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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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»Detective Senior Sergeant George Fletcher«, stellte er sich vor. Auf einmal wirkte er erstaunlich sanft. »Sie beide haben den Wagen gefunden?«
    MJ nickte.
    »Ich brauche Ihre Zeugenaussagen. Würden Sie bitte mit zur Wache in Geelong kommen?«
    »Jetzt sofort?«, fragte MJ.
    »Irgendwann heute.«
    »Natürlich. Aber wir können Ihnen sicher nicht viel sagen.«
    »Das zu beurteilen überlassen Sie bitte mir. Mein Sergeant nimmt gleich Ihre Personalien auf.«
    Die Journalistin hielt dem Ermittler den Kassettenrecorder entgegen. »Detective Senior Sergeant Fletcher, glauben Sie, es besteht eine Verbindung zwischen den Banden in Melbourne und dieser toten Frau?«
    »Sie sind schon länger hier als ich, Ms Parks. Zurzeit kann ich keinen Kommentar abgeben. Wir müssen erst einmal herausfinden, wer sie ist.«
    »Wer sie war«, korrigierte die Journalistin.
    »Na ja, wenn Sie es so genau nehmen, sollten Sie vielleicht auf den Polizeiarzt warten, damit er feststellt, ob sie auch wirklich tot ist.«
    Er grinste in die Runde, doch niemand lächelte zurück.
    35
    11. SEPTEMBER 2001 Noch immer sprach niemand außer dem Fahrer, der pausenlos redete. Ronnie fühlte sich an den Fernseher in einer Kneipe erinnert, der alles übertönte und nicht ausgeschaltet werden konnte. Er versuchte, auf die Nachrichten im Radio zu horchen und in Ruhe nachzudenken, doch der Fahrer hinderte ihn daran.
    Mehr noch, er war aufgrund des starken Brooklyner Akzents schwer zu verstehen. Da der Mann aber so freundlich gewesen war, ihn mitzunehmen, konnte Ronnie ihm schlecht den Mund verbieten. Er nickte ab und an, hörte mit einem Ohr hin und sagte bisweilen: »Klar«, »Tatsächlich?« oder »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    Der Mann hatte inzwischen die meisten ethnischen Minderheiten seines großartigen Landes durch den Kakao gezogen und war wieder bei seinen Leitern im Südturm angelangt, um die er sich große Sorgen zu machen schien. Im Übrigen missfiel ihm auch die Arbeit des Finanzamtes, und er startete zu einem Großangriff auf das amerikanische Steuersystem.
    Schließlich verfiel er in gnädiges Schweigen, sodass Ronnie endlich das Radio hören konnte. Die Gespenster auf dem Rücksitz schwiegen weiterhin. Vielleicht hörten sie nicht hin oder standen unter Schock und waren nicht in der Lage, Neuigkeiten aufzunehmen.
    Es war eine Litanei mit immer gleichen Informationen. Bald werde George Bush sprechen. Bürgermeister Giuliani sei auf dem Weg in die Innenstadt. Amerika befinde sich im Kriegszustand. Bald werde es neue Informationen geben.
    Ronnies Plan nahm allmählich Gestalt an.
    Sie fuhren eine breite, stille Straße entlang, die rechts von einem Grasstreifen mit Bäumen und Laternenpfählen gesäumt wurde. In der Mitte verlief ein Fahrradweg, dahinter lagen die Gegenfahrbahnen. Die Häuser waren zumeist aus rotem Backstein und bei weitem nicht so hoch wie die Monolithen von Manhattan. Nach einer Weile wichen sie größeren frei stehenden Mehrfamilienhäusern, die wohlhabend aussahen. Eine ruhige, angenehme Wohngegend.
    Sie kamen an einem Straßenschild mit der Aufschrift »Ocean Parkway« vorbei.
    Ein älteres Paar spazierte langsam über den Gehweg, und Ronnie fragte sich, ob die beiden überhaupt wussten, welches Drama sich jenseits des Flusses abspielte. Wohl nicht, sonst hätten auch sie vor dem Fernseher gesessen. Ansonsten war keine Menschenseele zu sehen. Gut, um diese Tageszeit waren die meisten Leute bei der Arbeit, aber man sah auch keine Mütter mit Kindern oder Hundebesitzer, die ihre Tiere ausführten. Keine Jugendlichen, die herumlungerten. Niemand war da. Auch der Verkehr schien geringer als sonst. Viel zu gering.
    »Wo sind wir?«, erkundigte er sich beim Fahrer.
    »Brooklyn.«
    »Ach so, immer noch.«
    Ronnie entdeckte ein Schild an einem Gebäude, auf dem YES-HIVA CENTER stand. Es kam ihm vor, als wären sie schon seit einer Ewigkeit unterwegs. Ihm war nicht klar gewesen, wie ungeheuer groß Brooklyn war. Groß genug, um darin unterzutauchen.
    Dann kam ihm ein Zitat in den Sinn, eine Zeile aus Marlowes Drama Der Jude von Malta, das er kürzlich mit Lorraine und den Klingers im Theatre Royal von Brighton gesehen hatte.
     
    Aber das war in einem andern Land
    Und, außerdem, das Weib ist tot.
     
    Die Straße war schnurgerade. Sie fuhren über eine Kreuzung, hinter der eleganter Backstein moderneren Betonklötzen gewichen war, und unter einer dunkelgrünen Hochbahnbrücke hindurch.
    »Russen. Lauter Scheißrussen in dieser

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