Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So funktioniert die Wirtschaft

So funktioniert die Wirtschaft

Titel: So funktioniert die Wirtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Haering
Vom Netzwerk:
und Alexander Hamilton (ca. 1757–1804) in den USA imitiertendie britische Strategie. Japan und Korea wurden zwar durch Exporte groß, aber nicht durch staatlich unbeeinflussten Handel. China, das sich derzeit anschickt, zu den Industrieländern aufzuschließen, hat seine Lektion ebenfalls gelernt. Das Land trat der Welthandelsorganisation erst bei, als es auf vielen Auslandsmärkten bereits eine sehr starke Stellung erobert hatte.
    Ein Blick in die Geschichte
    Ein etwas genauerer Blick darauf, wie die führenden Wirtschaftsmächte der letzten Jahrhunderte – Großbritannien und die USA – sich entwickelten, zeigt, dass Freihandel nicht den Weg aus der Unterentwicklung weist. Nicht von ungefähr verbreiteten die britischen Ökonomen die Freihandelslehre erst im 18. Jhd., als England bereits einen großen Vorsprung bei der Industrialisierung erreicht hatte und die führende Exportnation war.
    Wie England groß wurde
    Gegen Ende des 15. Jhd. verfolgte König Henry VII. (1457–1509) in England eine Politik der Industrialisierung, die darauf abzielte, die Abhängigkeit von Landwirtschaft und Wollexporten abzubauen. Der König verhängte Ausfuhrzölle auf Wolle und förderte den Aufbau einer Textilproduktion mit befristeten Subventionen und staatlich gewährten Monopolen für die Unternehmer. Als England eine hinreichend große eigene Textilproduktion aufgebaut hatte, um alle inländische Wolle zu verarbeiten, erließ die Krone sogar ein rigides Ausfuhrverbot für Wolle. Weil Großbritannien der größte Wollproduzent war, brachten die Ausfuhrzölle und das spätere Ausfuhrverbot für Wolle den bis dahin führenden Anbietern aus Holland und Italien einen Kostennachteil. Für sie wurde Wolle teurer und knapp, während die britische Textilindustrie auf billige heimische Wolle zugreifen konnte und florierte.
    England nutzte seine zunehmende wirtschaftliche und militärische Macht auf vielfältige Weise, um seine Vormachtstellung im internationalen Handel auszubauen. Hier ein paar Beispiele (nach E. Reinert 2007 und S. Reinert 2011):
Im Jahr 1673 erließ König Charles II. eine Verordnung, die das Tragen von Seide bei Hofe verbot, und ließ ausländische Textilien beschlagnahmen. Der Erlass traf Florenz, die Hochburg der Seidenindustrie, ins Mark.
Das englische Parlament beschloss 1699 ein Gesetz, das den Textilexport aus der Kolonie Irland verbot und das Land damit zur Armut verurteilte. Die Queen entschuldigte sich 2011 bei den Iren für diese Politik.
Das verarmte Königreich Neapel führte 1823 Schutzzölle ein. Es entwickelte sich eine erfolgreiche Schiffsbauindustrie. Großbritannien verhängte Strafzölle und schickte, als das nicht half, Kanonenbote. Neapel musste seine Zölle abschaffen und sich weiter damit zufrieden geben, Großbritannien billige Rohstoffe zu liefern.
    Im Gefolge seiner zunehmenden wirtschaftlichen Macht stieg England auch zur führenden Militärmacht auf. Diese Macht nutzte das Land bei Bedarf, um andere Länder zu zwingen,Rohstoffe zu liefern und Fertigprodukte aus England zollfrei abzunehmen. Ein beliebtes Lehrbuchbeispiel für die Vorteile des internationalen Handels, das auf den klassischen britischen Ökonomen David Ricardo (1772–1823) zurückgeht, behandelt den Austausch von englischem Tuch gegen portugiesischen Wein, ein Geschäft, das angeblich für beide Länder vorteilhaft sei. Weder Ricardo noch die Lehrbücher erwähnen, dass 1703 die übermächtige britische Flotte vor Lissabon geankert hatte, um sicherzustellen, dass die Portugiesen den sog. Methuen-Vertrag unterschrieben. Dieser schrieb fest, dass Portugal dauerhaft britisches Tuch zollfrei ins Land ließ. Im Gegenzug erlaubte England den zollfreien Export portugiesischer Weine und verzichtete darauf, Portugal seine brasilianischen Kolonien wegzunehmen. Offensichtlich musste Portugal durch Demonstration militärischer Macht von den Vorteilen des Freihandels überzeugt werden. Kein Wunder, denn wie die Briten wussten auch die Portugiesen, dass man mit Textilien viel mehr verdienen konnte als mit dem Anbau von Trauben.
    Warum Deutschland hinterherhinkte
    Deutschland blieb in Bezug auf Industrialisierung zunächst weit hinter Ländern wie England und Holland zurück. Schuld daran war v. a. seine Zersplitterung. Sie ging auf den Westfälischen Frieden von 1648 zurück,

Weitere Kostenlose Bücher