So hoch wie der Himmel
mit Pauken und Trompeten.« Er packte ihren Schopf und zog ihren lachenden Mund zu sich heran.
Jedoch handelte es sich um alles andere als einen Bruderkuß. Das merkte sie sehr schnell. Seine Lippen waren heiß und clever und zwangen ihren Mund mit sanftem Druck dazu, sich unwillkürlich zu öffnen. Der genüßliche Strich seiner Zunge rief Schockwellen des Verlangens in ihr wach.
Weshalb nur war ihr diese Intimität so neu? Schließlich hatte sie ihn schon des öfteren geküßt. Aber jene flüchtigen Zeichen geschwisterlicher Zuneigung hatten sie nicht auf das plötzliche, unleugbare Gefühl reiner, animalischer Begierde vorbereitet.
Ein Teil ihrer selbst versuchte sich zurückzuziehen, daran zu denken, dass dies Josh, beinahe ihr Bruder, war. Josh, der über ihre geliebte Puppensammlung gespottet hatte, als sie sechs Jahre alt gewesen war. Der sie herausgefordert hatte, mit ihr auf den Klippen herumzuklettern, als sie acht gewesen, und sie dann auf dem Rücken nach Hause getragen hatte, als sie mit einer Schnittwunde von einem der Steine angehumpelt kam.
Josh, der grinsend beobachtet hatte, wie sie sich als Heranwachsende in seine Freunde verknallte, der ihr geduldig beigebracht hatte, wie man Auto fuhr. Josh, der sich stets in ihrer Nähe aufhielt, wo auch immer sie im Laufe ihres Lebens landete.
Also dieser Kuß war neu für sie. Er rief eine gefährliche Erregung, ein geradezu schmerzliches Sehnen in ihr wach.
Ihn überraschte es nicht. Hatte er nicht Hunderte von Malen von diesem Kuß geträumt? Davon, dass sie in seinen Armen erstarrte und ihr Mund den Druck seiner Lippen mit unterdrücktem Zorn erwiderte?
Er war bereit gewesen zu warten, zu träumen, bis sich die Gelegenheit ergab. Denn er hatte die ganze Zeit gewußt, eines Tages wäre es soweit. Ihre Vereinigung musste für sie einfach ein ebenso großes Bedürfnis sein.
Aber leicht machen würde er es ihr nicht.
Leicht zurückgebogen bemerkte er, dass ihr Blick dunkel und verhangen war. Er hatte gehofft, dass in ihr dieselbe Sehnsucht loderte wie in seinem Inneren.
»Du bist wirklich gut«, brachte sie mühsam hervor. »Ich hatte es mir bereits gedacht.« Sie war sich nicht sicher, ob er sie auf seinen Schoß gezogen hatte oder ob sie von selbst auf ihn geklettert war. »Aber ich glaube, dass dieser Kuß meine Erfahrungen tatsächlich noch übertrifft. In der Tat bin ich eines Nachts rausgeschlichen und habe heimlich beobachtet, was du draußen am Pool mit Babs Carstairs getrieben hast. Wirklich beeindruckend.«
Keine Äußerung der Welt hätte sein Verlangen mehr gebremst. »Du hast mir und Babs hinterherspioniert?«
»Nur ein-, zweimal. Himmel, Josh, ich war damals dreizehn Jahre alt und furchtbar neugierig.«
»Heiliges Kanonenrohr!« Er erinnerte sich genau, wie weit er in jener lauen Sommernacht mit Babs draußen am Pool gegangen war. »Hast du – nein, am besten verschweigst du mir die Einzelheiten.«
»Laura und Kate und ich waren alle der Ansicht, dass sie einen zu großen Busen hat.«
»Einen zu …« Ehe er lachen konnte, fuhr er zusammen, als hätte sie ihm einen Schlag versetzt. »Du
und
Laura
und
Kate. Warum habt ihr nicht gleich Eintrittskarten verkauft?«
»Ich glaube, es ist absolut natürlich, wenn eine jüngere Schwester ihrem älteren Bruder auf die Schliche kommen will.«
Seine Augen blitzten zornig auf. »Ich bin nicht dein Bruder.«
»In Anbetracht der Tatsache, dass ich gerade auf deinem Schoß sitze, würde ich sagen, dass dieser Umstand die einzige Rettung unserer unsterblichen Seelen ist.«
Das Blitzen seiner Augen machte einem fröhlichen Grinsen Platz. »Da hast du vielleicht recht. Ich will dich, Margo. Es gibt alle möglichen unglaublichen, ungezogenen, unaussprechlichen Dinge, die ich mit dir machen will.«
»Tja!« Sie stieß den Atem aus, von dem sie gar nicht gemerkt hatte, dass sie ihn die ganze Zeit über angehalten hatte. »Soviel zu unseren unsterblichen Seelen. Hör zu, ich muß sagen, dass ich auf diesen Wandel in unserer Beziehung nicht gefaßt war.«
»Dann hast du während all der Jahre offenbar nicht allzu gut aufgepaßt.«
»Offensichtlich nicht.« Sie war wie gebannt von ihm, auch wenn sie wusste, dass es vernünftiger wäre, sich von ihm zu lösen. Die Spielchen zwischen Männern und Frauen hatte sie deshalb überlebt, weil sie ausnahmslos immer beherrscht geblieben war. Der selbstbewusste, triumphierende Blick aus seinen grauen Augen jedoch sagte ihr, dass er Beherrschung sicher nicht
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