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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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versuchte sich zu beruhigen, den Raum nicht weiter umzugestalten und sich stattdessen zu erinnern.
    Ja. Jetzt fiel ihm alles wieder ein.
    Papa. Janne. Das Trampen. Eli. Die Couch. Spinnweben.
    Er schaute zur Decke. Die staubigen Spinnwebenfäden waren noch da, wenn auch nur schwer zu erkennen im Zwielicht. Er war mit Eli neben sich auf der Couch eingeschlafen. Wie viel Zeit war seither vergangen? War es schon Morgen?
    Die Fenster waren mit Decken verhängt, aber an den Rändern konnte er schmale Fransen aus grauem Licht ausmachen. Er schlug die Decke zur Seite, ging zum Balkonfenster und lupfte die Decke. Die Jalousien waren heruntergelassen. Er veränderte den Winkel der Lamellen und, tatsächlich, da draußen war es Morgen.
    Er hatte Kopfschmerzen, und das Licht blendete ihn schmerzhaft. Er stöhnte auf, ließ die Decke fallen und tastete mit beiden Händen Hals und Nacken ab. Nein. Natürlich nicht. Sie hatte doch gesagt, dass sie ihm niemals …
    Aber wo war sie?
    Er sah sich im Zimmer um; sein Blick fiel auf die geschlossene Tür zu dem Zimmer, in dem Eli einen anderen Pullover angezogen hatte. Er ging ein paar Schritte auf die Tür zu, zögerte. Sie lag im Schatten. Er ballte die Hände zu Fäusten, lutschte an einem Fingerknöchel.
    Wenn sie nun wirklich … in einem Sarg liegt.
    Albern. Warum sollte sie das tun? Warum tun Vampire das überhaupt? Weil sie tot sind. Und Eli hat gesagt, dass sie nicht …
    Aber wenn …
    Er lutschte weiter an seinem Knöchel, ließ die Zunge darüber spielen. Ihr Kuss. Der Tisch voller Gerichte. Allein schon, dass sie so etwas tun konnte. Und … die Zähne. Raubtierzähne.
    Wenn es doch nur ein bisschen heller wäre.
    Neben der Tür saß der Schalter für die Deckenlampe. Er drückte ihn, ohne zu glauben, dass etwas passieren würde. Doch sieh an. Die Lampe ging an. Geblendet von ihrem hellen Lichtschein kniff er die Augen zusammen, damit sie sich an die Helligkeit gewöhnen konnten, ehe er sich zur Tür umwandte, die Hand auf die Klinke legte.
    Das Licht half ihm kein bisschen. Das Ganze wurde vielmehr noch unheimlicher, seit die Tür nur eine gewöhnliche Tür war. Wie die Tür zu seinem eigenen Zimmer. Genauso. Die Klinke fühlte sich in seiner Hand vollkommen gleich an. Würde sie tatsächlich in dem Raum liegen? Die Arme womöglich gekreuzt auf der Brust?
    Ich muss es sehen.
    Er drückte prüfend die Klinke hinunter, die leichten Widerstand leistete. Also war die Tür nicht abgeschlossen, denn dann hätte sich die Klinke ganz leicht herunterdrücken lassen. Er drückte die Klinke ganz nach unten, und die Tür öffnete sich, ein Türspalt weitete sich. Das Zimmer dahinter lag im Dunkeln.
    Warte!
    Würde das Licht sie verletzen, wenn er die Tür öffnete?
    Nein. Gestern Abend hatte sie neben der Stehlampe gesessen, ohne dass es ihr etwas auszumachen schien. Aber diese Lampe war viel heller, und es war vielleicht eine … spezielle Glühbirne in der Stehlampe, eine Birne, die … Vampiren nichts ausmachte.
    Das war nun wirklich lächerlich. »Spezialgeschäft für Vampirlampen.«
    Und sie hätte die Deckenlampe bestimmt nicht hängen lassen, wenn sie … schädlich für sie sein könnte.
    Dennoch öffnete er die Tür ganz vorsichtig, ließ den Lichtkegel sich nur ganz sachte im Zimmer ausbreiten. Es war genauso leer wie das Wohnzimmer. Ein Bett und ein Kleiderhaufen, das war alles. Auf dem Bett gab es nur ein Laken und ein Kissen. Die Decke, mit der er zugedeckt gewesen war, stammte anscheinend von hier. An der Wand neben dem Bett klebte ein Blatt Papier.
    Das Morsealphabet.
    Hier hatte sie also gelegen, wenn sie …
    Er atmete tief durch. Es war ihm gelungen, es völlig zu vergessen.
    Hinter dieser Wand liegt mein Zimmer.
    Ja. Er befand sich zwei Meter von seinem eigenen Bett, von seinem eigenen, normalen Leben entfernt.
    Er legte sich aufs Bett, hatte die Eingebung, an der Wand eine Nachricht zu klopfen. An Oskar. Auf der anderen Seite. Was sollte er sagen?
    W.O. B.I.S.T. D.U.
    Er lutschte wieder am Knöchel. Er war hier. Eli war es, die fort war.
    Ihm war schwindlig, er war verwirrt. Er ließ den Kopf aufs Kissen fallen, das Gesicht dem Raum zugewandt. Das Kissen roch eigenartig. Wie die Decke, nur stärker. Ein muffiger, schmieriger Geruch. Er betrachtete den Kleiderhaufen, der ein paar Meter vom Bett entfernt lag.
    Das ist so eklig.
    Er wollte nicht länger hier sein. Die Wohnung war vollkommen still und leer, und alles war so … absolut gar nicht normal. Sein Blick

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