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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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ins Trudeln. »Es ist so – er hat mich am Samstag angerufen. Wegen Operation Dingo. Sie hätten vorgeschlagen, er solle mir zur Hand gehen.«
    »Das ist korrekt.« Sie nahm einen winzigen Schluck Wasser aus einem kristallenen Glas. Ihr Laserblick schien ihn förmlich zu durchbohren.
    »Ich weiß nicht, ob dies ein sinnvoller Einsatz von Ressourcen wäre.«
    »Das kann ich wohl am besten beurteilen.«
    »Natürlich, aber –«
    »Aber was?«
    »Der Fall ist nicht so dringend. Das Skelett hat zehn bis fünfzehn Jahre dort gelegen.«
    »Haben Sie es bereits identifiziert?«
    »Nein, aber es gibt brauchbare Spuren. Ich erhoffe mir Hinweise aus den zahnärztlichen Unterlagen.«
    Sie schraubte die Wasserflasche zu und stellte sie auf den Boden. Dann stützte sie die Ellbogen auf das polierte Rosenholz und verschränkte die Finger. Er konnte ihr Parfüm riechen. Es war ein anderes als beim letzten Mal, moschusartiger, erotischer. In seinen wildesten Träumen hatte er sich ausgemalt, wie es wäre, mit ihr zu schlafen. Vermutlich würde sie die absolute Kontrolle ausüben. Und so schnell sie einen Mann erregen konnte, so schnell konnte sie seinen Schwanz vor Angst wieder schrumpfen lassen.
    »Roy, wie Sie wissen, hat die Metropolitan Police als eine der ersten Behörden in Großbritannien damit begonnen, bürokratischen Filz bei Verhaftungen abzubauen. Heutzutage werden Zivilisten eingesetzt, damit die Polizeibeamten nicht mehr bei jeder Verhaftung zwei bis vier Stunden am Schreibtisch verbringen müssen.« »Ja, davon habe ich gehört.«
    »Es ist die größte und innovativste Polizeibehörde im ganzen Land. Glauben Sie nicht, dass wir hier etwas von Cassian lernen können?«
    Er konstatierte, dass sie den Mann beim Vornamen genannt hatte. »Sicher können wir – das bezweifle ich nicht.«
    »Haben Sie eigentlich mal über Ihre Personalakte nachgedacht, über Ihre Entwicklung in diesem Jahr?«
    »Meine Personalakte?«
    »Ja. Wie bewerten Sie Ihre eigene Arbeit?«
    Er zuckte die Achseln. »Ohne mich loben zu wollen, haben wir doch gute Arbeit geleistet. Lebenslang für Suresh Hossain. Drei Kapitalverbrechen erfolgreich aufgeklärt. Zwei Schwerverbrecher warten auf ihren Prozess. Echte Fortschritte in einigen alten Fällen.«
    Sie schaute ihn schweigend an, bevor sie fragte: »Wie definieren Sie das Wort Erfolg?«
    Er wählte seine Worte sorgfältig, da er wusste, worauf sie hinauswollte. »Täter ergreifen, Anschuldigungen gegenüber der Staatsanwaltschaft absichern und Verurteilungen erzielen.«
    »Heißt das auch, dass Sie bei der Ergreifung des Täters ohne Rücksicht auf die Kosten oder die Gefahren für Öffentlichkeit und Kollegen vorgehen?«
    »Alle Risiken müssen selbstverständlich zuvor abgewogen werden, falls dies möglich ist. In einer Krisensituation ist es nicht immer möglich. Das wissen Sie selbst. Sie werden auch schon Situationen erlebt haben, in denen Sie spontan entscheiden mussten.«
    Vosper nickte und schwieg eine Weile. »Gut, dann können Sie nachts ja ruhig schlafen, Roy.« Sie schüttelte auf seltsame Weise den Kopf, was ihm gar nicht gefiel.
    In der Ferne klingelte ein Telefon, niemand hob ab. Alison Vospers Handy meldete eine SMS. Sie warf einen Blick aufs Display und legte es wieder beiseite.
    »Ich sehe das etwas anders, Roy. Und das tut auch die unabhängige Beschwerdestelle der Polizei. Verstehen wir uns?«
    Wieder zuckte er die Achseln. »In welcher Hinsicht?« Dabei wusste er genau, was sie meinte.
    »Betrachten wir einmal die letzten drei wichtigen Fälle, die Sie bearbeitet haben. Operation Salsa. Bei einer Verfolgungsjagd, die Sie persönlich geleitet haben, wurde ein älterer Mensch entführt und verletzt. Zwei Verdächtige starben bei einem Autounfall, sie befanden sich im Wagen unmittelbar hinter ihnen. Bei der Operation Nightingale wurde eine Ihrer Beamtinnen angeschossen und ein anderer Kollege bei einer Verfolgung schwer verletzt, was ebenfalls zu einem Unfall führte, bei dem ein unbeteiligter Polizeibeamter zu Schaden kam.«
    Das war Cassian Pewe gewesen. Aufgrund des Unfalls hatte er seinen Dienst in Sussex mit mehreren Monaten Verspätung angetreten.
    Alison Vosper fuhr fort: »Sie ließen einen Hubschrauber abstürzen und ein ganzes Gebäude abbrennen, in dem später drei nicht mehr zu identifizierende Leichen gefunden wurden. Bei der Operation Chamäleon ließen Sie Ihren Verdächtigen auf ein Bahngleis laufen, wo er verstümmelt wurde. Sind Sie wirklich stolz darauf?

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