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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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wichtigsten Leitstellen für fünftausend Beamte und Angestellte der Sussex Police untergebracht waren.
    Zwei Gebäude ragten aus dem Sammelsurium heraus. In einem dreistöckigen futuristischen Bau aus Glas und Stein waren wichtige Abteilungen und der Zentralcomputer der Polizei untergebracht. Das andere, ein imposanter roter Ziegelbau im Queen-Anne-Stil, war einmal ein Herrenhaus gewesen und stand unter Denkmalschutz. Von ihm hatte die Zentrale auch ihren Namen.
    Grace fühlte sich immer an eine der gewaltigen Textilfabriken in Yorkshire erinnert, auch wenn der eindrucksvolle Bau heutzutage von Parkplätzen, Fertigbauten und einem hohen Schornstein umgeben war. Drinnen waren die Büros des Chief Constable, des Deputy Chief Constable und der Assistant Chief Constables untergebracht, zu denen auch Alison Vosper gehörte.
    Grace parkte seinen Alfa Romeo und machte sich auf den Weg zu Alison Vospers Büro, das vorn im Erdgeschoss lag. Durch ein großes Schiebefenster blickte man auf eine kiesbestreute Auffahrt und eine kreisförmige Rasenfläche. Es musste angenehm sein, in dieser ruhigen Oase zu arbeiten, weit entfernt von den engen, charakterlosen Räumen in Sussex House. Manchmal stellte er sich vor, dass er eine Führungsposition innehätte und die damit verbundene Macht in einem dieser Büros genießen würde, war sich aber nicht sicher, ob er mit den politischen Aspekten klar käme. Vor allem nicht mit dieser verdammten politischen Korrektheit, der sich die leitenden Angestellten sehr viel stärker beugen mussten als das Fußvolk.
    Alison Vosper war unberechenbar, konnte beste Freundin oder schlimmste Feindin sein. Es schien lange her, dass sie sich ihm gegenüber von ihrer freundlichen Seite gezeigt hatte. Grace stand vor dem ausladenden Schreibtisch aus Rosenholz. Er war bereits daran gewöhnt, dass sie ihren Besuchern nur selten einen Platz anbot, um die Besprechungen möglichst knapp und sachlich zu halten.
    An diesem Tag hoffte er sogar, sich nicht setzen zu müssen. Er wollte seine wütende Botschaft lieber stehend vortragen.
    Sie enttäuschte ihn nicht. Ein kalter, eindringlicher Blick. »Ja, Roy?«
    Er kam sich vor, als hätte man ihn ins Büro des Schuldirektors zitiert.
    Assistant Chief Constable Alison Vosper war Anfang vierzig. Sie trug das fedrige blonde Haar, das ihr hartes, aber attraktives Gesicht umrahmte, konservativ kurz geschnitten. An diesem Morgen wirkte sie gar nicht erfreut, sondern thronte mit wütendem Gesicht, in ein marineblaues Kostüm und eine makellos weiße Bluse gekleidet, hinter ihrem tadellos aufgeräumten Schreibtisch.
    Grace fragte sich immer, wie seine Vorgesetzten ihre Büros und Schreibtische so aufgeräumt hielten. Während seines ganzen Arbeitslebens hatten seine Büros eher einer Müllkippe geglichen. Sie quollen über von unbeantworteten Briefen, verstreuten Stiften, Quittungen und Ablagekörben mit unerledigten Vorgängen, die die erledigten mengenmäßig bei weitem übertrafen. Um ganz nach oben zu kommen, war vermutlich ein Geschick bei der Beseitigung von Papier erforderlich, für das er genetisch nicht gerüstet war.
    Es ging das Gerücht, Alison Vosper habe vor drei Jahren eine Brustkrebs-OP gehabt. Grace wusste, dass es nie mehr als ein Gerücht sein würde, weil sie eine Mauer um sich errichtet hatte. Dennoch erkannte er unter ihrem harten Panzer eine gewisse Verletzlichkeit, die ihn ansprach. Im Grunde sah sie nicht übel aus, und gelegentlich blitzte in ihren braunen Augen ein leiser Humor auf, als wollte sie mit ihm flirten. Nicht aber an diesem Morgen.
    »Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben, Ma’am.«
    »Ich gebe Ihnen genau fünf Minuten.«
    »Okay.«
    Scheiße. Sein Selbstbewusstsein begann zu bröckeln.
    »Ich wollte mit Ihnen über Cassian Pewe sprechen.«
    »Detective Superintendent Pewe?«, fragte sie, um ihn an die Position des Mannes zu erinnern.
    Grace nickte.
    »Ja?« Sie breitete fragend die Arme aus.
    Alison Vosper hatte schmale Handgelenke und elegant manikürte Hände, die irgendwie älter und reifer als ihr übriger Körper wirkten. Wie um zu zeigen, dass die Welt der Polizei nicht mehr nur Männern vorbehalten war, aber nach wie vor von ihnen beherrscht wurde, trug sie eine große, auffällige Herrenarmbanduhr.
    »Die Sache ist die …« Er zögerte, die sorgfältig zurechtgelegten Worte schlugen in seinem Kopf Purzelbäume.
    »Ja?« Sie klang ungeduldig.
    »Er ist ein cleverer Typ.«
    »Ein sehr cleverer Typ.«
    »Absolut.« Roy geriet

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