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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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musst zur Polizei gehen, das war doch der reinste …«
    Die Polizei »… Mordversuch. Komm, ich werde dir …«
    Ohne sich um ihre Hand zu scheren, rappelte Oskar sich auf. Während er zu den Türen und die Treppen hinaufstolperte, konnte er noch die Stimme der älteren Frau hinter sich hören:
    »Was ist mit dir …«
    *
    Die Bullen.
    Lacke erschrak, als er auf den Hof kam und den Streifenwagen auf dem Hügel stehen sah. Zwei Polizisten standen vor dem Wagen, der eine notierte etwas in einem Block. Er ging davon aus, dass sie dasselbe suchten wie er, jedoch schlechter informiert waren. Die Polizisten hatten sein Zögern nicht bemerkt, sodass er seinen Weg zum ersten Eingang der Häuserzeile fortsetzte, hineinging.
    Die Namen auf der Tafel der Hausbewohner sagten ihm nichts, aber er wusste ja, wohin er musste: ganz hinten rechts. Neben der Kellertür lag eine Flasche Brennspiritus. Er blieb stehen, betrachtete sie, als könnte sie ihm einen Hinweis darauf geben, wie er nun vorgehen sollte.
    Brennspiritus brennt. Virginia hat gebrannt.
    Doch an diesem Punkt blieb sein Gedanke stecken, und er fühlte nur wieder diese trockene, schreiende Wut in sich, ging weiter die Treppen hinauf. Die Dinge hatten sich verschoben.
    Sein Kopf war jetzt klar, sein Körper dagegen schwerfällig. Die Füße rutschten auf den Treppenstufen weg, und er musste sich auf das Geländer stützen, um die Treppe hinaufzumanövrieren, während sein Gehirn glasklar überlegte:
    Ich gehe hinein. Ich finde es. Ich schlage etwas durch sein Herz. Dann warte ich auf die Bullen.
    Vor der Tür ohne Namensschild blieb er stehen.
    Und wie zum Teufel soll ich hineinkommen?
    Wie zum Spaß warf er den Arm nach vorn, drückte die Klinke herab.
    Und die Tür öffnete sich, enthüllte eine leere Wohnung. Weder Möbel, Teppiche noch Bilder. Keine Kleider. Er leckte sich die Lippen.
    Es ist abgehauen. Ich habe hier nichts zu …
    Auf dem Fußboden im Flur lagen noch zwei Flaschen Brennspiritus. Er versuchte zu verstehen, was das zu bedeuten hatte. Trank dieses Wesen … nein. Das …
    Es bedeutet nur, dass hier vor Kurzem noch jemand gewesen ist. Sonst würden die Flaschen da nicht mehr liegen.
    Ja.
    Er trat ein, blieb im Flur stehen und lauschte, hörte nichts. Er drehte eine Runde durch die Wohnung, sah, dass in mehreren Zimmern Decken vor den Fenstern hingen, kannte den Grund und wusste, dass er richtig war.
    Schließlich blieb er vor der Badezimmertür stehen, drückte die Klinke herab. Abgeschlossen. Aber dieses Schloss ließ sich problemlos öffnen; er benötigte nur einen Schraubenzieher oder etwas anderes in der Art.
    Erneut verschob sich seine Konzentration auf die Bewegungen, darauf, Bewegungen auszuführen. Er würde nicht mehr denken, brauchte nicht mehr denken. Wenn er jetzt anfing nachzudenken, würde er zögern, und zögern wollte er nicht. Also: die Bewegungen.
    Er öffnete die Küchenschubladen, fand ein Küchenmesser, kehrte zum Badezimmer zurück. Er setzte die Klinge in die Schraube in der Mitte und drehte gegen den Uhrzeigersinn. Das Schloss ging auf, er öffnete die Tür. Es war stockfinster in dem Raum. Er suchte nach dem Lichtschalter, fand ihn und machte das Licht an.
    Gott steh uns bei. Das ist doch verdammt nochmal …
    Lacke fiel das Küchenmesser aus der Hand. Die Badewanne vor seinen Füßen war halbhoch mit Blut gefüllt. Auf dem Badezimmerboden lag eine Anzahl großer Plastikkanister, deren durchsichtige Plastikflächen rot gestreift waren. Das Messer klirrte auf den Kacheln wie ein kleines Glöckchen.
    Seine Zunge klebte am Gaumen, als er sich vorbeugte, um … um was? Um es … zu fühlen … oder etwas anderes, etwas Primitiveres zu tun; der Faszination angesichts einer solchen Menge Blut nachzugeben … einfach die Hand hineintauchen zu dürfen –
    seine Hände in Blut baden zu dürfen.
    Er senkte seine Finger zu der stillen, dunklen Oberfläche und … versank. Seine Finger wurden gleichsam gekappt, verschwanden, und mit gähnend offenem Mund streckte er die Hand tiefer hinein, bis sie …
    Er schrie auf, schreckte zurück.
    Er riss die Hand aus der Badewanne, und Blutstropfen spritzten in hohem Bogen um ihn herum, landeten an der Decke, auf den Wänden. Reflexartig schlug er die Hand vor den Mund. Erkannte erst, was er getan hatte, als seine Zunge und seine Lippen das Süße, Klebrige registrierten. Er spuckte, wischte sich die Hand an der Hose ab, legte die andere, saubere Hand auf den Mund.
    Es liegt jemand …

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