So hoch wie der Himmel
mir?«
»Vielleicht.« Es mochte die Verwirrung in ihren Augen sein oder aber ihr verführerischer Duft, auf jeden Fall war die Sehnsucht, sie zu berühren, plötzlich allzu stark. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und sah sie fragend an. »Kann ich irgend etwas für dich tun?«
»Ich …« Plötzlich hatte sie einen seltsamen Geschmack im Mund, und sie erkannte, dass es die Erwartung seines Kusses war. »Äh, also …«
»Entschuldigung!« Ann winkte mit dem Mobiltelephon. Ihre Augen blitzten beinahe belustigt auf, als Josh seine Hände sinken ließ, als hätte sie ihn bei einem allzu intimen Kontakt überrascht. »Miss Kate ist dran und sagt, dass sie dich sprechen will, Margo.«
»Oh!« Margo starrte auf den Apparat, als erwachte sie soeben aus einer Trance: »Danke. Hm … Kate, hallo!«
»Ist etwas nicht in Ordnung? Du klingst so …«
»Nein, nein, alles okay«, bemühte sich Margo um einen möglichst unbeschwerten Ton. »Und wie geht’s dir?«
»Da der Termin für die Abgabe der Steuererklärungen näherrückt, ist für mich als Steuerberaterin im Augenblick gerade Hochsaison. Deshalb kann ich nicht rüberkommen. Aber ich muß unbedingt mit dir reden, Margo. Meinst du, dass dir ein Nachmittagsbesuch in meinem Büro in den Kram paßt? Zwischen drei und halb vier hätte ich ein bißchen Zeit für dich.«
»Aber sicher. Ich denke, dass das möglich ist. Falls du …«
»Phantastisch. Bis dann!«
Margo drückte die Aus-Taste. »Sie war schon immer eine wahre Meisterin der Kommunikation.«
»Der fünfzehnte April steht vor der Tür. Da ist bei ihr bestimmt der Teufel los.«
Margo zog eine Braue hoch. Er wirkte vollkommen gelassen, dachte sie. All die Spannung, all die … Erwartung hatte sie sich offenbar tatsächlich nur eingebildet. »Das hat sie auch gesagt. Ich muß zu ihr ins Büro. Vielleicht leiht Laura mir einen Wagen.«
»Nimm meinen. Er steht direkt vor der Tür. Die Schlüssel stecken, glaube ich.« Angesichts ihrer zweifelnden Miene sah er sie lächelnd an. »Himmel, Margo, wer hat dir wohl das Fahren beigebracht?«
»Das warst du.« Ihr Blick erwärmte sich. »Und zwar mit ungewöhnlich viel Geduld.«
»Das lag nur daran, dass ich wie gelähmt war vor Angst. Genieß die Fahrt. Und wenn das gute Stück auch nur den kleinsten Kratzer abbekommt, werde ich dafür sorgen, dass du wie Seraphina von den Klippen stürzt.«
Nachdem sie davongesegelt war, setzte er sich wieder hin, da er dachte, dass er jetzt nicht nur ihren Anteil des Kuchens, sondern obendrein Gelegenheit bekam, seiner Schwester auf den Zahn zu fühlen.
4
Kate Powell war für Beständigkeit, Zielstrebigkeit und ihren hartnäckigen Mangel an Flexibilität bekannt. Als Margo den Korridor zwischen den in der zweiten Etage eines Geschäftshauses gelegenen Büros von Bittie und Partnern hinunterging und ständig irgend jemanden durch die Gegend laufen sah, unentwegtes Telephongeklingel und Computergehacke hörte, kam ihr die Erkenntnis, dass dies die Erfüllung von Kates Träumen war. Stets schwebte ihr dieses eine Ziel vor Augen.
Auf der High School hatte sie drei Jahre lang gewissenhaft die Klassenkasse verwaltet und natürlich mit Bravour die Mathekurse für Fortgeschrittene absolviert. Dann sammelte sie während der Ferien regelmäßig in der Buchhaltung des Templeton Marketing Resorts Erfahrungen, um anschließend mit einem Stipendium nach Harvard zu gehen, dort ihr Diplom zu erwerben und hinterher dankbar, aber standhaft die Mitarbeit bei dem Familienunternehmen abzulehnen.
Nein, dachte Margo, als sie die dezenten Teppiche und Tapeten sah und die nervöse Spannung spürte, die erahnen ließ, dass augenblicklich die ganze Kanzlei auf Hochtouren arbeitete. Statt dessen hatte Kate sich mit einer zunächst eher bescheidenen Stellung bei Bittie begnügt. In Los Angeles oder New York hätte sie sicher mehr verdient. Aber das wäre der Abschied von Zuhause gewesen.
Auch in diesem Punkt hatte Kate Beständigkeit gezeigt.
Inzwischen stieg sie firmenintern steil nach oben. Margo wusste nicht viel mehr über diese Leute, als dass sie ständig über Steuern, mögliche Schlupflöcher und Gewinnprognosen schwadronierten; aber sie wusste, dass Kate inzwischen die alleinige Verantwortung für mehrere wichtige Klienten des alten, ehrenwerten und – Margos Meinung nach – leicht verstaubten Unternehmens trug.
Zumindest hatten all die Jahre harter Arbeit ihr ein anständiges Büro beschert, überlegte Margo, als sie den Kopf in
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