So funktioniert die Wirtschaft
inflationsbereinigte Zins, nicht lediglich der nominale Zins)steigt, hebt die Zentralbank dabei den Leitzins um den Inflationsanstieg plus einen Aufschlag an.
Wichtig
Realzins ist der vereinbarte Zins, auch Nominalzins genannt, abzüglich der Inflationsrate. Er gibt an, wie viel mehr (oder weniger) man sich für die Kreditsumme plus Zins nach einem Jahr kaufen kann, im Vergleich zu dem, was man sich ursprünglich für die Kreditsumme hätte kaufen können.
Beispiel
Im Oktober 2011 betrug der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) 1,25 %, die Inflationsrate 3 %. Eine Bank, die sich bei der EZB für ein Jahr Geld lieh, musste unter Berücksichtigung des Geldwertverlustes in dieser Zeit etwa 1,75 % weniger zurückzahlen, als sie ausgeliehen hatte.
AuÃerdem sieht die Formel einen Abschlag beim Leitzins vor, wenn die Produktionskapazitäten der Wirtschaft unterausgelastet sind (Rezession), und einen Aufschlag, wenn sie überausgelastet sind (Hochkonjunktur). Auch das Verhalten von Zentralbanken, die eigentlich behaupten, anders zu handeln, lässt sich empirischen Untersuchungen zufolge recht gut mit der Taylor-Formel beschreiben.
Eine Zentralbank kann nicht pleitegehen
In Europa gerieten im Zuge der Finanzkrise einige Länder â zuerst Griechenland, dann Irland, Portugal, Spanien und Italien â in den Verdacht, überschuldet zu sein. Um Käufer für ihre Anleihen zu finden, mussten sie daher sehr hohe Zinsen bieten â höhere, als sie sich leisten konnten. Das war der Grund, warum die Europäische Zentralbank begann, Anleihen dieser Länder zu kaufen. Als sich die Krise zuspitzte, kam beivielen Laien und selbst bei einigen Fachleuten die Sorge auf, dass die Zentralbank selbst pleitegehen könnte, falls diese Staaten ihre Schulden nicht zurückzahlen könnten.
Beispiel
Professor Ansgar Belke, Forschungsdirektor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, warnte im August 2011 vor Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank und sagte dem Handelsblatt : âSchaut man sich die immer schlechtere Qualität und den stark gestiegenen Umfang der Notenbankbilanzen an, wird aber schnell deutlich, dass auch (â¦) Notenbanken âbankrottâ gehen können.â
Diese Sorge ist unbegründet. Eine Zentralbank hat zwar wie jede andere Bank eine Bilanz, mit Eigenkapital und Verbindlichkeiten auf der einen und Vermögenswerten auf der anderen Seite. Ihre Verbindlichkeiten sind jedoch von besonderer Art, weshalb eine Zentralbank, die eine eigene Währung kontrolliert, praktisch nicht pleitegehen kann. Pleite geht man, wenn man seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Wer keine groÃen Zahlungsverpflichtungen hat, kann nicht pleitegehen. Dazu sei beispielhaft die Bilanz (konsolidierter Wochenausweis) des Eurosystems vom 18. Oktober 2011 dargestellt. Das Eurosystem ist die Verbindung aus Europäischer Zentralbank und den nationalen Zentralbanken des Euroraums.
Mrd.
EUR
Aktiva (Haben)
Passiva (Soll)
Mrd.
EUR
Banknotenumlauf
860
Ausgleichsposten für vom IWF zugeteilte Sonderziehungsrechte
54
Eigenkapital und Rücklagen
81
420
Gold
Ausgleichsposten aus Neubewertung
383
587
Forderungen an Kreditinstitute aus geldpolitischen Operationen
Verbindlichkeiten an Kreditinstitute aus geldpolitischen Operationen
598
1.304
Wertpapiere, Bankguthaben, Sonstiges
Bankschulden und Sonstiges
335
2.311
Summe
Summe
2.311
Bilanz (konsolidierter Wochenausweis) des Eurosystems vom 18. Oktober 2011
Man sieht: Der gröÃte Posten auf der Passivseite ist der Banknotenumlauf. De facto ist das keine Verbindlichkeit, weil niemand die Banknoten einreichen kann, um etwas anderes als Banknoten dafür zu bekommen. Als Banknoten noch mit Gold gedeckt waren, bestand diese Verbindlichkeit der Geld ausgebenden Zentralbank noch darin, gegen Vorlage derBanknoten Gold herausgeben zu müssen. Seit es diese Verpflichtung nicht mehr gibt, ist die Gegenbuchung zur Geldschöpfung ein inhaltsleerer Bilanzeintrag, der nur erfunden wurde, damit unter dem Strich links und rechts die gleiche Summe steht, wie sich das für eine Bilanz gehört. Der zweitgröÃte Posten unter den Verbindlichkeiten sind die Forderungen der Kreditinstitute aus geldpolitischen Operationen, also daraus, dass die Banken für die Kredite, die ihnen das Eurosystem gewährt, ein Guthaben mit Zentralbankgeld eingeräumt bekommen. Hier gleichen sich
Weitere Kostenlose Bücher