So funktioniert die Wirtschaft
mehr über diesen herauszufinden, wird daraus schlieÃen, dass der Bewerber die Arbeit nicht über alles stellt und keine groÃen Ambitionen hat. Wer bessere Gesundheitsleistungen einfordert, setzt sich dem Verdacht aus, kränklich zu sein. Wer versucht, groÃzügigen Mutterschutz auszuhandeln, wählt einen sicheren Weg, nicht eingestellt zu werden.
Beispiel
Bei manchen Kanzleien von Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern kommt es systematisch zur Ãberarbeitung der Beschäftigten. Denn wer einmal zum Partner aufgestiegen ist, erhält seinen Anteil am Gewinn, gleich ob er nun viel oder wenig arbeitet. Damit nur die besonders Arbeitseifrigen zum Partner aufsteigen, werden alle Junior-Mitarbeiter übermäÃig stark mit Arbeit belastet. Nur diejenigen, die besonders arbeitseifrig sind, halten das längere Zeit aus.
Typischerweise haben die Arbeitnehmer weniger Stellen zur Auswahl als die Arbeitgeber geeignete Kandidaten. Sie sind stärker darauf angewiesen, eine Stelle zu erhalten, als die Arbeitgeber, die Vakanz schnell zu füllen. Einzelne Arbeitnehmer, die ihre Vertragsbedingungen aushandeln müssen, während der Arbeitgeber noch entscheiden kann, ob er sie einstellt, werden daher in den Verhandlungen nicht ihre ehrlichen Vorlieben offenbaren. Sie werden eher unproblematische Forderungen stellen als solche, die zu ungünstigen Vermutungen hinsichtlich ihrer Arbeitsmoral führen könnten. Wenn aber eine Seite ihre wahren Vorlieben gar nicht in die Verhandlungen einbringt, kann am Ende auch keine Vereinbarung herauskommen, welche diese Vorlieben angemessen widerspiegelt.
Wichtig
Arbeitnehmer haben in Vertragsverhandlungen einen Anreiz, ihre Freizeitwünsche zu untertreiben und stattdessen mehr Geld zu verlangen. Das lässt sie besonders arbeitseifrig und ehrgeizig wirken und verbessert so ihre Chance, die Stelle überhaupt zu bekommen.
In Deutschland und Westeuropa wird den einzelnen Arbeitnehmern die Last, solche problematischen Verhandlungen selbst zu führen, viel stärker abgenommen. Mindeststandards werden kollektiv geregelt. Der Gesetzgeber schreibt in Deutschland vier Wochen Mindesturlaub vor. Wäre das zu viel, müssten die Wähler dies ändern, aber die meisten Arbeitnehmer haben aufgrund von Vereinbarungen der Tarifpartner noch mehr Urlaubstage und wollen diese auch behalten. Der Staat und Tarifverträge begrenzen auch die Wochenarbeitszeit und die tägliche Arbeitszeit. Der Mutterschutz wird per Gesetz geregelt. Würden diese Regeln den Präferenzen der meisten Arbeitnehmer zuwiderlaufen, weil sie lieber mehr Geld und weniger Freizeit hätten, dann könnten und müssten die Regeln kollektiv geändert werden. Indizien, dass diesbezüglich verbreitete Unzufriedenheit herrscht, gibt es aber nicht.
Der Wettkampf um Status
Es gibt noch einen weiteren Grund, der dafür sorgt, dass bei gemeinschaftlicher Arbeitszeitverhandlung eine kürzere Arbeitszeit vereinbart wird, als wenn jeder einzeln verhandelt. Das Einkommen, das man durch Arbeit erwirbt, wird wie erwähnt nicht nur deshalb geschätzt, weil es Konsum ermöglicht, sondern auch, um damit seine Stellung in der Gesellschaft zu demonstrieren. Ein schönes Haus in einer guten Gegend, ein teures Auto, hochwertige Bekleidung, all das zeigt den Mitmenschen, dass man etwas kann und jemand ist.
Aufgrund dieses Aspekts gibt es einen Anreiz, mehr zu arbeiten, um mehr zu verdienen und dadurch im Wettkampf um Ansehen einen Vorteil zu erringen. Wenn der Nachbar oder Kollege es macht, muss man mithalten, wenn man im Rennen um Status nicht zurückfallen will. Wenn aber alle einen Tarifvertrag und ein Arbeitszeitgesetz einhalten müssen, das unsere Arbeitszeit begrenzt, dann können wir uns diesen Konkurrenzkampf sparen und die meisten sind besser dran.
Auf einen Blick: Arbeit
Es gibt keinen einzelnen, alles entscheidenden Grund für Massenarbeitslosigkeit. Zu hohe Löhne sind allenfalls in Teilbereichen von Bedeutung.
Arbeitskräftereserven lassen sich auch ohne Arbeitslosigkeit aufbauen, indem man Arbeitszeiten flexibilisiert. Das verlangt allerdings viel Koordination zwischen den Tarifparteien und ist für die Arbeitgeber weniger günstig.
Industrieunternehmen, v. a. groÃe, bezahlen besser, weil sie kapitalintensiver produzieren und mehr Gewinn je Arbeitnehmer erwirtschaften. Dadurch ist die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer
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