So heissbluetig kuesst nur einer
glücklich machen.
„Am wichtigsten ist doch, dass du glücklich bist und einen Beruf ausübst, der dir Spaß macht“, erklärte Seth ausweichend. „Wenn deine Familie nicht merkt, welche Fähigkeiten in dir stecken, dann ist das ihr Pech.“ Es wäre besser für Lena, sich keine Gedanken mehr über ihre Familie zu machen und sich auf ihr eigenes Leben zu konzentrieren. Bei ihm selbst hatte das auch geklappt.
„Du hast recht, Seth. Was meinst du, wie oft ich mir das schon selbst gesagt habe? Aber insgeheim sehne ich mich trotzdem noch nach ihrer Anerkennung.“
Unruhig rutschte Seth auf dem Hocker hin und her.
„Wenn ich mal Kinder habe, sollen sie wissen, dass ich sie liebe und an sie glaube und dass es mir völlig egal ist, wie intelligent und sportlich sie sind“, erklärte Lena inbrünstig.
Er nickte schweigend und sah zu, wie sie einen großen Schluck aus der Flasche nahm. Es tat ihm leid, das Thema angesprochen zu haben. Statt Lena zum Lachen zu bringen, hatte er sie wehmütig gemacht.
Als Seth sich wieder dem Bildschirm widmete, konnte er eine bemerkenswerte Szene beobachten. „Hast du das gesehen, Lena?“, rief er aufgeregt. „Dein Nachwuchsspieler hat gerade erfolgreich den Versuch eines Gegners vereitelt.“
Lena sah auf und strahlte, als die Wiederholung des Spielzugs gezeigt wurde. Dieses Strahlen war ansteckend. Entspannt lehnte Seth sich zurück und beobachtete, wie enthusiastisch Lena die Silver Knights anfeuerte, die das gegnerische Team praktisch vom Platz fegten. So gut hatte er sich schon lange nicht mehr amüsiert.
Am Montag machte Lena früher Feierabend und hatte es eilig, nach Hause zu kommen. Bis zum Ende der Woche gab es für sie nicht viel zu tun im Stadion. Sie duschte und lächelte vergnügt vor sich hin, als sie sich an das schönste Wochenende ihres Lebens erinnerte. So viel Spaß wie mit Seth hatte sie noch nie gehabt. Freudig erregt wartete sie nun auf ihn. Er hatte versprochen, nach der Arbeit zu ihr zu kommen. Sie zog sich an, machte ihr Haar und sah immer wieder auf die Uhr.
Sie wartete und wartete, starrte erwartungsvoll aufs Handy, das aber leider stumm blieb. Das war also der Anfang vom Ende. Seth hatte sein Versprechen gebrochen!
Es dauerte fast drei Stunden, bevor Lena sich zu fragen begann, wieso sie eigentlich so lange wartete. Hatte sie nicht bereits genug Stunden in ihrem Leben damit vergeudet, auf einen Mann zu warten, der dann doch nicht auftauchte?
Und nun sollte sich das Spiel mit Seth wiederholen?
Dies war der richtige Augenblick, sich ins Gedächtnis zu rufen, was sie mit Seth verband: Sex, nur Sex!
Das Zusammengehörigkeitsgefühl vom Wochenende hatte sie sich wohl nur eingebildet. Dabei hätte sie fast Verständnis für seinen unabhängigen Lebensstil aufgebracht. Und nun stellte sich heraus, dass auch Seth seine Freiheit über alles ging.
Eine Nacht ohne ihn würde sie wieder auf den Boden zurückbringen. Und wenn ich eine Nacht überstehe, dann auch alle nachfolgenden, beschloss Lena energisch.
Doch ganz ohne jede Ablenkung würde ihr das wohl kaum gelingen. Angezogen und zurechtgemacht war sie bereits, da konnte sie ebenso gut allein auf die Piste gehen, oder? Zwar hatte sie das seit einer halben Ewigkeit nicht mehr getan und wusste auch nicht so recht, wohin sie gehen sollte, aber der Entschluss war gefasst.
Sie war erst wenige Schritte gegangen, als Seths Auto neben ihr anhielt. Er stellte den Motor aus, lehnte sich hinüber und stieß die Beifahrertür auf. Der elegante Blumenstrauß auf dem Sitz machte Lena noch wütender. Die Zeiten, als sie Blumen als Entschuldigung akzeptiert hatte, lagen endgültig hinter ihr.
„Entschuldige, aber ich …“
„Schon gut.“
Seth musterte sie schweigend. „Hast du schon zu Abend gegessen?“, fragte er dann.
„Was hast du denn gedacht? Hätte ich auf dich warten sollen? Dann wäre ich schon längst verhungert.“ Sie machte keinen Hehl aus ihrer Wut.
Seth atmete tief durch. „Lena …“
„Ich habe keine Zeit. Ich gehe aus.“
„Am Montagabend?“
„Sicher. Wusstest du etwa nicht, dass Montag der neue Freitag ist? Außerdem habe ich morgen frei. Ich kann also ruhig die ganze Nacht Party machen.“
„Aha.“ Jetzt wurde auch er ärgerlich. „Möchtest du, dass ich mitfeiere?“
„Nein!“ Sie musste sich wieder an das Leben ohne ihn gewöhnen. Es war nicht gut, jede Nacht mit ihm zu verbringen. Sonst wurde das zur Gewohnheit, und er bildete sich ein, sie wäre immer für ihn da.
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