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So finster, so kalt

So finster, so kalt

Titel: So finster, so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Menschig
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weibliche Gestalten angenommen. Nicht, dass das Geschlecht dieses … Dings wirklich eine Rolle spielen würde.
    »Der Junge. Er heißt Hans, und er sieht aus wie aus einem alten Märchenfilm.«
    »Ach so«, erwiderte Jakob nur. Hans, der Bruder von Greta? Noch so ein Wesen? Oder war das ein Verwandter von Merle? Am Ende ihr Vorfahr, jener Hans vom Wald, der hier herumspukte? Auf so eine Idee wäre er noch vor ein paar Stunden nicht gekommen, aber jetzt erschien sie denkbar.
    »… uns aus dieser ekligen Höhle rausgeholt und erklärt, dass wir hier warten müssen. Hier sind wir sicher. Luke hat gedacht, da wäre ein Schatz, also in der Höhle, meine ich. Da war aber gar nichts«, plapperte Ronja weiter.
    Jakob nickte. Diese ganze Geschichte konnte warten. »Ich will dich da herunterholen.«
    »Das kannst du nicht. Wir sind festgewachsen. Nur Merle kann das. Sie soll kommen.«
    »Festgewachsen?«
    »Ja. Aber es tut nicht weh. Es fühlt sich ein bisschen an, wie wenn man hinfällt und danach eine Kruste auf dem Knie hat. Kennst du das? Es ziept und juckt am Rand, aber es tut nicht weh.«
    Jakob atmete tief durch. Ronja begriff gerade gar nicht, was sie da gesagt hatte. Er würde die Kinder keinesfalls anrühren, wenn er damit Gefahr lief, ihnen die Haut vom Rücken zu reißen.
    »Kannst du Merle holen? Du hast gesagt, du bist ihr Freund.«
    »Ich weiß leider nicht, wo sie ist.« Aber sie zu finden wäre das geringere Problem. »Was müsste sie denn tun?«
    »Die Äpfel fangen.«
    »Von welchen Äpfeln redest du?«
    »Die da.« Ronja zeigte mit dem Finger auf die goldene Kugel über ihrem Kopf.
    »Merle muss die Kugeln … also die Äpfel fangen, und dann kommt ihr frei?«
    »Ja. Wie im Märchen.«
    Endlich verstand Jakob. »Merle muss drei goldene Äpfel fangen. Wie in dem Märchen
Der Eisenhans.
«
    »Sag ich doch.«
    Jakob überlegte, sicherte nach allen Seiten, sah und hörte keine Greta und legte den Stock zur Seite. »Pass auf, Ronja. Ich werde das für Merle machen. Was meinst du, darf ich das?«
    Ronja zog die Stirn kraus und dachte kurz nach. »Er hat nicht gesagt, dass das nur Merle machen darf.«
    »Das ist doch prima! Wenn er das nicht verboten hat, dann ist es erlaubt!« Jakob strahlte Ronja mit aller Fröhlichkeit an, die er aufbringen konnte. Innerlich verkrampften sich seine Eingeweide, und er betete, dass diese Logik bestehen würde. Wenn er jetzt einen Fehler machte, konnte das die Mädchen das Leben kosten.
    »Stimmt, dann ist es erlaubt«, sagte Ronja und sah ihn erwartungsvoll an.
    »Gut. Dann pflück den Apfel, und wirf ihn mir zu.«
    »Das darf ich nicht. Ich darf den Apfel nicht pflücken.«
    »Was passiert denn dann?«
    »Was Schlimmes.« Ronja presste die Stoffkatze gegen ihre Brust.
    So kamen sie nicht weiter.
    »Wie soll Merle denn die Äpfel da herunterbekommen?«, fragte er.
    Ronja zog die Schultern samt Stoffkatze hoch.
    Jakob griff wieder nach dem Stock und stupste den Apfel, der eher die Größe einer Honigmelone hatte, an. Er schaukelte ein wenig, blieb jedoch hängen. Auch nachdrücklicheres Stupsen half nicht. Selbst als Jakob sprang und das Stockende mit aller Kraft gegen die unglückselige Kugel donnerte, blieb sie an Ort und Stelle. Verärgert warf er den Stock zur Seite.
    Ratlos blickte er zu Ronja empor, die ihn gespannt beobachtet hatte. »In
Der Eisenhans
werden die Äpfel von der Prinzessin geworfen. Du darfst den Apfel nicht werfen. Also muss es ein anderes Märchen sein, das uns des Rätsels Lösung näherbringt. Denk an ein Märchen mit Äpfeln und Bäumen. Welches fällt dir ein?«
    »Aschenputtel!«, jauchzte Ronja sofort, offenbar begeistert, mir ihrem Märchenwissen glänzen zu können. »Aschenputtel muss das Bäumchen schütteln. Nein, falsch! Schneewittchen isst den vergifteten Apfel von der bösen Stiefmutter!«
    Jakob zog die Augenbrauen hoch und betrachtete das »Bäumchen« vor sich. Trotzdem, das Mädchen hatte recht. In
Aschenputtel
war es ein Nussbaum, der geschüttelt wurde, und auch in
Frau Holle
wurden Bäume geschüttelt. Einen Versuch war es wert.
    Vorsichtig rüttelte er am Stamm. Der Baum rührte sich nicht, was bei seinem Umfang nicht weiter verwunderlich war. Aber er vibrierte kaum merklich. Ein Knacken ließ Jakob aufblicken.
    Das war der falsche Apfel!
    Er warf sich nach links und stürzte. Sein Handrücken streifte das Gras. Er fing den Apfel, der über Marie gehangen hatte, gerade rechtzeitig.
    Jakob konnte sich gerade noch aufrappeln, bevor

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