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So finster, so kalt

So finster, so kalt

Titel: So finster, so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Menschig
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da reinpassen?
    Mit einer knappen Geste deutete Hans auf sich. »Ich bin Hans. Du musst keine Angst haben. Wie heißt du?«
    Das Mädchen zuckte kaum merklich mit den Schultern.
    »Hast du denn gar keinen Namen?«
    Wieder erhielt er nur ein Schulterzucken als Antwort.
    Hans überlegte. »Ich könnte dich Margareta nennen. So hieß meine kleine Schwester. Sie ist letztes Jahr am Fieber gestorben. Gefällt dir Margareta?«
    Das Schulterzucken wurde noch ein wenig unsicherer.
    Hans wertete das als Zustimmung. »Wir haben sie Greta gerufen. Ich nenne dich Greta. Bist du einverstanden?«
    Das Schulterzucken blieb aus, aber Hans war sich ganz sicher, dass er ein hauchfeines Nicken gesehen hatte. Sie senkte den Kopf ein wenig, und ihr Blick verweilte auf Hans’ Brust. Er erkannte sofort, worauf Greta starrte, hob das Kreuz, das er an einem Lederriemen um den Hals trug, und hielt es ihr hin. »Gefällt es dir?«
    Das heftige Kopfschütteln war sehr eindeutig. Hans war ein wenig gekränkt. Das Kreuz war sein Allerheiligstes. Vater hatte es zur Feier seiner Erstkommunion extra vom Schmied anfertigen lassen. Es war sehr teuer gewesen. Weil Hans jedoch schon einige Jahre früher als die anderen Kinder des Dorfes zur Ersten Heiligen Kommunion gehen durfte und seine Eltern deshalb so stolz auf ihn waren, hatten sie sich in solche Unkosten gestürzt. Aber das konnte Greta alles nicht wissen, und so verzieh er ihr schnell. Der Vater hatte gesagt, dass sie ganz erschöpft gewesen war, als er sie gefunden hatte. Vielleicht konnte sie es später besser würdigen.
    »Du kannst hier sitzen bleiben, wenn du möchtest. Hast du Hunger? Ich werde dir etwas Brot holen.« Mit diesen Worten erhob er sich und rannte aus dem Haus. Seine Mutter war mit den anderen Frauen des Dorfes in der Backstube. Er wollte sehen, ob nicht schon ein frischer Laib Brot auf ihn und seine neue Schwester wartete.
    Am Backhaus erlebte er eine Überraschung. Statt der Frauen erkannte er schon von weitem seine Mutter, die den großen Brotkorb hielt, seinen Vater und Pater Gangolf, den Dorfpfarrer. Die ernsten Mienen der Erwachsenen ließen Hans innehalten. Noch bevor er weiter darüber nachgedacht hatte, war er hinter ein paar Büsche geschlüpft.
    Eigentlich wollte er nicht lauschen. Das gehörte sich nicht. Aber allein der Umstand, dass sein Vater noch im Dorf war und nicht wieder im Wald bei seiner Arbeit, machte Hans neugierig und auch ein wenig misstrauisch. Was, wenn sie Greta wieder wegschicken wollten?
    »… so unheimlich«, hörte er seine Mutter gerade sagen. »Habt Ihr ihre Augen gesehen, Pater? Sie sind schwarz, kohlrabenschwarz.«
    »Das ist in der Tat ungewöhnlich, Gevatterin. Doch wir sollten nicht vorschnell urteilen. Vielleicht ist das Mädchen vom fahrenden Volk zurückgelassen worden. Oder es ist fortgelaufen und hat sich dabei im Wald verirrt. Ich hörte von einem kleinen Zug Jahrmarktsgesellen, der vor einiger Zeit in Lörrach verweilt hat.«
    Hans sah, wie seine Mutter seinem Vater einen Blick zuwarf und sich dann hastig bekreuzigte. Das Mehl an ihren Fingern hinterließ einen hellen Streifen auf ihrer Stirn. »Zigeuner? Dann steckt Magdalena dahinter. Sie hat sich vor ein paar Wochen die Karten legen lassen und dann nicht dafür bezahlt. Wusstet Ihr davon? Es sieht ihr ähnlich, dass sie das noch nicht gebeichtet hat, dieses verlogene Biest. Nicht, dass das Gör einen Fluch über unser Dorf bringt. Der Herr möge uns beistehen.«
    Die Erwachsenen waren auf der Höhe von Hans’ Versteck angelangt, und er konnte sehen, wie sein Vater verstohlen die Augen gen Himmel schlug.
    Pater Gangolf legte seiner Mutter begütigend die Hand auf die Schulter. »Wenn das eine Angelegenheit zwischen Magdalena und einer Wahrsagerin ist, wüsste ich nicht, warum diese das gesamte Dorf strafen wollte. Außerdem hat dein Mann sie gefunden und nicht Magda oder ein anderer der Müllerfamilie. Nimm das Kind ein paar Tage bei euch auf, und wir werden sehen, was wir machen können. Joseph, du sagtest, es spricht nicht?«
    Hans’ Vater nickte. Er war ein bedächtiger Mann und neigte nicht zu schnellen Entscheidungen. Sicher kam ihm das Vorgehen des Pfarrers entgegen.
    »Es mag sein«, fuhr Pater Gangolf fort, »dass das Mädchen unsere Sprache nicht versteht. Das ist ein weiterer Hinweis auf eine fremde Herkunft. Nein, Gevatterin, lass sie bei euch und sieh zu, dass sie dir im Haus zur Hand geht. Dann wird es eurer Schaden nicht sein.«
    Der Tonfall der Mutter blieb

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