So hoch wie der Himmel
auf.«
»Oh, ich weiß nicht!« Margo nahm ihr Weinglas in die Hand. Im glitzernden Licht der Kronleuchter und im flackernden Kerzenlicht schimmerte es rot und golden. »Früher habe ich beim Essen ständig Streit mit Kate gehabt.«
»Wobei du für gewöhnlich anfingst«, fügte Kate hinzu, ehe sie sich eine Gabel voll Lammfleisch zwischen die Lippen schob.
»Du warst diejenige, die immer Ärger machte.«
»Nein, ich war diejenige, die den Streit regelmäßig beendete.« Kate sah grinsend an Margo vorbei auf Josh. »Und du wurdest meistens auf dein Zimmer geschickt.«
»Nur, weil Mum Mitleid mit dir hatte, weil du mir immer so hoffnungslos unterlegen warst.«
»Unterlegen, das ist ja wohl ein Witz. Wenn wir uns gestritten haben, habe ich noch stets das letzte Wort behalten. Selbst in Alis Alter konnte ich …«
»Ist es nicht schön, wieder zu Hause zu sein, Tommy?« Susan hob ihr Glas und prostete ihm zu. »Es tröstet mich, dass sich, auch wenn das Leben ständig weitergeht, kaum etwas von Bedeutung ändert. Annie, meine Liebe, wie kommen Sie bloß mit all unseren Mädchen zurecht, wenn Sie alleine sind?«
»Es ist nicht immer leicht, Mrs. Templeton. Meine Ma hatte für derartige Situationen stets eine Weidenrute in der Küche deponiert. Eine gute dicke Weidenrute, die nicht so schnell zerbrach.«
Ali vergaß den Streit und starrte Ann mit großen Augen an. »Ihre Mutter hat Sie mit einem Stock geschlagen?«
»Ein- oder zweimal, jawohl, wobei das Sitzen auf den vier Buchstaben hinterher die größte Strafe war. Aber meistens hat der Anblick der Rute am Haken bereits genügt, dass man seine Zunge in Zaum hielt.«
»Du hast einen Holzlöffel als Waffe benutzt.« Bei der Erinnerung rutschte Margo unbehaglich auf ihrem Stuhl herum.
»Was auch keine schlechte Abschreckung gegen ungezogenes Kroppzeug ist.«
»Einmal haben Sie mich damit verhauen, Annie, wissen Sie das noch?« erhob Josh seine Stimme.
»Wirklich?« Susan hob fasziniert den Kopf. »Davon habe ich nie etwas gehört.«
Josh kostete seinen Wein und linste aus dem Augenwinkel zu Ann hinüber. »Oh, Annie und ich kamen zu dem Schluß, es als unser kleines Geheimnis zu bewahren.«
»Und das war es auch«, murmelte Annie, »bis jetzt.« Sie räusperte sich und legte ihre Hände in den Schoß. »Ich bitte um Verzeihung, Mrs. Templeton, es stand mir wohl kaum zu, dem Jungen eine Tracht Prügel zu verabreichen.«
»Unsinn!« Immer noch ganz Aufmerksamkeit, beugte Susan sich vor. »Aber ich wüßte gern, was er angestellt hat, um diese Strafe zu verdienen.«
»Vielleicht war ich ja in Wirklichkeit unschuldig«, fiel josh ihr ins Wort, woraufhin sie lediglich schnaubend die Brauen lüftete.
»Du hattest in deinem ganzen Leben noch keinen unschuldigen Tag. Was war der Anlaß, Annie?«
»Er hat mich fürchterlich erschreckt.« Noch nach all den Jahren waren Ann die Gehässigkeit seines Tons und das teuflische Blitzen seiner Augen deutlich in Erinnerung. »Ich sage nichts als die Wahrheit, wenn ich behaupte, dass es nie ein trotzigeres Kind gab als Master Josh. Er konnte ein wahrer Satansbraten sein.«
»Ich war einfach stets beharrlich.« Josh grinste Annie fröhlich an, ehe er in Richtung seines Vaters sah. »Was nun mal eine typische Eigenschaft der Templetonschen Männer ist!«
»Auch mir hat man deshalb oft genug das Hinterteil versohlt«, pflichtete ihm Thomas bei.
»Oh, bitte, wie war es, als du Josh verprügelt hast?« Margo leerte ihr Glas in einem Zug und warf Josh einen frostigen Blick zu. »In der Tat gibt es kaum etwas, was mich stärker interessiert. Wie viele Hiebe hast du ihm verpaßt, Mum?«
»Ich habe nicht mitgezählt. Es waren …«
»Aber ich! Fünf Stück. Schnell und ohne Erbarmen.« Seine Augen blitzten ebenfalls. »Obwohl ich immer noch der Ansicht bin, dass im Grunde Margo schuld an allem war.«
»Ich? Natürlich, wer denn sonst?«
»Er hat dich unentwegt gehänselt«, warf Ann ein. »Dann hat er Miss Laura verspottet, und als Miss Kate kam, nahm er sie ins Visier. Ich glaube, er muß so ungefähr zwölf gewesen sein und war den Mädchen gegenüber wirklich gemein.«
»Ach was, mich piekte nur der Hafer«, behauptete Josh. »Und ich finde immer noch, dass eigentlich Margo …«
»Sie war vier Jahre jünger als du«, sagte Ann in einem Ton, der ihm das Gefühl gab, wieder zwölf zu sein. »Und du, du hättest wissen müssen, dass es viel zu gefährlich war, sie und die anderen Mädchen die Klippen runterzujagen und
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