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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Aufwachen hatte sie alle parkenden Autos und Lieferwagen gecheckt. Wenig hatte sich verändert. In dieser Gegend gab es nicht genügend Parkplätze auf der Straße, sodass die Leute ihre Autos so lange stehen ließen, bis sie wirklich dringend irgendwohin mussten. Sobald jemand wegfuhr, war die Parklücke schon wieder besetzt, und wenn die Leute wiederkamen, mussten sie den Wagen häufig einige Straßen entfernt abstellen.
    Gestern hatte Abby zweimal Besuch gehabt, den Fotografen vom Argus, den sie über die Sprechanlage weggeschickt hatte, und den Hausmeister Tomasz, der sich bei ihr entschuldigen wollte. Vermutlich hatte er Angst um seine Stelle und hoffte, sie werde sich nicht über ihn beschweren. Er hatte erklärt, dass die Arbeiter den Aufzug vermutlich überladen und damit das Antriebssystem beschädigt hatten. Allerdings konnte er nicht überzeugend darlegen, weshalb auch der Alarm, der eigentlich in seiner Wohnung hätte ertönen sollen, nicht funktioniert hatte. Er versicherte ihr, dass die Aufzugfirma mit den Reparaturen begonnen habe, der Schaden durch die Feuerwehrmänner aber erst in mehreren Tagen behoben sei.
    Sie schickte ihn so schnell wie möglich weg und kehrte auf ihren Wachposten am Fenster zurück.
    Dann rief sie ihre Mutter an und spielte ihr vor, sie sei immer noch in Australien und amüsiere sich prächtig.
    Manche SMS landeten beim falschen Empfänger. Konnte das auch bei ihr der Fall gewesen sein?
    Ich weiß, wo du bist.
    Nicht ausgeschlossen.
    War sie durch den Zwischenfall im Aufzug so durcheinander, dass sie völlig verrückte Verbindungen herstellte? Das wäre beruhigend. Aber nein, diesen Luxus konnte sie sich nicht leisten, sie durfte sich nicht in Sicherheit wiegen. Sie hatte gewusst, welches Risiko sie einging, dass sie nur gewinnen konnte, wenn sie sich auf ihren Verstand verließ und rund um die Uhr wachsam blieb.
    Das Einzige, was sie gestern zum Lächeln gebracht hatte, war seine reizende Botschaft gewesen. Sie lautete:
    Man liebt eine Frau nicht, weil sie schön ist, sie ist schön, weil man sie liebt.
    Abby hatte geantwortet:
    Schönheit gewinnt Aufmerksamkeit – Persönlichkeit gewinnt Herzen.
    Den ganzen Sonntag über war nichts Verdächtiges auf der Straße zu sehen. Keine Fremden, die sie beobachteten. Kein Ricky. Nur der Regen. Die Menschen. Das Leben ging weiter. Das normale Leben.
    Für sie aber gab es kein normales Leben – noch nicht, korrigierte sie sich. Bald würde sich alles ändern.
     

    37
    OKTOBER 2007 Der Regen prasselte auf das Dach, und der Lieferwagen erbebte unter den Windböen. Er fror, obwohl er warm eingepackt war. Er schaltete den Motor nur gelegentlich ein, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Immerhin hatte er eine bequeme Matratze, Bücher, ein Starbucks um die Ecke und seinen iPod, auf dem er Musik hören konnte. An der nahe gelegenen Promenade gab es eine Toilette mit brauchbarer Waschgelegenheit, die nicht im Sichtfeld einer der zahlreichen öffentlichen Überwachungskameras lag. Sehr praktisch.
    In einem Buch hatte er mal den Satz gelesen: Sex ist der einzige Riesenspaß ohne Lachen.
    Hier irrte das Buch. Rache konnte auch Spaß machen. Mindestens so viel Spaß wie Sex.
    Im Seitenfenster des Lieferwagens, den er vor zwei Wochen für 350 Pfund in bar gekauft hatte, klebte noch immer das Schild mit der Aufschrift Zu verkaufen. Ricky wusste, dass Abby clever war und jeden Tag die Wagen auf der Straße überprüfte. Besser, er ließ das Schild, wo es war, um sie nicht misstrauisch zu machen. Wenn die Leute den früheren Besitzer weiterhin anriefen, sein Pech. Er hatte den Wagen nicht gekauft, um etwas darin zu transportieren. Er hatte ihn wegen der Aussicht gekauft. Von hier aus konnte er alle Fenster ihrer Wohnung überwachen.
    Der perfekte Parkplatz. Der Lieferwagen besaß eine gültige Prüfplakette und einen Anwohnerparkausweis, beide waren noch drei Monate gültig.
    Bis dahin wäre er längst verschwunden.
     
    38
    OKTOBER 2007 Es war jedes Mal das Gleiche. Roy Graces Selbstvertrauen löste sich in Luft auf, sobald er diesen eindrucksvollen Ort erreichte.
    Mailing House, die Zentrale der Sussex Police, lag nur fünfzehn Autominuten von seinem Büro entfernt, hätte von der Atmosphäre her aber auf einem anderen Planeten liegen können. Mehr noch, in einem anderen Universum, dachte er, als er durch das Sicherheitstor fuhr.
    Es war eine zusammengewürfelte Ansammlung von Gebäuden am Stadtrand von Lewes, in denen die Verwaltung und die

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