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So funktioniert die Wirtschaft

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Titel: So funktioniert die Wirtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Haering
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umgekehrte Fall ein: Es wird weniger investiert und weniger Häuser und Autos werden gekauft. Die Arbeitslosigkeit steigt, die Löhne steigen weniger oder stagnieren, die Inflation geht zurück. Nach vielleicht einem Jahr ist die Inflation deutlich gesunken, die Arbeitslosigkeit gestiegen.
    Streit um die längere Frist
    Dieser Zusammenhang ist weitgehend unumstritten. Er bildet die Grundlage für die Strategie der Zentralbanken, durch Zinsänderungen die Inflationsrate zu stabilisieren.
    Umstritten ist dagegen, ob man dauerhaft mit mehr Inflation weniger Arbeitslosigkeit erkaufen kann oder ob das nur ein kurzfristiger Effekt ist, der wieder verpufft. Diejenigen, die Letzteres annehmen, argumentieren, das Zulassen einer höheren Inflationsrate sei immer mit der Notwendigkeit verbunden, die Inflationsrate später wieder zu senken, wodurch man auch die zunächst positive Wirkung auf die Beschäftigung wieder zunichtemache. Deshalb sei es besser, diesen Weg erst gar nicht zu gehen.
    Wichtig
    Kurzfristig führt eine lockere Geldpolitik zu höheren Preisen und zu niedrigerer Arbeitslosigkeit. Ob das auch langfristig gilt, ist umstritten.
    Die Gegenmeinung stellt diesen festen Zusammenhang in Frage. Die Argumentation geht so: Wenn es hohe Arbeitslosigkeit gibt, werden Produktivkräfte nicht genutzt. Sorgt die Zentralbank durch niedrige Zinsen für eine Zunahme der Nachfrage und erhöht sich die Beschäftigung, steigt das Güterangebot. Die höhere Nachfrage richtet sich also nicht auf ein festes Angebot an Gütern, sondern auf ein steigendes. Nach dieser Ansicht kann die Zentralbank also, wenn in der Ausgangslage Arbeitslosigkeit herrscht, diese dauerhaft senken, indem sie die Zinsen niedrig hält, ohne dass die Inflationsrate sich immer weiter erhöht.
    Im deutschsprachigen Raum herrscht in der Bevölkerung und unter Ökonomen eher die erste Ansicht vor, wonach Geldpolitik nichts gegen die Arbeitslosigkeit tun kann. Deshalb hatte vor Beginn der Währungsunion die Bundesbank allein die Aufgabe, für Preisstabilität zu sorgen, und deshalb wurde diese Aufgabenstellung auch auf die Europäische Zentralbank in Frankfurt übertragen. In den USA herrscht dagegen eher die zweite Auffassung vor, weshalb der Notenbank dort gleichberechtigt die Aufgaben zufallen, die Inflation und die Arbeitslosigkeit in Schach zu halten.
    Steigen die Preise, wenn die Geldmenge steigt?
    Als die Bundesbank noch für die Geldpolitik in Deutschland verantwortlich war, folgte sie, zumindest ihren Worten nach, der Empfehlung des amerikanischen Ökonomen Milton Friedman, die Geldmenge zu steuern, um Inflation zu verhindern. Die Grundidee dahinter ist, dass das Verhältnis von Geldmenge und Gütermenge die Preise bestimmt. Wenn die umlaufende Geldmenge, die für Käufe zur Verfügung steht, stärker steigt als die verfügbare Gütermenge, dann steigen die Preise, weil immer mehr Geld die gleiche Menge an Gütern „jagt“. Deshalb gab die Bundesbank jedes Jahr einen Zielwert für die Vermehrung der Geldmenge aus, die sie mit Preisstabilität für vereinbar hielt. In mehr als der Hälfte der Jahre hat sie dieses Ziel allerdings deutlich verfehlt. Das liegt daran, dass die Zentralbank nicht direkt die Geldmenge steuern kann, die die Banken im Wege der Kreditvergabe schaffen.
    Neben der fehlenden Steuerbarkeit in einem System, in dem die Banken das meiste Geld schaffen, liegt ein zweites Problem darin, dass man nie weiß, wofür das von den Banken geschaffene Buchgeld verwendet wird. Es kann nämlich nicht nur zum Kauf von Verbrauchsgütern und Dienstleistungen verwendet werden, wie das die Anhänger der Geldmengenregel im Sinn haben, sondern auch zu spekulativen Zwecken, wie dem Kauf von Aktien, Anleihen oder Immobilien. Letzteres hat keinen direkten Einfluss auf die Verbraucherpreise. Die Verbindung zwischen Geldmengenausdehnung und Inflationder Verbraucherpreise ist daher sehr unzuverlässig und kann stark schwanken.
    Die folgende Tabelle zeigt zwei Episoden, in denen die Geldmengenausweitung zunächst die Aktienkurse kräftig nach oben trieb und die nachfolgende starke Abschwächung der Geldmengenausdehnung mit deutlich sinkenden Aktienkursen einherging. Bei den Verbraucherpreisen wirkte sich die stark unterschiedliche Geldmengenentwicklung nur hinter dem Komma aus. Statt der Geldmenge hätte man auch das Kreditvolumen heranziehen können.

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