So küsst nur ein Millionär
und blickte starr aus dem Seitenfenster. Ryan fuhr durch die Innenstadt, an der Universität vorbei in Richtung Volunteer Landing, einer teuren Wohngegend mit Parks und Restaurants direkt am Ufer des Tennessee. An Sommerwochenenden war hier immer viel los, vor allem während der Wasserskisaison. Nicole musste lächeln. Wie lange schon war sie nicht mehr hier gewesen.
Doch Volunteer Landing war offenbar nicht Ryan Patricks Ziel, denn er fuhr weiter über die Henley Street Bridge und bog in eine abgeschlossene Wohnsiedlung ein. Der Wachmann am Tor winkte ihn durch. Sie fuhren auf einen riesigen neuen Apartmentkomplex zu, der direkt am Wasser lag. Zu jedem Apartment schien ein großer Balkon zu gehören.
Nicole runzelte die Stirn. „Was soll das? Wo sind wir hier?“
„Gleich bei mir zu Hause.“
Ach du Schreck, das war viel zu persönlich, viel zu intim, viel zu … alles. „Keine gute Idee, finde ich.“
Er parkte auf dem großen Parkplatz neben einem Motorrad und stellte den Motor ab. Sein Parkplatz und der des Motorrades trugen die Nummer 10A. „Möchten Sie denn, dass wir über unsere delikate Situation bei ‚Calhoun’s‘ oder ‚Ruth’s Chris‘ sprechen, wo jeder uns zuhören kann?“
Nein, natürlich nicht . „Äh … nein. Gehört das Motorrad Ihnen?“
„Ja.“
Offenbar liebte er das Risiko. Nicht gut für einen verantwortungsvollen Vater.
Dennoch sah sie ihn plötzlich vor sich, wie er, ganz in schwarzes Leder gekleidet, auf der mächtigen Maschine saß. Sehr sexy. Wie heiß es in diesem Wagen war!
Schnell stieß sie die Tür auf. Die kühle Brise, die vom Wasser herüberwehte, tat ihr gut.
Er führte sie in die Halle zu den Fahrstühlen. Offenbar wohnte er ganz oben, denn er drückte auf den obersten Knopf. Lautlos schoss der Fahrstuhl nach oben und entließ sie in ein achteckiges Foyer, über dem sich eine Glasdecke wölbte und von dem vier Türen abgingen. In der Mitte des Foyers sprudelte ein Brunnen, der Raum war hell und wirkte sehr einladend.
„Hübsch“, sagte sie nur. Zu modern für ihren konservativen Geschmack, wenn auch die geschwungenen Teakbänke durchaus bequem aussahen.
„Danke. Ich bin der Architekt.“
Die Apartments hier oben mussten ein Vermögen kosten. Nicole wurde das Herz schwer, als sie begriff, wie viel Geld Ryan Patrick besitzen musste, um sich so etwas leisten zu können. Dann könnte er sicher auch einen Sorgerechtsprozess bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag durchstehen. Beth, Patrick und sie hatten zwar auch keine finanziellen Probleme, aber das hier war einfach eine Nummer zu groß.
Ryan schloss die Tür auf und ließ Nicole eintreten. Der kleine Vorflur führte zu einem riesigen Wohnbereich, von dessen bodentiefen Fenstern aus man einen wundervollen Blick auf den Fluss hatte. Die dunklen Schieferfliesen waren schön, aber kalt und hart und ganz sicher nicht geeignet für ein kleines Kind, das krabbeln und laufen lernte. Auch die moderne Einrichtung mit den Stahlrahmen und den vielen Glasflächen war nichts für ein Kleinkind. Viel zu gefährlich.
Nicole trat ans Fenster und blickte hinunter. Das hätte sie lieber nicht tun sollen, denn plötzlich drehte sich alles um sie, und sie musste ein paar Schritte zurückgehen, um aus sicherer Entfernung die Aussicht zu genießen. Schnell warf sie einen Blick nach links. Dort schloss sich das Esszimmer an, vor dem ein großer Balkon lag, der bis zur Hausecke reichte und von einem spiegelnden Glasgeländer umgeben war. Trotz der sehr geschmackvollen Steinskulpturen und der großen Pflanzentöpfe wirkte der Balkon wie ein riesiges Sprungbrett, von dem aus man direkt in den Fluss tauchen konnte.
Das Apartment passte sehr gut zu Ryan Patrick. Dunkel, glatt, kalt, gefährlich.
Vorsichtig ging Nicole wieder ans Fenster. Der Blick auf den World’s Fair Park und den Fluss war wirklich atemberaubend. Auf der anderen Seite des Flusses lag Volunteer Landing mit seiner Promenade und den vielen kleinen exquisiten Restaurants.
Direkt vor dem Apartmentkomplex war ein kleiner Jachthafen zu sehen, der gut besucht war.
„Haben Sie auch ein Boot?“, fragte sie, und als er nickte, wollte sie wissen: „Welches gehört Ihnen?“
„Das dritte von rechts.“
Sie verstand ein bisschen was von Booten, weil auch ihre Brüder am Wassersport interessiert waren. So wusste sie gleich, dass das lange schmale Boot da unten ein Rennboot war.
Das hatte noch gefehlt! Ryans Apartment, sein Boot und das Motorrad waren ein Albtraum für jede
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