So hoch wie der Himmel
Hüften gestemmt, stapfte Susan zwischen der Wanne und dem Becken hin und her. »Wir haben es erst nach Wochen erfahren. Während unserer Photosafari in Afrika bekamen wir eine Zeitlang keine Zeitungen, aber Josh und Laura hätten uns erreichen können.«
»Ich habe mich geschämt.« Sie wusste nicht, weshalb dieses Geständnis Susan gegenüber so einfach war. »Ständig habe ich die falschen Entscheidungen getroffen. Dann kam diese schmierige Affäre mit einem verheirateten Mann, von dem ich mich obendrein benutzen ließ. Nein, schlimmer, ich war zu blind, um auch nur zu merken, was er anstellte. Ich habe meine Karriere ruiniert, habe meinen, wenn auch vorher schon etwas zweifelhaften, Ruf vollends zerstört und gleichzeitig auch noch Bankrott gemacht.«
»Tja.« Susan legte den Kopf auf die Seite und sah Margo an. »Eine ziemliche Leistung, wenn ich so sagen darf. Du mußt dir wirklich Mühe gegeben haben, um das alles zu bewerkstelligen.«
»Tatsächlich ist es ganz allein meine Schuld.« Sie wählte taubenblauen Lidschatten und trug ihn routiniert auf.
»Dieser Mann, mit dem du ein Verhältnis hattest, war natürlich völlig unbeteiligt, nehme ich an. Hast du ihn geliebt?«
»Es hätte mir gefallen.« Selbst dieses Geständnis fiel ihr überraschend leicht. »Ich wollte jemanden für mich, wollte jemanden, um ein gemeinsames Leben aufzubauen. Ein Leben, wie es meinen damaligen Vorstellungen entsprach. Spaß, Unterhaltung und keinerlei Verantwortung.«
»Und jetzt ist Schluß damit?«
»Allerdings. Ich habe keine andere Wahl.« Margo dunkelte sich sorgsam die Brauen nach. »Natürlich paßte dieser Mann überhaupt nicht zu mir, weil mit ihm eine dauerhafte Beziehung unmöglich war. Aber so weit habe ich doch nie gedacht, Mrs. Templeton.«
Susan wartete einen Augenblick, während Margo mit Meisterhand ihre Augen mit Eyeliner und Mascara bearbeitete. »Weißt du, was mir schon immer Sorgen gemacht hat, Margo? Dein mangelndes Selbstbewußtsein.«
»Mum lag mir ständig in den Ohren, ich bildete mir zuviel auf mich ein.«
»Nein, in diesem Punkt waren Annie und ich seit jeher verschiedener Meinung, auch wenn wir sonst fast in allen Dingen übereinstimmen. Dein Selbstbewußtsein hängt zu sehr von deinem Äußeren ab. Du warst ein wunderhübsches Kind. Das Leben sieht für derart niedliche Brummer anders aus. Sie haben es deshalb schwieriger, weil die Menschen sie nach ihrer Schönheit beurteilen, und am Ende beurteilen sie sich selbst ebenfalls nur noch danach.«
»Es war mein einziges Plus. Kate hatte die Intelligenz und Laura die Warmherzigkeit.«
»Schade, dass du dir so etwas eingeredet hast und du offenbar von allzu vielen Menschen in dieser Ansicht noch bestätigt wurdest.«
»Sie haben nie zu diesen Menschen gehört!« Margo legte die Schminksachen sorgsam, wie ein Goldschmied sein Werkzeug, in den Schrank zurück. »Aber jetzt versuche ich, meinem Leben eine neue Richtung zu geben, Mrs. Templeton.«
»Das ist gut.« Susan legte Margo einen Arm um die Hüfte und führte sie zurück in das Boudoir. »Du bist jung genug, um deinem Leben noch ein Dutzend neue Richtungen zu geben, wenn du willst. Und an Verstand mangelt es dir genausowenig. Auch wenn du eine Zeitlang, statt auf deine Intelligenz zu vertrauen, dumme Fehler gemacht und schlecht überdachte Entscheidungen getroffen hast.«
»Huh!« Margo setzte ein treuherziges Lächeln auf und hob die Hand ans Herz. »Ihre Seitenhiebe sitzen!«
»Und ich bin noch längst nicht alles losgeworden, was mich drückt. Du hast deiner Mutter viele Sorgen gemacht und sie oft enttäuscht. Eine Frau, die, wie ich betonen möchte, nicht nur deine Liebe und deinen Respekt, sondern auch deine Bewunderung verdient. Es gibt nicht viele Frauen, die im jugendlichen Alter von dreiundzwanzig und dann noch in Trauer um ihren Ehemann die Heimat zurücklassen, um mit einem kleinen Kind im Schlepptau einen Ozean zu überqueren – weil sie hoffen, sich dort etwas Neues aufzubauen. Aber darum geht es nicht.« Susan winkte ab und drückte Margo auf das Sofa. »Du hast dein Geld zum Fenster hinausgeworfen und bist fröhlich und unbekümmert bis an den Rand einer sehr hohen und gefährlichen Klippe getanzt. Trotzdem«, sie hob Margos Kinn mit einem Finger, »bist du nicht abgestürzt. Anders als unsere kleine Seraphina hast du einen Schritt zurück gemacht, hast die Schultern gestrafft und die Schläge, die dir das Leben erteilte, durchgestanden. Das erfordert mehr Mut, Margo
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