So funktioniert die Wirtschaft
Strategie zur Ãberwindung der finanziellen Probleme, die mit der Bevölkerungsalterung einhergehen, weist bei genauerer Betrachtung einen Denkfehler und unschöne Nebenwirkungen auf.
Nur was produziert wird, kann verteilt werden
Der Denkfehler besteht darin, dass ein kapitalgedecktes Rentensystem grundsätzlich auf die gleichen Probleme wie ein umlagefinanziertes System stöÃt, wenn die Bevölkerung altert. Das ist für viele nicht ohne Weiteres einsichtig, unter Fachleuten aber nahezu unstrittig. Selbst die Wirtschaftsforschungsabteilung der Deutschen Bank, DB Research, räumt in einer Jubel-Studie für die private Vorsorge (Bräuninger 2010) unumwunden ein: âZugegeben, auch bei einer kapitalgedeckten Privatversicherung muss die jeweils aktive Generation das erwirtschaften, was die Rentnergeneration an Auszahlungen in Anspruch nimmt.â
Um das zu verstehen, stelle man sich vor, es gäbe keine staatliche Rente, sondern nur kapitalgedeckte private Rentenversicherungen, wie etwa in Chile. Was passiert, wenn die Anzahl der Erwerbstätigen stark sinkt und die der Rentner stark steigt? Lassen wir einmal den internationalen Handel beiseite, sodass die Bevölkerung nur verbrauchen kann, was sie produziert. Wir bewegen uns jetzt also nicht in der Geldsphäre, sondern in der realen Sphäre der Güter und Leistungen, die wir uns davon kaufen können und auf die es letztlich ankommt.
Geld kann man lagern, aber nicht essen
Wir können zwar Geld problemlos aufbewahren, aber das nützt uns nicht viel, weil man Geld nicht essen kann. Es gibt nicht viele nützliche Güter, die man zehn Jahre oder mehr aufVorrat produzieren kann, ohne dass sie ihren Wert verlieren. Wenn es also heute viele Erwerbstätige gibt und viel produziert wird, können (und müssen) wir heute viel verbrauchen. Wenn es später wenige Erwerbstätige gibt, die entsprechend weniger produzieren, können wir weniger verbrauchen. Entweder die Arbeitenden oder die Rentner müssen ihr Konsumniveau senken; wahrscheinlich tun es beide. Dieses Problem besteht sowohl im Umlageverfahren wie auch im kapitalgedeckten Verfahren.
Im kapitalgedeckten Verfahren haben die Rentner einen hohen Kapitalstock angespart, der z. B. in Aktien der deutschen Unternehmen angelegt ist. Von den Dividenden, also ihrem Anteil am Gewinn der Unternehmen, wollen sie als Rentner leben. Wenn die Dividenden von der Bevölkerungsalterung unbeeinflusst blieben, wäre alles in Ordnung. Doch wenn weniger produziert wird, dann gibt es auch weniger auszuschütten. Entweder verschwinden manche Unternehmen vom Markt oder die bestehenden Unternehmen schrumpfen.
Weniger Aktive, weniger zu verteilen
Internationaler Handel löst das Problem nicht
Ohne AuÃenhandel stehen also umlagefinanziertes und kapitalgedecktes Rentensystem vor demselben Problem. Und auch der AuÃenhandel rettet das kapitalgedeckte Rentensystem nicht zuverlässig vor den Folgen einer alternden Gesellschaft.
Die Finanzinstitute, die die privaten Rentenversicherungen anbieten, können zwar einen Teil des Kapitalstocks im Ausland anlegen, wo die Bevölkerung nicht altert. Wenn dann die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, können sie das Geld zurückholen und die Rentner können damit Waren bezahlen, die aus dem Ausland importiert wurden â sollte man meinen.
Doch damit das funktioniert, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:
Es muss groÃe internationale Handelspartner geben, die nicht das gleiche Alterungsproblem haben.
Die Wechselkurse müssen mitspielen.
Schon die erste Bedingung ist nicht erfüllt. Die Weltbevölkerung insgesamt altert, nicht nur die deutsche. Die einzige Weltregion, in der die erwerbsfähige Bevölkerung noch stark wächst, ist Afrika. Diese Region ist aber so arm, dass sie auf absehbare Zeit kaum zu einem Netto-Exporteur so groÃen Umfangs wird, wie es nötig wäre, um das Alterungsproblem in Deutschland und den anderen Industrieländern zu lösen.
Die Wechselkurse spielen ebenfalls nicht zuverlässig mit. Um Vermögen im Ausland aufzubauen, auf das wir später zurückgreifen können, müssen wir heute mehr exportieren als importieren. Dann können wir später entsprechend mehr importieren, als wir exportieren, und so die geschrumpfte Menge an selbst produzierten Waren und Leistungen aufstocken. Dochwenn wir beginnen, mehr zu exportieren, müssen die
Weitere Kostenlose Bücher