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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Grund »wirtschaftlicher Probleme« zu verkaufen. Der neue Besitzer hatte ihn nach einer Weile eingestellt, denn es ließ sich nicht leugnen, wie Karlsson sagte, »dass man nach dreißig Jahren in der Branche über eine gewisse Erfahrung verfügt«.
    Morgan lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, spreizte die Beine und verschränkte die Hände im Nacken, starrte Karlsson an. Lacke und Larry warfen sich einen Blick zu. Jetzt ging es los.
    »Ja, ja, Karlsson. Was tut sich denn so in der Spielzeugbranche? Habt ihr euch etwas Neues einfallen lassen, um den lieben Kindern ihr Taschengeld abzuluchsen?«
    Karlsson schnaubte.
    »Du weißt nicht, wovon du redest. Wenn hier jemandem etwas abgeluchst wird, dann mir. Du kannst dir überhaupt nicht vorstellen, welche Ausmaße diese Klauerei hat. Die Kinder …«
    »Ja, ja, ja. Ihr braucht doch nur neuen Plastikkrempel aus Korea für zwei Mäuse einkaufen und für einen Hunderter verkaufen, dann habt ihr das sofort wieder raus.«
    »So etwas verkaufen wir nicht.«
    »Nee, schon klar. Und was war das, was ich neulich in eurem Schaufenster gesehen habe? Diese Schlümpfe. Was ist das? Handgearbeitetes Qualitätsspielzeug aus Bengtfors, oder wie?«
    »Ich finde, das ist eine ausgesprochen seltsame Bemerkung für eine Person, die Autos verkauft, die nur rollen, wenn man ein Pferd davor spannt.«
    In diesem Stil ging es weiter. Larry und Lacke lauschten, lachten manchmal, warfen Kommentare ein. Wäre Virginia dabei gewesen, hätten sie ihre Hahnenkämme noch etwas höher gereckt und Morgan erst aufgehört, wenn Karlsson richtig wütend geworden war.
    Aber Virginia war nicht da. Und Jocke auch nicht. Es wollte sich einfach nicht die rechte Stimmung einstellen, weshalb die Diskussion bereits ein wenig ermattete, als sich gegen halb neun langsam die Eingangstür öffnete.
    Larry schaute auf und erblickte eine Person, der er es niemals zugetraut hätte, jemals einen Fuß in dieses Lokal zu setzen. Gösta. Die Stinkbombe, wie Morgan ihn nannte. Larry hatte mit Gösta ein paar Mal auf einer Bank unter den Hochhäusern zusammengesessen und geplauscht, aber hierher hatte er sich noch nie verloren.
    Gösta sah mitgenommen aus. Er bewegte sich, als wäre er aus notdürftig verleimten Stücken zusammengesetzt, die auseinander zu fallen drohten, wenn er sich zu heftig bewegte. Er kniff die Augen zusammen und schwankte mit kleinen Bewegungen hin und her. Er war entweder sturzbetrunken oder krank.
    Larry winkte. »Gösta! Komm und setz dich!«
    Morgan wandte sich abrupt um, erblickte Gösta und meinte: »Oh, verdammt.«
    Gösta manövrierte zu ihrem Tisch, als überquerte er ein Minenfeld. Larry zog den Stuhl neben sich heraus, machte eine einladende Geste.
    »Willkommen im Club.«
    Gösta schien ihn nicht zu hören, schlurfte aber dennoch zu dem Stuhl. Er trug einen abgewetzten Anzug mit Weste und Fliege, die Haare waren feucht gekämmt. Und er stank. Nach Pisse, Pisse und Pisse. Wenn man mit ihm im Freien zusammensaß, war der Gestank zwar auch unverkennbar, aber erträglich. In der Wärme des Lokals roch er jedoch derart beißend nach altem Urin, dass man durch den Mund atmen musste, um den Gestank ertragen zu können.
    Jeder, selbst Morgan, gab sich redlich Mühe, damit das Gesicht nicht verriet, was die Nase roch. Der Kellner kam zu ihrem Tisch, zögerte, als er Göstas Geruch wahrnahm, und sagte:
    »Was … darf es sein?«
    Gösta schüttelte den Kopf, ohne den Kellner anzusehen. Der Kellner runzelte die Stirn, und Larry machte eine Geste; ist schon in Ordnung, wir regeln das. Der Kellner entfernte sich, und Larry legte die Hand auf Göstas Schulter.
    »Was verschafft uns die Ehre?«
    Gösta räusperte sich und sagte mit gesenktem Blick: »Jocke.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Er ist tot.«
    Larry hörte Lacke aufstöhnen. Er ließ seine Hand ermunternd auf Göstas Schulter liegen, spürte, dass dies nötig war.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe es gesehen. Als es passierte. Als er getötet wurde.«
    »Wann denn?«
    »Am Samstag. Abend.«
    Larry zog die Hand fort. »Letzten Samstag? Aber … hast du mit der Polizei geredet?«
    Gösta schüttelte den Kopf.
    »Das hab ich nicht über mich gebracht. Und ich … ich habe es auch nicht gesehen. Aber ich weiß es.«
    Lacke hielt sich die Hände vors Gesicht, flüsterte: »Ich wusste es, ich wusste es.«
    Gösta erzählte. Von dem Kind, das die Straßenlaterne, die der Brücke am nächsten stand, kaputtgeworfen hatte, anschließend unter der Brücke

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