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Snow Crash

Titel: Snow Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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dieser Stuhlbomben -, stellt ihn direkt in die Ecke, wo die beiden Stahlwände zusammenlaufen, und setzt sich. Er bedeutet Y. T., das gleiche zu tun, und sie gehorcht, wendet dem Trubel aber den Rücken zu. Von hier kann sie Ravens Gesicht sehen, das überwiegend von reflektierten Lichtstrahlen der Spiegelkugeln über den Stripperinnen erhellt wird, und vom allgemeinen grün-roten Flimmern des Fernsehers, das ab und zu von einem grellen Blitz unterbrochen wird, wenn der Zeichentrick-Wolf den Fehler macht, wieder eine Wasserstoffbombe zu
schlucken, oder ihm das Mißgeschick zustößt, wieder einmal mit einem Flammenwerfer abgefackelt zu werden.
    Sofort ist ein Kellner zur Stelle. Raven brüllt über den Tisch hinweg auf sie ein. Sie kann nicht verstehen, was er sagt, aber vielleicht fragt er sie, was sie haben will.
    Â»Einen Cheeseburger!« schreit sie zurück.
    Raven lacht. »Hast du irgendwelche Kühe hier gesehen?«
    Â»Alles, bloß keinen Fisch!« schreit sie.
    Raven unterhält sich eine Weile in einer Abhandlung von Taxilingua mit dem Kellner.
    Â»Ich hab’ dir Tintenfisch bestellt«, bellt er. »Das ist eine Molluske.«
    Klasse. Raven, der letzte der wahren Gentlemen.
    Es folgt eine gebrüllte Unterhaltung, die fast eine Stunde dauert. Raven brüllt die meiste Zeit. Y. T. hört einfach nur zu, lächelt und nickt. Hoffentlich sagt er nichts wie »Ich stehe auf echt brutalen, perversen Sex.«
    Sie glaubt nicht, daß er überhaupt darüber redet. Er redet über Politik. Sie hört eine bruchstückhafte Geschichte der Aleuten, hier und da ein paar Worte, wenn Raven sich nicht gerade Tintenfisch in den Mund steckt und die Musik nicht zu laut ist:
    Â»Russen haben uns verarscht... Windpocken, neunzig Prozent Sterblichkeitsrate... als Sklaven ihrer Fischfangindustrie gearbeitet... Sewards Wahn... Scheißjapaner haben zweiundvierzig meinen Vater geholt, auf Dauer in ein Scheißkriegsgefangenenlager gesteckt...
    Dann haben uns die Scheißamerikaner mit Atomwaffen verseucht. Kannst du das glauben?« Die Musik wird leiser, plötzlich kann sie ganze Sätze hören. »Die Japaner behaupten, sie sind die einzigen, die je mit Atomwaffen verseucht wurden. Aber jede Atommacht hat eine Eingeborenengruppe, deren Heimat sie verseucht hat, um ihre Waffen zu testen. In Amerika haben sie die Aleuten verseucht. Amchitka. Mein Vater«, sagt Raven und grinst stolz, »wurde zweimal verseucht: einmal in Nagasaki, da wurde er blind, und dann noch einmal 1972, als die Amerikaner Atomwaffen in unserer Heimat getestet haben.«

    Klasse, denkt Y. T. Sie hat einen neuen Freund, und der ist ein Mutant. Das erklärt einiges.
    Â»Ich wurde ein paar Monate später geboren«, fährt Raven fort, als wollte er es ihr mit dem Vorschlaghammer einbleuen.
    Â»Wie bist du an diese Orthos geraten?«
    Â»Ich wurde unseren Traditionen entfremdet und landete in Soldotna, wo ich an Ölbohrtürmen arbeitete«, sagt Raven, als müßte Y. T. wissen, wo Soldotna liegt. »Da fing ich an zu trinken und bekam das«, sagt er und deutet auf seine Tätowierung. »Und da habe ich auch gelernt, wie man Sex mit einer Frau macht – das ist das einzige, das ich noch besser kann als harpunieren.«
    Y. T. kann sich der Vorstellung nicht erwehren, daß Ficken und Harpunieren in Ravens Kopf sehr viel miteinander zu tun haben. Aber so grob der Mann auch sein mag, sie kann nicht leugnen, daß er sie unbehaglich geil macht.
    Â»Ich hab’ auch auf Fischerbooten gearbeitet und ein bißchen Geld nebenbei verdient. Wir kamen von einem achtundvierzigstündigen Heilbuttfischzug zurück – das war in den alten Zeiten, als es noch Fischfangvorschriften gab -, und dann haben wir unsere Schwimmanzüge angezogen, Bierdosen in die Taschen gesteckt, sind ins Wasser gesprungen und haben uns einfach nur treiben lassen und die ganze Nacht durchgetrunken. Einmal hab’ ich soviel getrunken, bis ich ohnmächtig wurde. Und als ich aufwachte, war es am nächsten Tag oder ein paar Tage später, ich weiß nicht. Und ich trieb ganz allein in meinem Schwimmanzug mitten in der Cookstraße. Die anderen Jungs auf dem Fischerboot hatten mich vergessen.«
    Kam ihnen wohl gerade recht, denkt Y. T.
    Â»Wie dem auch sei, ich trieb ein paar Tage. Zuletzt bin ich auf Kodiak Island an Land gespült worden. Da ging es mir schon echt mies, Delirium

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