Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
Vom Netzwerk:
kriechst zur Tür. Der Spalt ist nur einen Millimeter groß, aber du legst dich hin und schaust hindurch. Draußen ist es immer noch hell. Der Duschraum sieht aus wie immer, mit Leuchtstoffröhren und blanken Kacheln. Dort draußen wirkt die ganze Welt so, als ob nichts Furchtbares passiert wäre, als ob es Die Viererbande nicht geben würde.
    Schließlich, irgendwann, als du fast bewusstlos bist, kletterst du langsam die Holztreppen zu der Dose hoch, die halb voll mit einer unbekannten Flüssigkeit ist. Und dann trinkst du die auch. Sie ist warm und sauer und zähflüssig, aber du trinkst und trinkst und leerst die Dose. Du bist zu durstig, um dich darum zu scheren, was es ist, was dir die Kehle hinunterläuft.
    Als alles unten ist, schluckst du heftig.
    Presse die Lippen aufeinander, du darfst nicht kotzen. Du musst die Flüssigkeit im Magen behalten, sonst stirbst du.
    Aber inzwischen willst du sterben. Warum kämpfst du dann hier noch Minute um Minute in der Dunkelheit?
    Du legst dich wieder auf den Boden. Ist Samstag oder Sonntag? Du hast aufgegeben, du liegst nur noch da.
    Â»Vielleicht bin ich dort auf dem Boden ja gestorben«, überlegte Jan. »Vielleicht ist die Klapse ja der Himmel?«
    Während er erzählte, hatte er sich offenbar auf den Fußboden gelegt, und irgendwie war sein Kopf in ihrem Schoß gelandet. Er sah zu Rami hoch, doch sie schüttelte den Kopf.
    Â»Du bist nicht gestorben.«
    Sie beugte sich zu ihm hinunter und öffnete den Mund. Jan sah ihre Zungenspitze und erwartete den zweiten Kuss seines Lebens, aber Rami zielte auf seine Augen.
    Sie verschloss seine Augenlider mit ihrer Zunge, erst das rechte, dann das linke.
    Und als seine Augen geschlossen waren, steckte sie die Zunge in seinen Mund. Dieser Kuss fühlte sich besser an als der erste, wie eine minutenlange Reise durch das Firmament. Er spürte ihren Oberkörper an seinem. Er war weich, nicht hart, wie er erwartet hatte.
    Schließlich ließ Rami seine Lippen los, gab einen leisen Seufzer von sich und sah ihn an.
    Â»Aber du bist doch gerettet worden, oder?«
    Jan nickte still. Er wollte den Rest seines Lebens hier liegen und nicht mehr an die Sauna denken.
    Schließlich hörst du ein Geräusch durch die Holztür. Draußen im Umkleideraum ist Lärm.
    Du schlägst die Augen auf. Die Sauna ist unverändert heiß, aber du frierst dennoch.
    Erneut Geräusche. Schuhe, die über den Kachelfußboden trampeln.
    Â»Hallo?«, ruft eine Männerstimme.
    Du versuchst aufzustehen, kommst auf die Knie, doch dann kannst du nicht mehr. Du fällst, direkt gegen die Saunatür. Deine Arme schlagen an die Holzpaneele, dann deine Stirn. So verharrst du und versuchst zu klopfen.
    Da geht die Tür auf.
    Sie wird so schnell aufgerissen, dass du das Gleichgewicht verlierst. Du fällst nach vorn, direkt auf die Kacheln.
    Die Luft im Duschraum ist eiskalt. Der Schock ist so groß, dass du, ohne es zu wollen, wieder in einer dunklen Übelkeit versinkst, aber sie währt nur ein paar Sekunden, denn als du aufwachst, steht der Mann noch dort. Er, der dich befreit hat.
    Ein Tennisspieler. Er hat graues Haar, einen grauen, buschigen Schnauzbart und einen weißen Trainingsanzug. In der Hand hat er einen Besenstiel, und allmählich begreifst du, dass Die Viererbande den Stiel dazu benutzt haben muss, um die Tür zu verkeilen, ehe sie abhaute.
    Der Mann sieht dich fassungslos an, als ob du eine Art Trick angewendet hättest, um aus der Sauna aufzutauchen.
    Â»Warst du da drin?«, fragt er.
    Du hustest und atmest keuchend, antwortest aber nicht. Dein Hals ist zu trocken. Du kriechst nur auf dem Kachelfußboden an deinem Retter vorbei, vorbei an seinen weißen Schuhen, und erhebst dich dann langsam.
    Du lebst noch.
    Dann stolperst du zum Waschbecken am Eingang und drehst mit zitternder Hand den Kaltwasserhahn auf. Du trinkst und trinkst und trinkst. Fünf große Schluck, sechs oder sieben. Bis der Magen zu schmerzen beginnt, das Wasser ist zu kalt.
    Â»Hat dich jemand eingeschlossen?«
    Das ist der Tennisspieler, er lässt nicht locker. Er erwartet eine Antwort. Erklärungen. Aber du schüttelst den Kopf und stolperst aus dem Duschraum.
    Endlich bist du draußen. Du frierst so, dass du jetzt zitterst, kannst dich aber nicht dazu überwinden, dich in eine Duschkabine zu stellen und das heiße Wasser aufzudrehen. Du willst nur raus, um

Weitere Kostenlose Bücher