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So finster, so kalt

So finster, so kalt

Titel: So finster, so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Menschig
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Kind bekommen und war dann gestorben. Die anderen Frauen waren sehr aufgeregt gewesen. Sie hatten Hans und einige der anderen Jungen ausgeschickt, um eine Mutter zu finden, die das Neugeborene versorgen konnte. Später hatte er seine Mutter gefragt, warum sie keine Kuh- oder Ziegenmilch nahmen. Das ginge nicht, hatte diese erläutert. Ein Menschenkind braucht Menschenmilch. Ratlos betrachtete Hans den Säugling. Er konnte ihm keine Milch geben. Ob er es doch mit Ziegenmilch versuchen sollte?
    Er schaute sich suchend im Raum um. Dann nahm er einen Korb, in dem er sonst Feuerholz holte, kippte die verbliebenen Scheite auf den Boden und legte das Kind hinein. Es protestierte und ballte kleine Fäuste. Hans brach es das Herz, aber es war nur für einen Augenblick, und hier am Feuer war es warm. Er rannte aus dem Haus und in seinen Verschlag, riss seine beiden Hemden vom Haken und zog sich das dickere davon über. Dann lief er zurück und wickelte seinen Sohn unbeholfen in das andere. Er überzeugte sich, dass der Kleine noch Luft bekam, bevor er das Bündel wieder an die Brust presste.
    So schnell er konnte, lief er den Weg hinab ins Dorf. Das Pochen in der Wunde an seiner Seite ignorierte er und konzentrierte sich ganz darauf, seine schmerzenden Beine zu bewegen. Noch nie war ihm der Weg so weit vorgekommen, doch endlich erkannte er die ersten Häuser. Er kannte sein Ziel, und als er schließlich vor der kleinen Kate am Dorfrand stand, zögerte er keinen Moment. Heftig trommelte er mit der Faust gegen die Tür. Ihm öffnete eine Frau mittleren Alters, die es gewohnt zu sein schien, solcherart aus dem Bett geholt zu werden. »Was ist los, Bursche?«
    »Verzeiht, Gevatterin Rosalia. Ihr seid doch diejenige, die den anderen hilft, die Kinder zur Welt zu bringen?«
    »Warum willst du das wissen?«
    »Ich suche eine Frau, die kürzlich ein Kind bekommen hat.« Er hob ihr seinen Sohn entgegen. »Ich brauche Milch.«
    Die Frau stutzte, nahm ihm das Bündel aus der Hand, schlug den Stoff zurück und betrachtete erst den Säugling und dann Hans. »Wo ist die Mutter?«
    »Sie ist fort. Sie war meine … Schwester.«
    »Was ist mit dem Vater?«
    Hans wurde rot vor Scham. Was dachte Rosalia nun von ihm? Ihm wurde bewusst, dass er sich gar nicht überlegt hatte, was er den Leuten im Dorf erzählen wollte. Er zuckte unbeholfen mit den Schultern und schwieg.
    Rosalia überlegte. So lange, dass Hans sie am liebsten geschüttelt hätte, damit sie etwas tat. Er wusste nicht, wie viel Zeit noch blieb, bevor sein Sohn verhungerte. Dann endlich winkte sie ihn ins Haus, und er folgte ihr in die kleine Stube. Offenbar war sie noch wach gewesen, denn in der Esse brannte ein munteres Feuer, und darüber hing ein blubbernder Kessel. Auf einem Tisch standen mehrere Tiegel mit zerstoßenen Kräutern. Aufmerksam beobachtete Hans, wie das Kräuterweib seinen Sohn behutsam auf einer Anrichte ablegte und das schützende Hemd ganz auffaltete. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. »Da ist noch die halbe Nabelschnur dran. Wann ist er denn zur Welt gekommen?«
    »Heute in der Frühe.« Hans glaubte inzwischen nicht mehr, dass er länger als einen Tag dort oben gelegen hatte, aber sicher war er sich natürlich nicht.
    »Wer war bei der Geburt dabei?«
    »Niemand.«
    »Und er ist klein, viel zu klein.« Sie wandte sich um und sah Hans mit einem traurigen Lächeln an. »Er wird nicht überleben.«
    »Aber … bitte! Könnt Ihr nichts tun, Gevatterin?« Hans trat an sie heran. Er wusste nicht, wohin mit seinen Händen, wollte sie Rosalia auf die Schulter legen und zog sie sofort wieder zurück, weil sich so etwas nicht gehörte. Unruhig knetete er seine Finger und presste sie gegen seine Brust. Sein Herz klopfte qualvoll.
    Jetzt war es Rosalia, die ihm auf die Schulter klopfte. »Beruhige dich. Noch lebt er. Scheint ein zäher Bursche zu sein. Ich werde ihn erst einmal sauber machen.«
    »Er braucht Nahrung.«
    »Das ist kein Problem, er kann ein oder zwei Tage ohne auskommen. Das findet sich. Ist er getauft?«
    »Nein.«
    »Dann werde ich ihn nottaufen. Es gibt keinen Grund, den Pfarrer aus dem Bett zu holen. Wie soll er heißen?«
    Hans überlegte. Sein Taufname war Johannes. Es war sein Sohn. »Johann. Tauft ihn auf den Namen Johannes.«
    »Gut. Du gehst in der Zwischenzeit hinter das Haus. Da steht eine Regentonne. Wasch dich. Du stinkst wie ein ganzer Schweinestall.«
    Als Hans das Haus erneut betrat, hatte Rosalia seinen Sohn gebadet, die Reste der

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