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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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nachzusehen, ob deine Kleidung noch da ist.
    So ist es. Die Jeans, die beiden Pullover und die Jacke hängen in einem der Schränke. Die Gang hat sie nicht mitgenommen.
    Du ziehst die Pullover über. Erst den dünnen aus Baumwolle, dann den Wollpullover.
    Schließlich nimmst du die Jeans. Du wirst sie gleich anziehen und dann in den Winter hinausgehen, aber erst willst du die Uhr rausholen.
    Der Tennisspieler ist in den Umkleideraum gekommen.
    Â»Wie heißt du?«, will er wissen.
    Auch darauf antwortest du nicht, aber du siehst ihn an und fragst heiser: »Welcher Tag ist heute?«
    Â»Sonntag«, antwortet er. »Wir spielen hier gleich ein Turnier.«
    Du nimmst die Uhr. Es ist fünf nach halb zwei.
    Halb zwei am Sonntagnachmittag.
    Schließt die Augen und rechnest nach. Du warst fast zwei Tage in der Sauna eingesperrt. Sechsundvierzig Stunden.

Luchs
    War das nun ein glückliches Ende für alle Beteiligten? Jan vermutete es. William Halevi war wiedergefunden, und die Eltern konnten nach zweitägiger Tortur aufatmen.
    Den Mitarbeitern in der Tagesstätte ging es auch wieder besser, bis auf Sigrid. Die war nach Williams Verschwinden eine Woche krankgeschrieben, Jan hatte gehört, dass sie eine Therapie angefangen habe.
    Und er selbst wurde erneut von der Polizei verhört.
    Auch wenn sie es nicht direkt sagten, schienen sie doch einen Verdacht gegen ihn zu haben. Am Tag nachdem William wieder aufgetaucht war, waren zwei Polizisten in Zivil zu Jan nach Hause gekommen und hatten sich in seiner Wohnung umgesehen. Aber er hatte nichts zu verbergen. Am Abend zuvor war er im Wald gewesen, hatte den Bunker sauber gemacht und alles weggeworfen oder verbrannt, was es darin gegeben hatte.
    Zwei Tage später wurde er aufs Revier gebeten.
    Dieselbe Kriminalbeamtin, die schon das letzte Mal mit ihm gesprochen hatte, leitete das Verhör, und sie wirkte diesmal auch nicht fröhlicher.
    Â»Herr Hauger«, sagte die Polizistin, »Sie waren der Letzte, der William im Wald gesehen hatte. Und Sie haben ihn auch gefunden.«
    Â»Das stimmt nicht«, korrigierte Jan geduldig. »Das war dieser Rentner ... wie hieß er doch gleich?«
    Â»Sven Axel Ohlsson«, antwortete die Polizistin.
    Â»Ja, er hat sich des Jungen angenommen, und dann bin ich den beiden begegnet.«
    Â»Und davor?«
    Â»Davor?«
    Â»Was meinen Sie, wo William sich aufgehalten hat, bevor Sie beide ihn gefunden haben?«
    Â»Ich weiß es nicht, darüber habe ich gar nicht nachgedacht. Wahrscheinlich ist er im Wald herumgelaufen, oder?«
    Die Polizeibeamtin sah ihn kühl an.
    Â»William sagt, er sei eingesperrt gewesen.«
    Â»Ach so?«, entgegnete Jan. »Wo denn? Was war das für ein Raum?«
    Â»Ich habe nichts von einem Raum gesagt.«
    Â»Nein, aber das ist ja wohl ...«
    Â»Haben Sie eine Ahnung, wer ihn eingesperrt haben könnte?«
    Jan schüttelte den Kopf. »Glauben Sie dem Jungen denn?«
    Die Polizistin antwortete nicht.
    Die Stille im Verhörraum wurde unerträglich, und Jan musste sich anstrengen, nicht mit irgendwelchen Theorien oder Spekulationen anzufangen, die ihm hinterher als Geständnisse ausgelegt werden könnten.
    Aber seine Gedanken irrten ruhelos herum, und er musste einfach irgendetwas sagen, also fragte er: »Wie geht es Torgny jetzt?«
    Â»Wem?«, fragte die Polizistin. »Wer ist Torgny?«
    Jan starrte sie an. Er hatte den falschen Namen gesagt.
    Â»William, ich meine William. Wie geht es ihm? Ist er bei seinen Eltern?«
    Die Beamtin nickte. »Es geht ihm den Umständen entsprechend gut.«
    Am Ende ließ ihn die Beamtin ziehen, allerdings ohne weitere Erklärungen. Sie bedachte ihn nur noch mit einem langen Blick.
    Das war ihm egal. William war unbeschadet wieder zurück, und er selbst war frei.
    Jan konnte das Polizeirevier verlassen und gehen, wohin er wollte, dennoch trat er mit einem Gefühl der Enttäuschung an die frische Luft.
    Alles war so schnell gegangen. Nach seinem Plan hätte es länger dauern sollen. Sechsundvierzig Stunden.

44
    Legén trinkt aus einer gesprungenen weißen Kaffeetasse gelblichen Wein. Dann gießt er auch Jan, der zwischen all der Unordnung an Legéns Küchentisch sitzt, eine ordent­liche Tasse ein.
    Â»Hier, zum Wohl.«
    Â»Danke, danke.«
    Jan hat Durst, doch nicht auf lauwarmen gelben Wein. Er nimmt die Tasse mit der Flüssigkeit und überlegt

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