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So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

Titel: So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliette Gréco
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der Picardie. Michel liebt unser Haus dort. Er spielt mit den Kindern. Er mag die Landschaft.
    Beide arbeiten wir viel. Er geht zu Dreharbeiten, ich gebe Konzerte. So sehen wir uns oft wochenlang nicht.
    Wenn wir dann wieder unter einem Dach wohnen und Michel eine neue Rolle einstudiert, dann schlüpft er so sehr in diese Figur, dass es für uns Mitbewohner amüsant, aber auch recht schwierig werden kann. Seine Arbeit nimmt immer mehr Platz ein.
    Sehr, sehr langsam und unmerklich zieht sich jeder vom anderen zurück.
    Michel verstand nicht, warum ich mich von ihm scheiden ließ. Er sagte: »Meine Frau spinnt.«
    Das ist nicht falsch. Aber zehn Jahre waren ins Land gezogen, und ich verspürte wieder Langeweile. Das bedeutete das Ende.
    Françoise Sagan
    Liebe und Freundschaft vermischen sich manchmal auf undurchschaubare Weise.
    Françoise Sagan konnte Freundschaft und Liebe, Geist und Körper nie gut voneinander trennen. Das verstehe ich vollkommen.
    Schon bei unserer ersten Begegnung lachten und spielten wir miteinander wie Kinder. Jugendliche Verrücktheit und nahezu kindliche Unschuld machten aus unserem Zusammentreffen etwas Magisches. Unsere Leben unterschieden sich vollkommen, doch hatten wir beide den gleichen Drang nach Freiheit.
    Während sie sich die Nächte um die Ohren schlägt, um der Helligkeit zu entfliehen, und mit ihrem Sportwagen todesmutig durch die Gegend rast, singe und filme ich ohne Unterlass. Wir verstehen uns, wir haben beide Spaß am Risiko.
    Allerdings hat sie einen romantischen Hang zur Selbstzerstörung, der mir fremd ist. Unser beider Verhältnis zur Außenwelt ist ein bisschen ähnlich. Wir sind befangen und misstrauisch. Das verdanken wir unserem plötzlichen Erfolg.
    1955 lernte ich sie kennen. Ihr Roman Bonjour tristesse war gerade erschienen. Sie besuchte mich in der Rue de Verneuil, weil sie Chansons schreiben wollte. Sie brachte vier sehr schöne Liedtexte mit, die Musik dazu stammte von dem jungen, talentierten Komponisten Michel Magne, dem sie in einem Cabaret begegnet war. Magne wird eine Blitzkarriere hinlegen, er komponierte unter anderem an die hundert Filmmusiken.
    Ihre Liedtexte gefielen mir, und deshalb nahm ich »Sans vous aimer«, »Le jour«, »La valse« und »Vous mon c œ ur«auf Platte auf. Der Jazzpianist Claude Bolling arbeitete an den Arrangements mit.
    Wir waren zwei unverbesserliche Spaßvögel. Wir nahmen das Leben nicht richtig ernst; die Grausamkeit, wie sie Kindern eigen ist, wurde von uns weiter gepflegt. Dabei war ich noch radikaler als Françoise. Sie schlich oft wie die Katze um den heißen Brei herum, drückte sich weitschweifig und verklausuliert aus, egal, ob sie sich nur von ein paar Leuten verabschieden oder vier Männer auf einmal betrügen wollte.
    Vier Männer auf einmal betrügen, ja, das ist machbar. Aber wenn man keinerlei Porzellan dabei zerschlagen und es jedem recht machen will, wird es schwierig. Selbst wenn man eine gute Lügnerin ist. Und das war sie.
    Ich habe eher Dinge verschwiegen, ich erzählte nicht alles. Das Erfinden war nicht meine Stärke.
    Unsere Beziehung, das war wie eine Reise zurück in die Kindheit, rein und verführerisch. Wenn man sagt: »Die beiden standen sich sehr nahe«, hat man gar nichts gesagt.
    War es eine Liebesgeschichte? Auch das stimmt so nicht. Auch wenn Françoise und ich einander behutsam beschützten, wie nur Liebende es können.
    Das Band zwischen uns hielt mehrere Jahre, ob wir zusammen waren oder nicht. Gemeinsam brachten wir 1963 das Theaterstück Russisches Dreieck auf die Bühne . Françoise hatte es geschrieben, ich spielte an der Seite von Daniel Gélin, Jean-Louis Trintignant und Michel de Ré. Pat komponierte die Bühnenmusik.
    Bei dieser Theaterarbeit amüsierten wir uns prächtig, begingen aber auch eine Menge Fehler.
    Eines Abends saßen wir in der Rue de Verneuil zusammen und unterhielten uns.
    Ich war damals mit einem Mann zusammen, der mich zu langweilen begann. Françoise wollte mich aus dieser Ödnis befreien. Ich hatte mir einen Satz zurechtgelegt, mit dem ich ihm endgültig den Laufpass geben wollte.
    »Du bist dir schon im Klaren darüber, dass du mich so sehr langweilst, dass ich noch nicht einmal mehr die Energie aufbringe, mir die Beine zu rasieren.« Françoise ließ mich den Satz wieder und wieder proben, bis sie in schallendes Gelächter ausbrach, was mich wiederum zum Lachen brachte.
    Wenn ich an sie denke, drängt sich mir das Wort »besonders« auf: Sie war besonders. In

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