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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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machte eine Geste zu den drei Männern.
    »Sind sie …?«
    Noch ehe Holmberg dazu kam, etwas zu sagen, trat der Mann ohne Hose einen halben Schritt vor und sagte nicht ohne Stolz: »Wir sind Zeugen.«
    Staffan nickte und sah Holmberg fragend an.
    »Sollten sie nicht …«
    »Doch, aber ich habe gewartet, bis du kommst. Er ist offensichtlich nicht aggressiv.« Holmberg wandte sich den drei Männern zu und sagte freundlich. »Wir werden uns bei Ihnen melden. Es wird das Beste sein, Sie fahren jetzt nach Hause. Ach ja, noch eins. Ich verstehe, dass es nicht ganz leicht für Sie sein wird, aber versuchen Sie doch bitte, sich nicht hierüber zu unterhalten.«
    Der Mann ohne Hose lächelte schief, verständnisvoll.
    »Sie meinen, es könnte jemand zuhören.«
    »Nein, aber Sie könnten sich einbilden, Dinge gesehen zu haben, die Sie in Wahrheit nicht gesehen haben, nur weil ein anderer sie gesehen hat.«
    »Ich nicht. Ich habe gesehen, was ich gesehen habe, und es war das schrecklichste …«
    »Glauben Sie mir. Es passiert den Besten. Wenn Sie uns jetzt bitte entschuldigen würden. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
    Die Männer zogen sich murmelnd in Richtung Korridor zurück. Holmberg war gut bei so etwas, konnte mit den Leuten reden. Er tat ja auch die meiste Zeit nichts anderes. Er fuhr in die Schulen und hielt Vorträge über Rauschgift und die Arbeit der Polizei. In letzter Zeit war er mit Sicherheit eher selten an einem Einsatz wie diesem beteiligt gewesen.
    Ein metallisches Scheppern, als wäre etwas Blechernes umgekippt, ertönte aus dem Umkleideraum, und Staffan zuckte zusammen, horchte.
    »Nicht aggressiv?«
    »Er ist offensichtlich schwer verletzt, hat sich irgendeine Säure ins Gesicht gekippt.«
    »Warum?«
    Holmbergs Gesicht wurde ausdruckslos, er wandte sich zur Tür um.
    »Wir werden wohl hineingehen und ihn fragen müssen.«
    »Ist er bewaffnet?«
    »Vermutlich nicht.«
    Holmberg zeigte auf die Fensternische; auf der Marmorplatte lag ein großes Küchenmesser mit Holzgriff.
    »Ich hatte keine Beweistüte. Außerdem hatte der Typ ohne Hose schon eine ganze Weile damit herumgespielt, bevor ich kam. Wir werden uns später darum kümmern müssen.«
    »Sollen wir es da einfach liegen lassen?«
    »Hast du einen besseren Vorschlag?«
    Staffan schüttelte den Kopf und konnte in der nunmehr herrschenden Stille zwei Dinge unterscheiden. Einen schwachen, unrhythmischen Pfeiflaut aus dem Umkleideraum. Der Wind in einem Schornstein. Eine gesprungene Flöte. Das und einen Duft, von dem er anfangs geglaubt hatte, er wäre ein Teil des Chlorgeruchs, der im ganzen Schwimmbad hing. Aber da war noch etwas anderes. Ein scharfer, stechender Geruch, der in den Nasenlöchern kitzelte. Staffan rümpfte die Nase.
    »Sollen wir …?«
    Holmberg nickte, rührte sich jedoch nicht vom Fleck. Verheiratet und Kinder. Natürlich. Staffan zog seine Dienstwaffe aus dem Halfter, legte die andere Hand auf den Türgriff. Es war das dritte Mal im Laufe seiner zwölf Dienstjahre, dass er einen Raum mit gezogener Pistole betrat. Er wusste nicht, ob er das Richtige tat, aber niemand würde ihm Vorwürfe machen. Ein Kindermörder. In die Ecke getrieben, vielleicht verzweifelt, ganz gleich, wie schwer verletzt er sein mochte.
    Er gab Holmberg ein Zeichen und öffnete die Tür.
    Augenblicklich schlug ihnen der Gestank entgegen.
    Er stach so in die Nase, dass einem Tränen in die Augen stiegen. Er hustete, zog ein Taschentuch heraus und hielt es sich vor Mund und Nase. Einige Male war er Feuerwehrleuten bei Hausbränden zur Hand gegangen, es war das gleiche Gefühl gewesen. Allerdings gab es hier keinen Rauch, sondern nur einen leichten Dunstschleier, der durch den Raum schwebte.
    Großer Gott, was ist das?
    Das monotone, abgehackte Geräusch ertönte weiterhin auf der anderen Seite der vor ihnen liegenden Schrankreihe. Staffan signalisierte Holmberg, am anderen Ende um die Schrankreihe herumzugehen, sodass sie aus zwei Richtungen kommen würden. Staffan ging zum einen Rand der Schrankreihe und lugte mit gesenkter Pistole um die Ecke.
    Er sah einen umgekippten Papierkorb aus Blech und daneben einen liegenden, nackten Körper.
    Holmberg tauchte auf der anderen Seite auf, signalisierte Staffan, ruhig vorzugehen, da keine unmittelbare Gefahr vorzuliegen schien. Es irritierte Staffan, dass Holmberg jetzt, da anscheinend keine Gefahr mehr drohte, das Kommando zu übernehmen versuchte. Er atmete durch das Taschentuch ein, nahm es vom Mund und sagte

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