So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren
all ihren Gedanken, Gesten und Handlungen lagen Leichtigkeit und Eleganz.
Was uns auseinandergebracht hat, war ihre Drogensucht. Dabei zuzusehen, wie sie sich selbst zerstörte, hielt ich nicht aus.
Zwischen uns gab es eine instinktive Komplizenschaft, über die aber mit der Zeit immer mehr dunkle Wolken aufzogen. Ich machte mir höllisch Sorgen um sie. Allmählich wurde es lebensbedrohlich, das spürte ich.
Sie saß eines Abends bei mir auf dem Sofa, als sie plötzlich sagte: »Mir geht es schlecht. Ich habe solche Schmerzen. Bitte ruf sofort den Notarzt.«
Von ihm wollte sie nur eines: Palfium, das ist ein Opioid, das dreimal stärker als Morphin ist. Mir war klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Mehrmals besuchte sie eine Entzugsklinik, aber immer umgarnte sie jemanden vom medizinischen Personal, der ihr schließlich das gab, was sie wollte.
Verdrossenheit stellte sich ein, aber die Freundschaft blieb zunächst, dann war es nur noch zärtliche Zuneigung, schließlich lediglich Anteilnahme.
Körper, die uns anziehen, gibt es viele, Herzen weniger; aber Menschen, die uns mit ihrem Scharfsinn und ihrer Klugheit bezaubern, sind rar. Ich konnte nicht mehr mit ihr lachen. Wie sollte ich sie dann lieben?
Zuzusehen, wie jemand, für den man Respekt und Freundschaft empfindet, den man bewundert und liebt, sich selbst zerstört, ist furchtbar.
Es war sicher ihr Wunsch, dass ich aus ihrem Leben verschwand. Ich hatte ihr erklärt, dass ich ihren Drogenkonsum nicht mehr ertrug. Aber sie ertrug ihn. Also ging ich.
Als sie zu Ingrid Mechoulam in die Avenue Foch gezogen war, habe ich sie manchmal extrem glücklich erlebt, wie ein verwöhntes Kind; aber nach und nach wirkte sie immer öfter gequält. Gegen ihre Drogenabhängigkeit war sie machtlos. Sie wollte vor etwas fliehen, vor etwas, das sie nicht den Mut hatte, aus ihrem Leben zu entfernen.
Vielleicht ist sie mit ihrer Abhängigkeit nicht sorgsam genug umgegangen. Vielleicht war es aber auch das Richtige für sie, sich langsam, aber sicher zu zerstören.
Mit ihrem schrecklichen Schicksal kann ich mich nicht abfinden. Was für ein Willkürakt der Natur … Ein glückliches Leben war ihre Bestimmung. Dafür war sie gemacht, nicht für ein unglückliches.
Sie spielte und lachte gern, wie ein Kind, das sie immer geblieben war.
Freundschaft will manchmal Liebe werden. Freundschaft aber, das ist Liebe, die aufrecht steht, die aufrecht geht. Wir waren Freundinnen, eine jede war verheiratet mit einem schönen Menschen.
Mit Gérard Jouannest habe ich viele Reisen unternommen, viele Tourneen gemacht … Wie oft standen wir gemeinsam auf der Bühne? In schwierigen Augenblicken halfen wir einander. Wir waren und sind eine verschworene Gemeinschaft, das ist der Quell unserer Liebe. Ein Glück, ein Abenteuer, das wir teilen.
Unser Arbeitsverhältnis ist symbiotisch. Er spielt Klavier, ich singe. Gérard kennt mich musikalisch und menschlich in- und auswendig. Das ist nichts Zusammengesetztes mehr, das ist ein Ganzes, eine Einheit. Etwas sehr Starkes. Unsere gemeinsame Wahrheit. Und dann sind da noch sein sensationeller Humor und sein immenses Talent. Deshalb mag unsere Verbindung nicht enden.
Laurence-Marie
Als ich mein Kind erwartete, musste ich häufig in die Klinik Belvédère in Boulogne fahren.
Eine Fehllage der Plazenta verbot mir das Stehen. Sonst könnte es zu Blutungen kommen.
Am Tag, an dem die ersten Wehen einsetzten, behielt man mich da. Mein Chirurg, ein Katholik, war ratlos, denn die Lage war schwierig. Für wen sollte er sich entscheiden, für das Leben der Mutter oder das Leben des Kindes? Zum Glück haben sich Medizin und Leben für beide entschieden. Danke.
Ich war direkt mit einem Blutspender verbunden, er lag neben mir in einem Bett. Der Mann war kleinwüchsig. Ich bin diesem Menschen heute noch dankbar. Mein Kind konnte ich erst nach einer Woche sehen.
Die ersten drei Lebensjahre kümmerte sich zu Hause eine Amme um meine Tochter. Wenn ich unterwegs war, nahm sie Laurence-Marie oft zu sich nach Hause mit. Ihr Sohn war an Tuberkulose erkrankt, was ich nicht wusste. Auch Laurence-Marie erkrankte, eine Primärinfektion.
Ich beschloss, sie in ein Schweizer Internat zu schicken, wo sie mit Gleichaltrigen zusammenleben konnte. Das Haus wurde beispielhaft von einer Frau geführt, die liebevoll über meine Tochter wachte. Ich kümmerte mich um mein Kind, sooft ich Zeit hatte.
Wenn sie bei mir in Paris war, widmete ich mich nur ihr. Mit Ungeduld
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