So coache ich
einen Kaufmann, wie hoch er deine und seine Ware schätzt, oder einen Käufer, wie teuer du etwas verkaufen sollst, oder einen Missgünstigen, wie man denken, oder einen Unbarmherzigen, wie man barmherzig sein soll, oder einen Faulen, wie man viel arbeiten kann … Und bleibe bei dem, was dir dein Herz rät; denn du wirst keinen treueren Ratgeber finden. Denn mit seinem Herzen kann ein Mann oft mehr erkennen als sieben Wächter, die oben auf der Warte sitzen …«
Es geht also beim Coaching nicht darum, kluge Ratschläge zu geben, sondern dem anderen zu helfen, seine eigenen Lösungen, in seinem eigenen Herzen, zu finden. Und genau deshalb ist die Lebenserfahrung des Coachenden kein Hindernis, sondern praktische Ergänzung.
Natürlich muss der Coach Erfahrung mit dem Thema haben, um das es geht. Ein Coach, der – wie beispielsweise Menschen, die von der Psychotherapie herkommen – noch nie ein Team geführt hat, sollte ein paar Jahre »in die Produktion« gehen. Dann muss fehlende Erfahrung durch angelerntes
Wissen oder eigene Fantasie und Kreativität ersetzt werden. Und jeder, der sich schon einmal im Überschwang der Begeisterung über die eigene Kreativität hat mitreißen lassen und wunderbare Projekte und Planungen für sein Gegenüber entwickelt hat, kennt die Ratlosigkeit in dessen Blick, der signalisiert: »Was soll ich ...?« Er hat gelernt, dass er damit seinem Gesprächspartner keinen Gefallen tut.
Nutzanwendung für Sie als Führungskraft: Wenn Sie Mitarbeiter coachen, geben Sie ihnen keinen Rat und keine Lösungen vor. Seien Sie sicher: Die Mitarbeiterin, der Mitarbeiter kennt den eigenen Arbeitsplatz besser als Sie. Und außerdem wissen auch Sie, dass Ratschläge Schläge sind – meist ein Schlag ins Wasser. Was sollten also Führungskräfte beachten, wenn sie ihrer Verantwortung als Coach für ihre Mitarbeiter gerecht werden wollen?
Sie sollten mit Seele coachen – und mit S.E.E.L.E. Mit Seele bedeutet, sich nicht auf Methoden und Techniken zu konzentrieren, sondern vor allem den Menschen im Mitarbeiter zu sehen, den Menschen hinter dem Coachingziel, den Menschen hinter dem Auftrag. S.E.E.L.E. steht aber auch für eine Grundeinstellung der Arbeit und den Mitarbeitern gegenüber, es steht für:
S inn
E hrlichkeit
E nthusiasmus
L iebe
E infachheit
Sinn: Vor einiger Zeit hatte ich die Filialleiterin einer Privatbank im Coaching. Sie brauchte Motivationstipps für ihr Team. Im Ranking der erfolgreichsten Filialen war ihre abgestürzt. Was kam beim Coaching heraus? Sie selbst war
nicht mehr motiviert, sah keinen Sinn mehr in ihrem Tun. Sie wörtlich: »Die Vorgaben der Zentrale werden immer unmäßiger, soundsoviele Versicherungen müssen wir verkaufen, soundsoviele Fondsanteile, soundsoviele Kredite. Ob der Kunde das braucht oder nicht, ist denen doch egal.« Wir haben an ihrer eigenen Motivation gearbeitet, damit sie auch die MitarbeiterInnen wieder durch ihr persönliches Beispiel – Führungskräfte sind ihren Mitarbeitern ein Vor-Arbeiter – vom Sinn des Arbeitens überzeugen konnte.
Ehrlichkeit: In Seminaren erlebe ich zunehmend eine abgrundtiefe Skepsis von MitarbeiterInnen ihren Vorgesetzten gegenüber. Sie glauben ihnen schlichtweg nichts mehr. »Heute so, morgen so«, heißt die Devise in vielen Unternehmen, höre ich. Und meine Erfahrung: Autorität entsteht nur durch Aufrichtigkeit. Mitarbeiter wären bereit, viel mehr mitzutragen, wenn sie das Gefühl hätten, dass ihnen die Wahrheit gesagt wird. Sie wollen nichts beschönigt und vertuscht haben, dann sind sie auch bereit, Verantwortung mitzutragen und sogar Einschränkungen in Kauf zu nehmen.
Enthusiasmus: Führungskräfte müssen begeistert sein, um begeistern zu können. Das heißt, mit allen Sinnen präsent sein, sich dem aktiv widmen, was man gerade tut. Und das Feuer schüren, das Höchstleistungen hervorruft. Ich habe mal einen Geschäftsführer erlebt, der mit einer einzigen Rede auf der Weihnachtsfeier die ganzjährigen Bemühungen seiner Führungskräfte zur Motivation der Mitarbeiter zerstört hat. Und wie? Indem er nur gejammert hat, dass die Ergebnisse nicht stimmen würden, die Leistungen unzureichend seien und dass es ein Wunder sei, dass die Firma sich noch die Kosten für diese Feier leisten könne. Na, dann fröhliches Schaffen!
Liebe: Wer keine Menschen mag, sollte keine Führungskraft werden. Ich erlebe in Unternehmen einen eklatanten Mangel an Wertschätzung. Viele Mitarbeiter fühlen
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