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Snuff: Roman (German Edition)

Snuff: Roman (German Edition)

Titel: Snuff: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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lassen. Wenn sie mich nicht zurückgehen und nachsehen lässt, sage ich ihr, rufe ich die Polizei. Ich tappe mit einem nackten Fuß auf den Betonboden des Korridors, einen Schritt von der Gasse entfernt, und warte.
    Und die Assistentin sieht auf ihre Uhr und sagt: »Okay.« Sie sagt: »In Ordnung.« Sie seufzt und sagt: »Komm rein und sieh nach.«
    Ich stehe oben auf der Treppe, sehe auf die wenigen noch wartenden Darsteller hinunter und sage: Meine Herren. Nur mit meiner Unterhose bekleidet, verbeuge ich mich aus der Hüfte, breite die Arme aus und sage: Ihr seht hier vor euch einen nicht mehr hundertprozentigen Schwulen.
    Mr. Toto unterm Arm, einen Kartoffelchip auf halbem Weg zum Mund, der junge Darsteller 72. Er sagt: »Ist sie tot?«
    Branch Bacardi sagt: »Was sollte das?« Er tippt sich an die Stirn und sagt: »Die konnten dein Gesicht nicht zeigen. Deine Publicity kannst du vergessen.«
    Um den Augenblick in die Länge zu ziehen, gehe ich erst einmal eine Stufe hinunter. Dann noch eine. Auf den Monitoren nimmt Cassie Wright die Hand eines tauben und blinden Darstellers. Sie faltet seine Finger wie einen Regenschirm zusammen, drückt seine Hand zwischen ihre Beine und sagt: »Wasser...« Meine Lieblingsszene aus The Miracle Sex Worker . Auf der nächsten Stufe verweile ich wieder ein wenig. Schweigend schlendere ich über den Beton langsam auf Bacardi zu. Wortlos nickend nehme ich Mr. Toto von dem jungen Mann entgegen.
    Stumm lächelnd hebe ich eine Hand und streiche mir die Haare aus der Stirn, so dass die Schrift darauf erscheint: »How I loVe U...« Darunter das Autogramm von Cassie Wright.
    Zu dem jungen Schauspieler 72 sage ich: »Das war ihre Idee.« Ich berühre die Fingerspitzen einer Hand mit meinen Lippen, blase einen Kuss Richtung Treppe und Set und sage: »Deine Mutter ist ein echter Engel.«
    Branch Bacardi, seine rasierte Brust kahl und leer, verdreht die Augen. Das Amulett ist nicht mehr da. Er sagt: »Du hast es also geschafft, du hast sie gefickt.«
    Ich will ja nicht angeben, aber ich war tatsächlich so gut, dass ich mich frage, ob mein lieber armer Vater in Oklahoma in Wirklichkeit vielleicht gar nicht so pervers ist, wie er behauptet hat.
    Nummer 72 hat etwas in seiner geballten Faust – das Amulett, die Kette baumelt zwischen seinen Fingern. Er sieht Bacardi an und sagt: »Das frag ich mich allmählich auch.«
    Und die Assistentin ruft von der Treppe runter: »Meine Herren, darf ich um Aufmerksamkeit bitten...«
    Die Tüten an der Wand, meine muss auch noch dabei sein. Im Keller ist es dunkler geworden, seit ich gegangen bin. Das Streulicht der Monitore weniger hell.
    Nummer 72 sagt: »Mr. Banyan?« Er öffnet die Faust und hält sie mir unter die Nase. In der gewölbten Handfläche liegen zwei Pillen, und er fragt: »Welche davon hast du mir für mein Erektionsproblem gegeben?«
    »Ich brauche die folgenden Darsteller«, ruft die Assistentin.
    Beide Pillen sehen gleich aus.
    »Nummer 471...«, sagt die Assistentin. »Nummer 268...«
    Ich blinzle. Ich zwinkere. Ich beuge mich zu weit vor, zu schnell, und schlage mit der Stirn an die Hand des Schauspielers. »Stillhalten...«, sage ich. Ich kneife das rechte Auge zu und bin blind. Ob auf oder zu, mit dem linken Auge kann ich nicht sehen. Hab ich’s nicht gesagt? Der Minischlaganfall oder was, wovon die Assistentin und Bacardi geschwafelt haben.
    In diesem Augenblick, wo ich Branch Bacardi in der Hand habe, in diesem magischen Augenblick, wo er nach meiner Pfeife tanzt, will ich nicht zulassen, dass er recht behält. Ich taumle umher, bis ich mit der Hüfte an einen Büffettisch stoße, und, ohne etwas zu sehen, taste ich herum und nehme den erstbesten Snack, den ich zu fassen kriege. Ich stecke mir das Zeug in den Mund und fange an zu kauen. Ganz locker. Ganz lässig.
    Die Assistentin sagt: »... und Nummer 72.«
    Der junge Schauspieler sieht auf seine Hand. Er sagt: »Schnell, bitte. Welche soll ich nehmen?«
    An der Hand des jungen Schauspielers rieche ich Cheddarkäse, Knoblauch, Butter und Essig. Und Rosen.
    Aber ich kann nicht sehen. Es ist zu dunkel, die Pillen sind zu klein.
    Der Snack in meinem Mund, an dem meine Zähne herumkauen, ist ein aufgerolltes fabrikneues Kondom. Beschichtet, es hat den bitteren Geschmack von spermizidem Gleitmittel. Und es glitscht an meiner Zunge.
    Die Assistentin ruft: »Nummer 72, sofort zum Set. Jetzt. Auf der Stelle.«
    Branch Bacardi und alle anderen warten.
    Und ich... ich zeige einfach. »Die

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