Snuff: Roman (German Edition)
Sieht den Jungen an, Nummer 72. Dann den Handy-Mann, der jetzt gehfertig ist. Sheila sagt: »Nur dieses eine Mal...« Sie zeigt mit dem Daumen auf ihn und sagt: »Nummer 14, komm her.« Sie zeigt auf den Jungen und sagt: »Nummer 72, bleib, wo du bist.«
Und schon reden alle wieder weiter, zermalmen ihre Tacochips, gehen pinkeln und vergessen, die Spülung zu betätigen. Entkrampfen ihre Finger. Auf den Monitoren schwitzt der hässliche Itaker dermaßen, dass ihm die Bräunungscreme in braunen Zebrastreifen über die Backen läuft und die trockene, schuppige, gebratene Haut darunter zum Vorschein kommt. Ohne jemand Besonderen anzusprechen, zeige ich auf einen Monitor und sage: »Leute, könnt ihr mir einen Gefallen tun?« Ich sage: »Tötet mich, wenn ich jemals so übel aussehen sollte.«
Neben mir, ein wenig hinter mir, steht Nummer 137 und sagt: »Das war knapp.«
Und Nummer 72, der Junge, sagt: »Was ist ein Fluffer?«
Und Cord Cuervo sagt: »Mann, was redest du da?« Er macht eine Faust und stupst mich an die Schulter. Seine Bräunungscreme bleibt an meiner kleben, so dass er seine Knöchel einzeln von meiner Schulter abschälen muss. Er sagt: »Der da auf dem Bildschirm? Das bist du , Mann. Vor fünf Jahren oder so.«
18
Mr. 72
Mr. Bacardi starrt auf die Pornos, die überall auf den Monitoren laufen, und sagt immer wieder: »Nein... absolut ausgeschlossen.«
Mr. Bacardi steht da wie angenagelt und glotzt die Monitore an, packt mit zwei Fingern die schlaffe Haut unter seinem Kinn, zieht sie stramm und lässt wieder los. Er befühlt seine Wangen, streicht die Haut zu den Ohren zurück, so dass die Falten um seine Lippen verschwinden, und sagt: »Dieser Scheißkameramann, der ist schuld, dass ich so beschissen aussehe.« Seine Haut ist stellenweise so faltig wie meine rosa Plastikpuppe. Sagt immer wieder: »Niemals. So kaputt sehe ich nicht aus. Diese verfluchten Beleuchter...«
Nummer 137, der mal Dan Banyan war, hebt seinen Autogrammhund hoch, sieht ihm in die Knopfaugen und sagt: »Da streitet mal wieder einer alles ab...«
Die Schlagzeilen der Zeitungen, die man an der Supermarktkasse kaufen kann, sagen die Wahrheit. Die Klatschgeschichten, warum Dan Banyans TV-Serie nicht mehr gesendet wird. Das waren keine Gerüchte, das war tatsächlich so.
»Ich war am Verhungern. Ein hungernder Schauspieler«, sagt Nummer 137; er blickt nach oben, aber nicht auf die Monitore. Stattdessen grinst er die Decke an. Lacht das Nichts da oben an. Und er sagt: »Wenn es einen gibt, der nachempfinden kann, wie Cassie Wright sich in diesem Moment fühlt, dann bin ich das...«
Über uns auf den Monitoren agiert meine Mom in The Italian Hand Job , wo sie eine internationale Verbrecherin spielt, die irgendwo irgendwelche Kronjuwelen stehlen will.
Mr. Bacardi zieht den Bauch ein, richtet sich auf und sagt: »Billigproduktionen wie dieses Video da haben eine beschissene Auflösung.« Er sagt: »Das hätten sie genauso gut von einem Satelliten aus drehen können.«
Nummer 137 nennt es Wut.
»Ich war in deinem Alter«, sagt Nummer 137 und sieht mich an. Dan Banyan holt tief Luft und bläst sie langsam wieder aus. Er zieht die Schultern bis zu den Ohren hoch und sagt: »Dauernd hat die Finanzierungsgesellschaft mich angerufen, dass ich ihnen mein Auto zurückgeben soll. Ein paar Raten zu spät gezahlt, und schon haben sie mir die Zinsen auf dreißig Prozent erhöht.« Er lässt die Schultern sinken, so dass seine Hände fast in Höhe seiner Knie hängen, und sagt: »Dreißig Prozent! Bei fünfundzwanzigtausend im Minus sah das für mich aus, als müsste ich das bis an mein Lebensende abstottern.«
Und deshalb habe er einen Pornofilm gemacht, sagt er.
»Manchmal braucht es nur wenige Sekunden«, sagt Nummer 137, »um sich das ganze Leben zu versauen...«
Er fragt, ob ich den Film Three Days of the Condom kenne. Er sagt: »Tja, davon habe ich mein Auto bezahlt. An das Grundkapital auf meinem Konto wollte ich nicht ran, aber den Wagen musste ich unbedingt behalten.«
Er hatte nicht gedacht, dass irgendwer diesen Film sehen würde. Mit seiner Schauspielerei ging es damals nicht weiter. Das war zehn Jahre, bevor er als Privatdetektiv Dan Banyan seinen Durchbruch hatte.
Dieser Kondomfilm hängt seitdem immer über seinem Kopf.
»Wer bei einem Schwulenporno mitmacht, Gangbang nur mit Männern, hat sich aufgegeben«, sagt er. Er hebt eine Hand und lässt den Blick durch den Raum schweifen. Er sagt: »Du und jeder
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