns, was sich im Inneren befand.«
»Was befand sich im Inneren?«
»Nun, zum gröÃten Teil eine Menge Ausrüstung, Sie wissen schon, ein tragbarer Generator, Stromkabel, ein Kontrollpult und so weiter. Aber in der Mitte des Wohnmobils stand ein groÃer schwarzer Kegel auf dem Boden. Ungefähr wie eine Eiswaffel, nur etwa eineinhalb Meter lang und glatt und schwarz. Ich fragte, verdammt, was ist das für ein Ding? Und Gurow sagt, dieses Ding ist eine Zehn-Megatonnen-Wasserstoffbombe, die wir aus einem ballistischen Marschflugkörper ausgebaut haben. Kann eine ganze Stadt vernichten. Noch Fragen?«
»Also haben Sie kapituliert?«
»Blieb mir nichts anderes übrig.«
»Wissen Sie, wie die Orthos in den Besitz einer Wasserstoffbombe gekommen sind?«
Chuck Wrightson weià es eindeutig. Er macht den tiefsten Atemzug des Abends, stöÃt ihn wieder aus, schüttelt den Kopf und sieht über Hiros Schulter. Er trinkt ein paar kräftige Schluck aus seinem Bierglas.
»Ein sowjetisches Atom-U-Boot. Der Kommandant hieÃ
Owtschinnikow. Er war religiös und gläubig, aber kein Fanatiker wie die Orthos. Ich meine, wenn er ein Fanatiker gewesen wäre, hätten sie ihm kaum den Befehl über ein Atom-U-Boot gegeben, oder?«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Man muà psychologisch stabil sein. Was immer das heiÃen mag. Wie auch immer, nachdem in RuÃland alles auseinandergefallen war, sah er sich im Besitz dieser sehr gefährlichen Waffe. Er hatte sich entschieden, die gesamte Mannschaft von Bord gehen zu lassen und das Ding dann im Marinasgraben zu versenken. Um die ganzen Waffen für alle Zeiten zu begraben.
Aber irgendwie konnten sie ihn überzeugen, mit seinem Unterseeboot einigen Orthos zur Flucht nach Alaska zu verhelfen. Sie und eine Menge andere Flüchtis waren in Scharen zur Beringküste aufgebrochen. Und die Zustände in einigen dieser Flüchtilager waren ziemlich verzweifelt. Man kann schlieÃlich keine Nahrungsmittel in der Gegend anbauen, wissen Sie. Die Menschen starben zu Tausenden. Sie verhungerten, während sie darauf warteten, daà ein Schiff kam.
So lieà sich Owtschinnikow überzeugen, mit seinem Unterseeboot â das sehr groà und sehr schnell ist â ein paar dieser armen Flüchtlinge in die PREKK zu evakuieren.
Aber selbstverständlich reagierte er paranoid bei dem Gedanken, eine groÃe Zahl unbekannter Personen an Bord seines Schiffs zu lassen. Diese Atom-U-Boot-Kommandanten sind echte Sicherheitsfreaks, aus offensichtlichen Gründen. Daher haben sie strenge Vorschriften aufgestellt. Alle Flüchtis, die an Bord des Schiffs
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