Snuff: Roman (German Edition)
Feuerzeug und eine Handvoll Kleingeld zum Telefonieren mit ins Grab gegeben hat. Den Komiker Ernie Kovacs hat man mit einer Tasche voll handgerollter Havanas begraben.
Als Rüsselrupfer Bela Lugosi 1956 starb, begrub man ihn in seinem Vampirkostüm. Die Beerdigung hätte aus einem seiner Draculafilme sein können, denn selbst noch im Sarg hatte er diese Zähne im Mund. Und den Umhang um und alles.
»Walt Disney ist nicht tiefgefroren«, sagt Ms. Wright. »Er ist eingeäschert worden, die Urne steht neben der seiner Frau in einer Gruft. Greta Garbos Asche wurde in Schweden verstreut. Die von Marlon Brando hat man um die Palmen auf seiner privaten Südseeinsel gestreut. 1988, vier Jahre nach seinem Tod, hat Peter Lawford immer noch zehntausend Dollar Schulden, die seine letzte Ruhestätte im Westwood Village Memorial Park kosten sollte – in unmittelbarer Nähe der schönsten Frau aller Zeiten. Es kam zur Zwangsräumung, und Lawfords Asche wurde ins Meer gekippt.«
Unterdessen greife ich zum Rouge. Konturiere Ms. Wrights Nase mit dunklerem Puder. Ziehe die Umrisse ihrer Lippen nach.
Die Tür zur Gasse schwingt auf, und zwei Leute von der Filmcrew kommen rein. Schnipsen Zigaretten hinter sich. Der Tontechniker und ein Kameramann, beide riechen nach Rauch und kalter Luft. Das Licht in der Gasse wechselt von schwarz zu dunkelblau. Das ferne Ozeanrumpeln des Verkehrs. Die morgendliche Stoßzeit.
Während ich ihre Lippen schminke, erzählt Ms. Wright von einem Rubbelkönig namens Wallace Reid, genannt der »König von Paramount«; dieser Hüne von einem Mann starb, als er in einer Gummizelle von seiner Morphiumsucht loszukommen versuchte.
Als sich nach dem Aufkommen des Tonfilms nicht mehr verheimlichen ließ, dass die elegante, vornehme Marie Prevost wie eine primitive Proletin sprach, hörte sie auf. Trank sich zu Tode. Starb hinter ihrer verschlossenen Wohnungstür, und ihr ausgehungerter Dackel Maxie nagte tagelang an ihr herum, ehe der Hausverwalter bei ihr anklopfte.
»Marie Prevost wurde vom größten weiblichen Filmstar zu Hundefutter – einfach so«, sagt Ms. Wright und schnippt mit den Fingern.
Filmstar Lou Tellegen kniete vor einem Stapel seiner Autogrammkarten und Zeitungsausschnitte und riss sich mit einer Schere die Eingeweide raus. John Bowers ging ins Meer. James Murray sprang in den East River. George Hill schoss sich mit einem Jagdgewehr in den Kopf. Milton Stills steuerte seine Limousine auf dem Sunset Boulevard über den Rand der Todeskurve. Die schöne Peg Entwistle kletterte auf einen der HOLLYWOOD-Buchstaben und stürzte sich in den Tod. Covergirl Gowili Andre verbrannte sich auf einem Scheiterhaufen aus ihren Zeitschriftenfotos.
Ein Spritzer Parfüm, ein paar Striche mit der Bürste, und ich bin fertig.
Ms. Wright macht die Augen auf.
Keine Giftwatte in ihrer Nase. Kein Ventil im After. Blaue Kontaktlinsen, blau wie der Wüstenhimmel, schwimmen auf ihren Augäpfeln. Keine zerschnittenen Tischtennisbälle.
Hitlers perfekte blonde, blauäugige Idealvorstellung von einer Sexpuppe.
Ms. Wright besieht sich im Spiegel über der Garderobe. Verrenkt den Hals, um ihr Profil von rechts und von links zu betrachten. Sagt: »Es gibt immer noch schlimmere Arten, ins Gras zu beißen...« Ihre Hand zupft ein Papiertuch aus der Schachtel, und ihre Lippen sagen: »Ich habe mein Leben lang nur für mich gelebt.« Sie zieht das Tuch mit beiden Händen stramm und schließt ihre Lippen darüber. Macht einen Abdruck. Und sagt dabei: »Nicht dass ich mit Joan Crawford zu vergleichen wäre.«
Ihre Lippen schälen sich von dem Tuch und hinterlassen einen perfekten roten Kuss. Sie sagt: »Aber vielleicht ist es Zeit, dass ich etwas für mein Kind tue.«
Ich strecke die Hand nach dem Tuch aus und sage: »Deinen Jungen?«
Und Ms.Wright antwortet nicht. Nimmt das Tuch mit dem Abdruck ihrer perfekten Lippen. Reicht mir das schmutzige Tuch.
25
Mr. 600
Der Teddymann steht seitlich neben mir und dreht den Kopf von mir weg. Er meint, ich sehe nichts, aber jetzt zieht er zwischen seinen geschminkten Lippen einen zerkauten gebrauchten Gummi hervor. Irgendein altes Kondom, das er mal benutzt hat, vielleicht hat er es auch eben am Set gefunden, ich will es gar nicht wissen. Nachdem ich so viele Schwulenpornos gesehen habe, überrascht es mich nicht, dass denen einer abgeht, wenn sie ihr eigenes Zeug fressen. Oder auch das von fremden Leuten.
Der Junge hält ihm die beiden Pillen hin, die Ständerpille und das
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