So hoch wie der Himmel
hatte recht gehabt – der Versuch, sie zu halten, überstieg ihre Finanzen bei weitem. Wenn sie eine gute Adresse für ihre Neugründung fand, könnte sie einfach dort einziehen. Zumindest am Anfang.
Auf diese Weise, sie lachte innerlich, wäre sie von ihren Sachen wenigstens nicht getrennt.
Sie wünschte sich Josh in der Nähe, um mit ihm diese Variante zu besprechen. Aber er war in Paris. Nein, erinnerte sie sich, inzwischen musste er in Berlin sein, und danach in Stockholm. Es stand in den Sternen, wann sie wieder von ihm hören würde oder ihn gar sehen.
Die wenigen Tage, die sie zusammen in Mailand verbracht hatten, der hitzige, aufregende Vormittag in seiner Suite, erschienen ihr inzwischen eher wie ein Kinofilm denn als Erinnerung. Vielleicht hätte sie mittlerweile sogar seinen Kuß in Frage gestellt, wühlte da nicht ständig dieser Schmerz des Verlusts in ihrem Inneren.
Wahrscheinlich nagte er gerade irgendeinem Fräulein am rechten Ohr, dachte Margo, erhob sich von ihrem Stuhl und versetzte der Sofaecke einen Tritt. Er hatte seine Hände noch nie von einer willigen Frau lassen können – dieser Schuft.
Zumindest spränge für sie bei diesem ganzen Theater ein Wagen heraus. Wenn schon nichts anderes, so war Josh Templeton ein Mann, der ein Versprechen hielt.
Im Grunde hatte sie gar keine Zeit, sich Gedanken zu machen über ihn – wie er Bier um Bier durch seine Kehle rinnen ließ und irgendeine statuengleiche Germania befingerte. Sie musste sich umziehen, musste dafür sorgen, dass sie das passende Aussehen bekam. Während sie sich ankleidete, probte sie die Verhandlungstechnik, die ihr gegenüber dem Makler angemessen erschien. Ein wenig näselnd, dachte sie und flocht ihr Haar. Nur keine allzu große Begeisterung.
»Questa camera …« Ein verächtlicher Blick, ein leichtes Abwinken. »Piccola!« Oder es wäre zu groß für ihre Bedürfnisse. Sie würde traurige Laute ausstoßen, während sie durch die Räumlichkeiten schritt und warten, bis der Makler sie zum Zugreifen überredete. Natürlich gelänge ihm das nicht so leicht. Sie würde sagen, dass die Miete völlig überhöht für diesen Schuppen war. Würde darum bitten, dass er ihr noch andere Häuser zeigte, behaupten, sie hätte in einer Stunde bereits den nächsten Besichtigungstermin …
Margo trat einen Schritt zurück und sah sich im Spiegel an. Ja, das schwarze Kostüm wies sie als Geschäftsfrau aus; aber es hatte zugleich den Chic, den das italienische Auge erkannte und zu schätzen wusste. Der glatte französische Zopf war feminin, schmeichelhaft, aber nicht verspielt, und die übergroße Bandolino-Tasche sah wie ein Aktenkoffer aus.
Übrigens bestand die Chance, dass ihrem Gegner – inzwischen sah sie jeden, mit dem sie geschäftlich verhandelte, als Gegner an – ihr Name geläufig war. Doch auf jeden Fall wäre ihm ihr Gesicht bekannt. Um so besser, dachte sie. Zweifellos nähme er an, er hätte es mit einem oberflächlichen, schwachköpfigen Flittchen zu tun. Was ihr nicht nur einen verhandlungstaktischen Vorteil, sondern zugleich die prickelnde Befriedigung verschaffte, ihm das Gegenteil zu beweisen.
Sie atmete tief ein und starrte ihr Spiegelbild mit großen Augen an. Margo Sullivan war kein Flittchen, sondern eine Geschäftsfrau mit Hirn, Ehrgeiz, Plänen, Zielen und Entschlossenheit. Außerdem war Margo Sullivan keine Verliererin. Bisher hatte sie noch jedes Debakel überlebt.
Mit geschlossenen Augen zwang sie sich zu glauben, was sie in dieser selbstverordneten Aufmunterungsrede von sich gab. Aber egal, dachte sie, wobei sie innerlich zusammenfuhr, auch wenn sie selbst nicht an sich glaubte, würde sie in der Öffentlichkeit als strahlende Siegerin auftreten.
Verdammt wollte sie sein, wenn ihr das nicht gelang.
Gerade, als sie ihre Tasche schulterte und sich zum Gehen wandte, klingelte das Telefon. »Hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer«, sagte sie zu dem Gerät, während es beharrlich weiterläutete, »und ich rufe ganz sicher nicht zurück …«
Dann jedoch drang Kates ungeduldige Stimme an ihr Ohr. »Verdammt, Margo. Gehst du vielleicht irgendwann einmal an den Apparat? Ich weiß, dass du zu Hause bist. Natürlich stehst du unmittelbar daneben! Also heb endlich ab. Es ist wichtig.«
»Es ist immer wichtig«, murmelte Margo und starrte weiter auf das Telephon.
»Himmel, Margo. Ich rufe wegen Laura an!«
Margo riß den Hörer hoch. »Ist sie verletzt? Hatte sie einen Unfall oder so?«
»Nein,
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