So funktioniert die Wirtschaft
fehlen. Als relativ sicher gelten Staatsschuldtitel v. a. deshalb, weil der Staat so mächtig ist. Wenn der Staat unter Geldnot leidet, kann er die Steuern erhöhen. Genügt das nicht oder möchte er diesen Weg nicht gehen, kann er die Zentralbank bitten (oder auf deren Bereitschaft hoffen), Staatsanleihen mit neuem Geld aufzukaufen, wie das die amerikanische und die britische Notenbank ab 2009 in sehr groÃem Umfang, die Europäische Zentralbank ab 2010 in etwas geringerem Umfang taten. Zentralbanken kaufen diePapiere dem Staat zwar nicht direkt ab, weil das als âStaatsfinanzierung mit der Notenpresseâ verpönt oder verboten ist. Aber wenn sie die Papiere den Banken abkaufen und diese damit rechnen können, kommt es mehr oder minder auf dasselbe heraus.
Käufe von Staatsanleihen (Nov. 2011)
% des BIP
Europäische Zentralbank
  195 Mrd. EUR
 2
Bank von England
  225 Mrd. £
16
US Federal Reserve
1.650 Mrd. $
12
Staatsanleihenkäufe von Zentralbanken im Vergleich
Beispiel
Im Januar 2011 überholte die US-Notenbank Federal Reserve mit einem Bestand von gut 1.100 Mrd. Dollar China als gröÃten Halter von US-Staatsschuldtiteln. Bis Juni 2011 stieg der Bestand der Federal Reserve auf etwa 1.600 Mrd. Dollar. Damit zahlte die US-Regierung die Zinsen für gut ein Zehntel der Staatsschuld letztlich an sich selbst.
Stärker bankrottgefährdet sind Staatsschuldtitel, wenn der Staat in hohem MaÃe in Fremdwährung im Ausland verschuldet ist oder wenn er keine eigene Zentralbank besitzt, wie das bei den Mitgliedsländern der Europäischen Währungsunion der Fall ist.
Wenn ein Staat eine eigene Zentralbank hat und v. a. bei seinen eigenen Bürgern in einheimischer Währung verschuldet ist, dann besteht das Hauptrisiko für die Gläubiger darin, dass der Staat den Wert seiner Schulden durch starke Geldmengenausdehnung weginflationiert. Das geschieht in einigermaÃen wohlhabenden funktionierenden Demokratien sehr selten, kam aber in der Vergangenheit doch gelegentlich vor. In aller Regel ist der Grund ein verlorener Krieg.
Beispiel
Auf dem Gipfel der deutschen Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg vervierfachten sich die Preise jede Woche. Vor der Währungsreform 1923 kostete ein Dollar 4,2 Billionen Reichsmark. Die weltweit bisher höchste Inflationsrate erreichte Ungarn unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Preise vervierfachten sich damals jeden Tag.
Lässt man einmal den Fall des verlorenen Krieges beiseite, bei dem ohnehin fast alle verlieren, dann ist das Vertrauen der Bürger in den Staat als Schuldner i. d. R. gerechtfertigt.
Aus Schulden wird Geld
Es bleibt jedoch der Einwand, dass der Staat sich auf Kosten unserer Kinder und Kindeskinder verschulde, weil diese später höhere Steuern zahlen müssten, um die Staatsschuld zurückzuzahlen. Das stimmt tatsächlich. Wenn der Staat seine Schuld zurückzahlen würde, dann würden diejenigen, die zu diesem Zeitpunkt Steuern zahlen, stark belastet. Allerdings zahlt der Staat zwar seine einzelnen Schuldtitel zurück, aber fast nie seine Schulden. Er ersetzt vielmehr auslaufende Schuldenpapiere durch neue und sorgt so dafür, dass den Anlegern die Investitionsmöglichkeit in Staatsschuldtitel erhalten bleibt und die Steuerzahler nicht übermäÃig belastet werden. Der seltene Fall, dass der Staat seine Schulden reduziert, tritt nur ein, wenn die Wirtschaft besonders gutläuft, die Steuereinnahmen sprudeln und die Ausgaben für Sozialhilfe, Arbeitslosenunterstützung und Ãhnliches besonders niedrig sind.
Wenn sich weder der Staat noch die privaten Haushalte verschulden würden, dann müssten sich die Unternehmen umso mehr verschulden, damit das für eine wachsende und gedeihende Wirtschaft benötigte Geld überhaupt entsteht und damit Sparer die Möglichkeit haben, ihr Geld anzulegen. (Im oben skizzierten Vollgeldsystem wäre das anders, dieses könnte ohne oder mit deutlich geringerer Staatsschuld auskommen.) Eine deutlich höhere Verschuldung der Unternehmen würde deren Anfälligkeit für Konkurse erhöhen. Denn wenn die Geschäfte einmal schlecht liefen, hätten sie deutlich weniger Möglichkeiten als der Staat, die Durststrecke zu überwinden. Viele würden pleitegehen, mit der Folge, dass sich die Krise immer weiter verschärft.
Genau diese Anfälligkeit der privaten Wirtschaft für
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