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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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ins Treppenhaus. Die eigentliche Zimmertür zu ihrer Linken war angelehnt.
    Sie begann zu zittern, erbrach sich beinahe vor Angst. Sie wusste nicht, wie lange sie schon in diesem winzigen, fensterlosen Raum gefangen war. Wieder wollte sie sich bewegen, doch die Fesseln waren zu straff.
    War er weg? Hatte er etwa alles mitgenommen und sie in dieser Verfassung zurückgelassen?
    Das Klebeband war so festgezurrt, dass einige Körperteile wie betäubt waren. Ihre rechte Hand war eingeschlafen. Der Toilettensitz bohrte sich schmerzhaft in Po und Oberschenkel.
    Abby versuchte sich zu erinnern, was sich hinter der Toilette befand, woran das Klebeband überhaupt befestigt war. Es fiel ihr nicht ein.
    Das Licht brannte, wodurch auch die Lüftung in Betrieb blieb. Also kam das seltsame surrende Geräusch vom Ventilator.
    Ihre Angst verwandelte sich in Verzweiflung. Er war weg. Sie hatte so viel durchgemacht, und jetzt das. Wie hatte es überhaupt so weit kommen können? Wie hatte sie nur so dumm sein können? Wie? Wie? Wie?
    Ihre Verzweiflung schlug in Zorn um.
    Doch als sie einen Schatten entdeckte, der sich bewegte, kehrte ihre Angst zurück.
    52
    11. SEPTEMBER 2001 Lorraine saß auf dem Ecksofa im Wohnzimmer, schraubte den Deckel einer Mini-Wodkaflasche ab und schüttete den Inhalt über die Eiswürfel und die Limettenscheibe in ihrem Glas. Vorhin war ihre Schwester mit einer ganzen Plastiktüte voller Miniaturflaschen vorbeigekommen. Mo schien einen unendlichen Vorrat davon zu besitzen, und Lorraine argwöhnte, dass sie sich bei der Arbeit an der Flugzeugbar bediente.
    Es war neun Uhr. Draußen war es fast dunkel. Die Nachrichten liefen noch immer. Lorraine hatte sie unter Tränen den ganzen Tag lang angeschaut. Die wiederholten Bilder des Grauens, die immer gleichen Erklärungen der Politiker. Jetzt sah man einige Leute in einem Fernsehstudio in Pakistan: einen Arzt, einen IT-Berater, einen Rechtsanwalt, eine aufdringlich laute Dokumentarfilmerin und einen Firmendirektor. Lorraine traute ihren Ohren nicht. Alle befanden es für gut, was an diesem Tag in Amerika geschehen war.
    Sie beugte sich vor und drückte ihre Zigarette im überquellenden Aschenbecher aus. Mo bereitete in der Küche einen Salat zu und wärmte Nudeln auf. Lorraine schaute verständnislos auf die Menschen im Fernseher. Es waren gebildete Leute. Einer von ihnen lachte. Strahlte übers ganze Gesicht.
    »Es wird Zeit, dass die Vereinigten Staaten von Amerika begreifen, dass sie den Rest der Welt nicht unterjochen können. Wir wollen ihre Werte nicht. Diese Lektion haben sie heute gelernt. Heute haben sie sich eine blutige Nase geholt!«
    Die Dokumentarfilmerin nickte und nahm das Thema in einer ausufernden Antwort auf.
    Lorraine warf einen Blick auf das Telefon neben ihr. Ronnie hatte nicht angerufen. Tausende Menschen waren gestorben. Und deshalb waren die da jetzt glücklich? Weil Menschen aus Wolkenkratzern sprangen? Das sollte eine blutige Nase sein?
    Sie griff nach dem Hörer und hielt ihn an ihre nasse Wange. Ronnie, Liebling, ruf doch an. Ruf bitte, bitte an.
    Mo hatte sich ihrer Schwester gegenüber immer wie eine Beschützerin verhalten. Obwohl sie nur drei Jahre älter war, benahm sie sich, als läge eine ganze Generation zwischen ihnen.
    Sie waren im Grunde sehr verschieden, nicht nur, was das Äußere betraf, sondern auch was Lebensanschauung und Glück anging. Mo hatte eine weibliche, von Natur aus üppige Figur. Ein sanftes Wesen. Ihr fiel alles in den Schoß. Lorraine hatte eine fünf Jahre währende, demütigende und unglaublich teure Fruchtbarkeitsbehandlung über sich ergehen lassen, die letztlich erfolglos blieb. Mo hingegen wurde schon schwanger, wenn sie nur an den Schwanz ihres Mannes dachte.
    Sie hatte rasch nacheinander drei Kinder bekommen, aus denen nette Menschen geworden waren. Sie war glücklich mit ihrem stillen, bescheidenen Ehemann, der als Bauzeichner arbeitete, und ihrem kleinen, freundlichen Heim. Manchmal wünschte sich Lorraine, sie wäre wie Mo – einfach zufrieden, statt sich immer nach einem besseren Leben zu sehnen.
    »Lori!«, rief Mo aufgeregt aus der Küche.
    Sie stürzte ins Zimmer, und Lorraine schöpfte einen Moment lang neue Hoffnung. Hatte sie etwa Ronnie in den Nachrichten entdeckt?
    Doch die Miene ihrer Schwester drückte nur blankes Entsetzen aus. »Schnell! Da klaut gerade jemand dein Auto!«
    Lorraine sprang vom Sofa, zog Slipper über und riss die Haustür auf. Ein Pritschenwagen mit blinkenden gelben

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