So bitterkalt
Personen, sondern ausschlieÃlich von funktionsfähigen oder funktionsbeeinträchtigten Personen.« Er sieht Jan an. »Denn wer ist schon immer gesund?«
Das ist eine schwere Frage, und Jan antwortet nicht.
»Und was wissen wir eigentlich voneinander?«, fährt der Doktor fort. »Wenn Ihnen hier auf dem Flur ein Mann begegnen würde, wüssten Sie dann, ob er gut oder böse ist?«
»Nein. Aber ich würde doch annehmen, dass er mir wohlgesinnt ist.«
»Fein«, erwidert der Doktor. »Nur wer in sich selbst ruht, kann Vertrauen zu anderen haben.«
Jan nickt und folgt Högsmed den Gang entlang. Der Doktor hält wieder die Magnetkarte bereit.
»Dies hier ist tatsächlich der schnellste Weg zur Vorschule«, erklärt er, als er die Türen aufschlieÃt. »Man kann auch durch den Krankenhauskeller gehen, doch der Weg ist verwinkelt und unfreundlich. Also gehen wir wieder aus dem Haus.«
Sie verlassen die Klinik auf demselben Weg, auf dem sie gekommen sind. Als sie am Empfang vorbeikommen, wirft Jan einen Blick auf das dicke Sicherheitsglas und fragt leise: »Aber manche Patienten hier sind schon gefährlich, oder?«
»Gefährlich?«
»Ja, gewalttätig?«
Högsmed seufzt, als würde er an etwas sehr Trauriges denken.
»Schon, aber am gefährlichsten für sich selbst. Manchmal auch gewalttätig gegen andere«, erklärt er dann. »Natürlich gibt es hier in der Klinik Menschen, die desÂtruktive Triebkräfte besitzen, antisoziale Männer und Frauen, die Dinge getan haben, die man böse nennen könnte.«
»Und die können Sie heilen?«, fragt Jan.
»Heilen ist ein groÃes Wort«, erwidert Högsmed und betrachtet die Stahltür vor sich. »Wir Therapeuten dürfen uns nicht in denselben finsteren Wald begeben, in den sich die Patienten verirrt haben. Wir müssen drauÃen im Licht stehen bleiben und versuchen, den Patienten zu uns herauszulocken.« Er macht eine Pause und fährt dann fort: »Wir können bei Gewaltverbrechern Muster erkennen, und ein gemeinsamer Nenner sind verschiedene Kindheitstraumata. Diese Menschen haben oft eine sehr schlechte Beziehung zu den Eltern gehabt, haben häufig Kränkungen und Ablehnung erfahren.« Er öffnet die Stahltür und sieht Jan an. »Und deshalb haben wir dieses Projekt, die âºLichtungâ¹. Das Ziel unserer kleinen Vorschule ist es, das emotionale Band zwischen dem Kind und dem in die Klinik eingewiesenen Elternteil aufrechtzuerhalten.«
»Ist der andere Elternteil denn bei diesen Besuchen dabei?«
»Wenn er selbst gesund ist. Und am Leben«, antwortet der Doktor leise und reibt sich die Augen. »Das ist nicht immer der Fall, wir haben es nur selten mit sozial stabilen Familien zu tun.«
Jan fragt nicht weiter.
SchlieÃlich treten sie wieder in den Sonnenschein hinÂaus. Der Oberarzt blinzelt gequält ins Tageslicht.
»Nach Ihnen, Jan.«
Sie gehen zur Mauer. Erst jetzt fällt Jan auf, wie klar die Luft an diesem Tag im Frühherbst ist. Trocken und frisch.
Die Pforte in der Mauer gleitet auf, und Jan tritt hinaus. Hinaus in die Freiheit. Genauso fühlt es sich an, als er auf die StraÃe kommt, obwohl er natürlich das Krankenhaus, wann immer er wollte, hätte verlassen können. Ihn hätten keine Wachmänner aufgehalten.
Die Stahltür schnappt hinter ihnen zu.
»Hier entlang«, sagt Högsmed.
Jan folgt ihm die Steinmauer entlang und blickt nach Süden, zum Stadtrand hinüber. Hinter einem frisch gepflügten Acker liegen mehrere Viertel mit kleinen Reihenhäusern. Er überlegt, was die Hausbesitzer dort drüben wohl von der Klinik halten.
Als könnte er Jans Gedanken lesen, wirft auch Högsmed einen Blick auf die Reihenhausviertel. »Unsere Nachbarn«, sagte er. »Früher war die Stadt noch bedeutend kleiner, da lag das Krankenhaus hier drauÃen eher abgeschieden. Doch wir haben niemals irgendwelche Probleme mit Protesten oder Unterschriftensammlungen gehabt, wie das bei anderen psychiatrischen Kliniken vorkommt. Ich glaube, die Familien dahinten wissen, dass unsere Einrichtung sicher ist. Die Sicherheit aller ist unsere erste Priorität.«
»Ist schon mal jemand ausgebrochen?«
Jan merkt sofort, dass dies eine provokante Frage ist. Aber Högsmed hebt den Daumen.
»Ein Patient während meiner gesamten Zeit
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