So funktioniert die Wirtschaft
Produkte vorher importiert worden waren, enormen Auftrieb. Fabriken für Wollwaren und Textilien, Glas, Töpferwaren und andere Güter schossen wie Pilze aus dem Boden. Erst dadurch entstand eine Klasse von Industriellen und Handwerkern, deren Wohl davon abhing, dass sie weiterhin gegen billigere Importe geschützt wurden. Nach dem Krieg wurden daher hohe Zölle von durchschnittlich rund 20 % beibehalten. Für besonders wichtige Wirtschaftszweige, wie die Textil- und Eisenindustrie galten vorübergehend noch höhere Einfuhrzölle. In den nächsten gut 20 Jahren wurden Taussig (1910/1892) zufolge die Einfuhrzölle für Industriegüter laufend erhöht.
Wichtig
Praktisch allen Industrieländern gelang die Industrialisierung nur, indem sie durch Einfuhrzölle, Subventionen und ähnliche MaÃnahmen die Wettbewerbsposition der eigenen Industrie gegenüber Importen und gegenüber ausländischer Konkurrenz auf Exportmärkten verbesserten.
Es gibt überall Verlierer
Heute sind die Industrieländer die treibende Kraft der Globalisierung. Sie drängen auf Zollsenkungen, offenen Marktzugang und Freihandelsvereinbarungen. Ihre Unternehmen verlagern einfache Produktionstätigkeiten massenhaft in Länder, in denen die Lohnkosten viel geringer sind. Das lässt vermuten, dass die Industrieländer von der Globalisierung profitieren. Doch die Wirklichkeit ist vielschichtiger: Viele Menschen in den Industrieländern profitieren, manche verlieren. Verlierer sind v. a. gering qualifizierte Arbeiter in der Industrie. Sie sind am stärksten der Konkurrenz von Produktion in Billiglohnländern ausgesetzt, sei es, weil ihre Unternehmen betriebliche Teilbereiche dorthin verlagern oder weil die Unternehmen durch Importe aus Billiglohnländern unter Druck kommen. In beiden Fällen schrumpfen die Belegschaften, weil die am wenigsten produktiven Unternehmen schlieÃen oder Leute entlassen müssen, für die sie nicht mehr genug Arbeit haben. Diese Leute müssen sich daraufhin entweder in einem anderen Beruf in der Industrie einen Job suchen oder die Industrie ganz verlassen und in den Dienstleistungsbereich wechseln. Dabei erleiden sie meist beträchtliche LohneinbuÃen.
Das harte Schicksal der Kolonien
Um ihre erfolgreiche Strategie der Industrialisierung umsetzen zu können, die gegen das Interesse der englischen Kolonialmacht gerichtet war, mussten die USA erst einen Unabhängigkeitskrieg gewinnen. Als die meisten Kolonien in Afrika und Asien unabhängig wurden und diese Möglichkeit zumindest im Prinzip erhielten, schrieben wir, wie die nachfolgende Tabelle zeigt, schon das 20. Jhd., und das Entwicklungsgefälle war zu dieser Zeit bereits riesig.
Kolonie
unabhängig im Jahr
Kolonialmacht
Ãquatorialguinea, Westsahara
1975
Spanien
Angola, Mozambique
1975
Portugal
Kenia
1963
GroÃbritannien
Algerien
1962
Frankreich
Belgisch Kongo
1960
Belgien
Somalia
1960
Italien
Nigeria
1960
GroÃbritannien
Vietnam, Laos,
Kambodscha
1954
Frankreich
Zeitpunkte der Unabhängigkeit von Kolonien (Beispiele)
Vergleichsweise gut standen die in gemäÃigten Klimaregionen gelegenen Kolonien da, denn sie boten Siedlern aus den Kolonialmächten einigermaÃen gute Lebensbedingungen.Und dort, wo ihre eigenen Landsleute in gröÃerer Zahl lebten, hatten die Kolonialmächte ein gewisses Interesse daran gehabt, eine funktionierende Wirtschaft und Verwaltung zu etablieren. Wo dies nicht der Fall war, war es den Kolonialmächten v. a. darum gegangen, möglichst viele natürliche Ressourcen aus den Kolonien herauszuziehen. Dazu zählten sie zynischerweise auch Menschen, die als Sklaven verschifft wurden. Die Verwaltung wurde allein auf Ausbeutung ausgerichtet, wirtschaftliche Entwicklung war nicht vorgesehen.
Bei dieser Ausgangslage verwundert es kaum, dass es so viele arme Länder auf der Welt gibt, die es nicht geschafft haben, eine international konkurrenzfähige Industrie aufzubauen. Bei allem, was sie hätten anfangen können, mussten sie fast bei null beginnen, und in allen Belangen waren die Unternehmen in den Industrieländern erheblich besser. Ohne nennenswerte Industrie sind die Menschen dort auf Beschäftigung in der Land- und Rohstoffwirtschaft, im Tourismus, in anderen Dienstleistungen und im Kleinsthandwerk angewiesen. Die Vorteile der Massenproduktion fehlen teilweise oder vollständig. Der Wettbewerb ist hart, die
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