So funktioniert die Wirtschaft
ebenfalls produzieren. Das Privileg, mit der Ausbeutung von Bodenschätzen dauerhaft Wohlstand schaffen zu können, genieÃen fast nur Länder mit sehr hohen Vorkommen an wertvollen Bodenschätzen bei relativ kleiner Bevölkerungszahl, wie die arabischen Erdölexporteure.
Warum verdienen Busfahrer hier viel mehr als in Nigeria?
Auch innerhalb Deutschlands verdienen Arbeiter in erfolgreichen Industriebetrieben viel mehr als etwa Hotelfachkräfte mit gleichem oder gar höherem Ausbildungsstand. Daher ist es kein Wunder, dass die Menschen in Entwicklungsländern ohne international konkurrenzfähige Industrie im Durchschnitt weniger verdienen. Aber es ist nicht nur der Mangel an gut bezahlten Industriearbeitsplätzen, der den Durchschnitt drückt. Auch auÃerhalb der Industrie verdienen Arbeitnehmer in Entwicklungsländern, die mit der gleichen Ausrüstung genau das Gleiche tun wie ihre Kollegen in den Industrieländern, nur einen Bruchteil von deren Löhnen.
Beispiel
Bei angelernten Beschäftigten von McDonald's gibt es im internationalen Vergleich riesige Lohnunterschiede, obwohl Produktionsverfahren und Produkte praktisch identisch sind. Ashenfelter und Iurajda (2001) stellten fest, dass ein indischer Hamburger-Wender drei Stunden arbeiten muss, um einen Big Mac mit nach Hause nehmen zu können, ein russischer zwei Stunden, ein brasilianischer oder polnischer eine Stunde, ein deutscher 20 Minuten und ein japanischer acht Minuten.
Ein Busfahrer in Lagos verdient etwa ein Sechzehntel dessen, was sein Berufskollege in Frankfurt verdient. Solche riesigen Unterschiede kann es geben, weil Dienstleistungen wie Busfahren oder Haare schneiden nicht international transportiert und gehandelt werden können und weil nigerianische Busfahrer nicht einfach nach Deutschland gehen dürfen, um dort im Busfahrergewerbe zu arbeiten.
Aber wie entstehen diese Unterschiede überhaupt? Wenn v. a. die Vorteile der industriellen Massenproduktion für den Reichtum von Ländern verantwortlich sind, dann bedeutet das ja nicht automatisch, dass auch in Wirtschaftsbereichen, in denen es keine Massenproduktion und wenig Spezialisierung gibt, die Löhne in ähnlicher GröÃenordnung steigen. Rein ökonomisch betrachtet gibt es wenig, was verhindern würde,dass in Deutschland Friseure (inflationsbereinigt) ähnlich wenig verdienen wie vor hundert Jahren oder wie in einem Entwicklungsland, während Industriearbeiter ein Vielfaches dieses VergleichsmaÃstabs verdienen. Die wesentlichen Einflusskräfte, die das verhindern, sind politischer Art. Der gesellschaftliche Zusammenhalt wäre unter solchen Bedingungen gefährdet. Bei allgemeinem Wahlrecht haben die Geringverdiener die Möglichkeit, sich einen Anteil am gesellschaftlichen Reichtum zu sichern, indem sie für eine verhältnismäÃig groÃzügige soziale Sicherung stimmen. Diese zieht indirekt eine Untergrenze für die Lohnhöhe ein, weil kaum jemand für Löhne unter Sozialhilfeniveau arbeitet. Oder sie stimmen für Parteien, die einen Mindestlohn setzen, der das soziale Existenzminimum in einem reichen Land sichert. Weil die gut bezahlten Industriebeschäftigten kaufkräftige Nachfrage bieten, können Dienstleister und Landwirtschaft in reichen Ländern die Preise entsprechend erhöhen.
So müssen die besser Verdienenden Dienstleistungen teurer bezahlen, als es der Fall wäre, wenn allein der Markt regierte. Ihr preisbereinigtes Einkommen ist niedriger, während das der Beschäftigten in den einfachen Dienstleistungen steigt. In Ländern, in denen es kaum heimische Unternehmen in Wirtschaftsbereichen mit hoher Wertschöpfung gibt, fehlt die Basis für diese Umverteilung der Erwerbschancen und der Einkommen. Deshalb müssen die vielen unterbeschäftigten Menschen ihre Arbeitskraft zu fast jedem Preis anbieten. Die Gehälter der Friseure in reichen Ländern steigen, weil sie über Sozialleistungen und Mindestlöhne am steigenden Wohlstand partizipieren und deshalb ihre Arbeit nicht zu jedem Preisanbieten müssen. Da in reichen Industrieländern genug kaufkräftige Nachfrage vorhanden ist, können die Friseure höhere Preise verlangen, um die höheren Löhne zu decken. In armen Ländern, in denen es kaum Wirtschaftsbereiche mit groÃen Wertschöpfungsgewinnen gibt, fehlt die Basis dafür.
Nützt die Globalisierung allen
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