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So fern wie ein Traum

So fern wie ein Traum

Titel: So fern wie ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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entschieden neue Wege ging.
    Ihre Ehe war vorbei, aber ihr Leben nicht. In den letzten beiden Jahren hatte sie sich das selbst bewiesen.
    Störte sie die Arbeit, die sie hatte leisten müssen, um ihr Leben und ihre persönlichen Finanzen wieder aufzubauen? Nein, überlegte sie, während sie über einen umgestürzten Baumstamm kletterte und tiefer in das Wäldchen eindrang. Ihre Arbeit im Hotel war Teil eines Erbes, Teil einer Verantwortung, die sie allzu lange vernachlässigt hatte. Aber sie wollte nichts geschenkt, sie würde sich verdienen, was sie brauchte für ihren Lebensunterhalt.
    Und dann war da noch der Laden. Lächelnd stapfte sie den regennassen Weg hinab. Sie liebte den
Schönen Schein,
liebte die Arbeit mit Margo und Kate. Liebte die Kunden, die Waren und das Gefühl, ganz allein etwas erreicht zu haben. Die drei hatten sich ganz alleine für sich selbst und füreinander etwas aufgebaut.
    Und wie könnte ihr die Zeit und die Mühe je lästig sein, die sie in die Erziehung ihrer Kinder investierte, um ihnen ein glückliches, gesundes Leben zu bieten? Die beiden waren ihr das Wichtigste. Was auch immer sie tun müsste, um den von ihr mitverschuldeten Verlust des Vaters auszugleichen, würde sie tun.
    Kayla, ihre kleine Kayla, dachte sie. So zäh, so einfach zu erfreuen, so fröhlich und so liebevoll.
    Allison hingegen… Die arme Allison hätte die Liebe ihres Vaters dringend gebraucht. Die Scheidung hatte sie am stärksten getroffen, und nichts, was Laura tun konnte, schien ihr eine Hilfe zu sein. Inzwischen kam sie etwas besser mit ihrem neuen Leben zurecht, besser als während der ersten Monate oder vielleicht während des gesamten ersten Jahrs. Aber sie hatte sich in sich zurückgezogen und zeigte nur noch selten spontan auch nur die geringste Form von Zuneigung.
    Vor allem ihrer Mutter begegnete sie stets mit Argwohn, gestand sich Laura seufzend ein. Für sie war immer noch allein die Mutter schuld daran, dass der Vater keinerlei Interesse an seinen Töchtern zeigte.
    Laura setzte sich auf einen Baumstamm, schloss die Augen und lauschte der sanften Brise, der Musik des Waldes. Sie würde damit zurechtkommen, versprach sie sich. Sie würde mit allem zurechtkommen – der Arbeit, dem Gehetztsein, den finanziellen Sorgen und den Kindern, Kayla und Allison. Niemand war überraschter als sie selbst, dass sie bisher so gut mit allem fertig geworden war.
    Aber wie, so überlegte sie, wie in aller Welt käme sie auf Dauer mit der Einsamkeit zurecht?
    Später schnitt sie welke Blüten von den Blumen, stutzte ein paar Büsche und wuchtete den Abfall fort. Der alte Joe schaffte es einfach nicht mehr allein. Und der junge Joe, sein Enkelsohn, hatte neben seinen Collegekursen nur wenige Stunden wöchentlich Zeit. Eine Hilfskraft anzustellen, wäre für sie zu teuer gekommen und hätte den Stolz des alten Joe verletzt, also hatte Laura den Gärtner davon überzeugt, dass es ihr ein Vergnügen wäre, ihm hin und wieder behilflich zu sein.
    Was durchaus der Wahrheit entsprach. Sie hatte die Gärten – die Blumen, die Büsche, die Kletterpflanzen – schon als Kind geliebt. Bereits damals hatte sie Joe regelmäßig besucht und ihn darum gebeten, ihr alles zu zeigen, alles beizubringen. Und er hatte stets eine Packung Kirschbonbons hervorgeholt, ihr davon angeboten und ihr anschließend gezeigt, wie man Kletterpflanzen am Spalier befestigte, was man gegen Blattläuse tat, wie man Teerosen beschnitt.
    Sie hatte ihn geliebt – sein wettergegerbtes Gesicht, das bereits damals alt gewesen war, die nachdenkliche Stimme, die großen, geduldigen Hände, mit denen er die zartesten Blüten vorsichtig bearbeitete. Ihre Großeltern hatten ihn bereits als Jungen eingestellt. Nach sechzig Jahren Dienst hatte er einen Anspruch auf den Ruhestand, darauf, seine Tage in seinem eigenen Garten zu verbringen, in der Sonne zu sitzen und sich seines Lebensabends zu erfreuen.
    Aber Laura wusste, ein solches Angebot bräche dem alten Mann das Herz.
    Also übernahm sie einen Teil der Arbeit unter dem Vorwand, damit ein Hobby zu pflegen. Wenn ihr Terminkalender es gestattete – was allerdings nicht gerade häufig vorkam –, ging sie zum alten Joe und diskutierte mit ihm über winterharte Pflanzen und Knochenmehl und Mulch.
    Heute machte sie, während der Nachmittag allmählich in den Abend überging, eine letzte Runde um das Anwesen. Die Gärten von Templeton House wirkten winterlich ruhig und abwartend, nur die härtesten Gewächse

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