Snow Crash
anhielten, um zu tanken, dann in riesigen Raststätten am absoluten Arsch der Welt, wo sie sich die abgelegenste Zapfsäule aussuchten, so daà niemand auch nur in ihre Nähe kam. Und sie hörten nie auf zu fahren. Ein Fahrer löste einfach den anderen ab.
SchlieÃlich kamen sie zur Küste. Y. T. konnte es riechen. Sie verbrachten ein paar Minuten wartend, Motor im Leerlauf, und dann holperte der Wagen über eine Art Schwelle, fuhr ein paar Rampen hinauf, hielt an, und die Handbremse wurde gezogen. Der Fahrer stieg aus und lieà sie zum erstenmal während der gesamten Reise allein im Wagen. Y. T. war froh, daà die Fahrt zu Ende war.
Dann fing alles an zu rumpeln, wie durch Motorenlärm, nur viel lauter. Eine Bewegung spürte sie erst Minuten später, als sie feststellte, daà sie sanft schaukelten. Der Wagen parkte auf einem Schiff, und das Schiff fuhr aufs offene Meer hinaus.
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Es ist ein richtiges seetüchtiges Schiff. Ein alter, beschissener, rostiger Dampfer, der auf dem Schiffsfriedhof wahrscheinlich fünf Piepen gekostet hat. Aber er transportiert Autos, er schwimmt, und er geht nicht unter.
Das Schiff ist genau wie der Wagen, nur gröÃer, mit mehr Menschen. Aber sie essen das gleiche, singen dieselben Lieder und schlafen seltener denn je. Inzwischen findet Y. T. es auf eine perverse Art tröstlich. Sie weiÃ, sie ist unter vielen anderen Menschen wie sie selbst, und sie ist in Sicherheit. Sie kennt die tägliche Routine. Sie weiÃ, wohin sie gehört.
Und so gelangen sie schlieÃlich zum FloÃ. Niemand hat Y. T.
gesagt, daà sie dorthin unterwegs sind, aber jetzt wird es überdeutlich. Sie müÃte Angst haben. Aber sie würden nicht zum Floà fahren, wenn es wirklich so schlimm wäre, wie alle behaupten.
Als es in Sichtweite ist, rechnet sie halb damit, daà man sie wieder mit Klebeband fesseln wird. Aber dann überlegt sie sich, daà das gar nicht nötig ist. Sie hat keinen Ãrger gemacht. Sie wurde hier akzeptiert, man vertraut ihr. In gewisser Weise erfüllt sie das mit Stolz.
Und sie wird auf dem Floà keinen Ãrger machen, weil sie höchstens von ihrem Teil davon auf das eigentliche Floà fliehen könnte. Als solches. Das echte FloÃ. Das Floà aus einhundert B-Filmen aus Hongkong und aus bluttriefenden japanischen Comics. Man braucht nicht gerade viel Phantasie, um sich vorzustellen, was aus einsamen fünfzehnjährigen blonden Mädchen auf dem Floà wird, und diese Leute wissen es.
Manchmal macht sie sich Sorgen um ihre Mutter, aber dann wird ihr Herz hart, und sie überlegt sich, daà das Ganze vielleicht gut für sie sein wird. Es wird sie ein wenig aufrütteln. Und das braucht sie. Nachdem Dad sie verlassen hat, hat sie sich einfach in sich selbst zurückgefaltet wie ein Origamivogel, der ins Feuer geworfen wird.
Eine Art äuÃere Wolke zahlreicher kleiner Boote begleitet das Floà eine Strecke von wenigen Meilen. Es sind fast ausnahmslos Fischerboote. Auf manchen befinden sich Männer mit Waffen, aber die machen keinen Scheià mit dieser Fähre. Die Fähre gleitet durch diese äuÃere Zone, vollzieht ein ausholendes Wendemanöver und steuert schlieÃlich auf eine weiÃe Sektion an einer Flanke des FloÃes zu. Wirklich weiÃ. Alle Schiffe hier sind neu und sauber. Daneben finden sich einige groÃe rostige Schiffe mit russischen Buchstaben auf den Seiten, und die Fähre dreht bei einem davon bei, Taue werden hinübergeworfen, dann mit Netzen, Planken und alten Autoreifen verstärkt.
Dieses Floà sieht ganz und gar nicht danach aus, als wäre es zum Skaten geeignet.
Sie fragt sich, ob es auf dieser Fähre noch andere Skater gibt.
Unwahrscheinlich. Echt, irgendwie sind das überhaupt nicht ihre Typen. Sie ist immer eine dreckige kleine Ratte der Highways gewesen, keiner dieser glücklichen Singsangtypen. Vielleicht ist das Floà genau das Richtige für sie.
Sie führen sie in eines der russischen Schiffe hinunter und geben ihr einen der gröÃten ScheiÃjobs aller Zeiten: Fische zerlegen. Sie will keinen Job und hat um keinen gebeten. Aber sie bekommt einen. Immer noch redet eigentlich keiner mit ihr, niemand erklärt ihr etwas, und genau darum zögert sie, zu fragen. Sie hat gerade einen massiven Kulturschock erfahren, weil die meisten Leute auf diesem Schiff alt und fett und russisch sind und kein Englisch
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