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So funktioniert die Wirtschaft

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Titel: So funktioniert die Wirtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Haering
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Zentralbanken Lohnerhöhungen ein Dorn im Auge. Im Kern läuft die Inflationsbekämpfung darauf hinaus, „übermäßige“ Lohnerhöhungen zu verhindern. Das ist nicht immer populär, weshalb die Zentralbanken gern in die argumentative Trickkiste greifen, um die Inflationsbekämpfung dennoch als etwas darzustellen, das im Interesse der kleinen Leute sei.
    Was aber passiert tatsächlich, wenn es zu einer unerwarteten Beschleunigung der Inflation kommt, weil die Zentralbank durch großzügige Geldpolitik zugelassen hat, dass Löhne und Gehälter kräftig steigen? Nehmen wir an, dadurch stiege die Inflationsrate unerwartet von zwei auf vier Prozent. Die Arbeitnehmer sind bereits durch höhere Löhne entschädigt. Die Renten werden im Nachhinein angepasst. Bei Sozialleistungen geschieht das oft nicht, aber der Verzicht auf die Anpassung ist dann eine Entscheidung der Regierung. Am Beispiel der Renten erkennt man, dass die Anpassung leicht möglich wäre. Erst dadurch, dass die Politik sich entscheidet, die Sozialhilfe (inflationsbereinigt) zu kürzen, wenn die Inflation steigt, geraten die sozial Schwachen in eine Allianz mit den Hauptverlierern von Inflation: den Finanzinstituten und den Reichen.
    Den Hauptschaden tragen nämlich all diejenigen, die Geld zu festem Zins angelegt oder zu festem Zins jemandem Kredit gegeben haben. Denn der Realzins, den sie tatsächlich bekommen, wird durch die Geldentwertung niedriger als der, mit dem sie kalkuliert haben. Die Geschädigten sind also v. a. die Banken als Hauptkreditgeber und diejenigen unter den Vermögenden, die ihr Geld in Anleihen angelegt haben. WerImmobilien besitzt, ist normalerweise geschützt, weil die Immobilienpreise i. d. R. mit der Inflation steigen. Aktienkurse entwickeln sich oft nicht gut, wenn die Inflation unerwartet hoch ist, weil steigende Löhne tendenziell die Gewinne der Unternehmen schmälern. Aktien stellen ja einen Anspruch auf einen Anteil am Unternehmensgewinn dar.
    Kurz gesagt sind also die Hauptleidtragenden eines Inflationsanstiegs die Banken und die Vermögenden. Rentner gehören gar nicht so selten zu den Vermögenden. Nur dann sind auch sie unter den Hauptleidtragenden.
    Anders verhält es sich nur, wenn die Inflation nicht von steigenden Löhnen verursacht, sondern importiert wird, etwa weil die Weltmarktpreise für Öl, andere Rohstoffe oder Nahrungsmittel stark steigen. Dann trifft es wirklich die Ärmsten am stärksten. Aber diese Art von Inflation kann ohnehin keine Notenbank verhindern.
    Wichtig
    Wenn die Zentralbank durch lockere Geldpolitik steigende Löhne und Preise zulässt, sind die Hauptleidtragenden die Gläubiger, also die Banken und die Vermögenden.
    Gibt es eine Wahl zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit?
    Vom früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt stammt der Ausspruch: „Lieber 5 % Inflation als 5 % Arbeitslosigkeit.“ Das war zu Zeiten, als 5 % Arbeitslosigkeit noch als viel galt. In der Ökonomie wird die Beziehung zwischen beiden Größen als Phillips-Kurve bezeichnet, benannt nach einem Ökonomen, der durch Beobachtung der britischen Wirtschaft festgestellt hat, dass mit steigender Inflation die Arbeitslosigkeit sinkt und umgekehrt (siehe die folgende Abbildung). Eine solche Beziehung wurde auch in anderen Ländern festgestellt. Sie lässt sich gut erklären.
    Phillips-Kurve: Arbeitslosigkeit sinkt, Inflation steigt
    Nehmen wir an, die Nachfrage aus dem Ausland steigt. Die Exporteure verkaufen mehr und ordern neue Maschinen. Mehr Menschen finden Arbeit, die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer verbessert sich, die Löhne steigen. Die Unternehmen überwälzen die höheren Löhne in Form von Preissteigerungen auf die Konsumenten, die ja als Gehaltsempfänger mehr Geld in der Tasche haben. Nach einem oder zwei Jahren ist die Arbeitslosigkeit niedriger, die Inflation höher als vorher. Sofern die Notenbank nicht gegensteuert, setzt sich der Prozess weiter fort, denn wenn der Nominalzins gleich bleibt und die Inflation steigt, dann sinkt der Realzins. Wenn der Realzinssinkt, nehmen die Leute eher einen Kredit auf und kaufen ein Haus oder ein Auto, die Unternehmen investieren mehr.
    Entscheidet nun die Zentralbank, dass eine Inflationsspirale droht, weil steigende Löhne und Preise sich gegenseitig nach oben schrauben könnten, erhöht sie kräftig die Zinsen. Jetzt tritt der

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